Ratgeber Nearshore-Modelle

Mit der IT ins Ausland?

06.07.2023
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Gustav Bruckner ist Inhaber und Geschäftsführer von OTIS Consulting, einem IT-Beratungshaus, das IT-Nachfragen aus der DACH-Region mit Nearshore SAP- und IT-Dienstleistern aus Rumänien zusammenbringt.

Betreibermodelle

Einen Schritt weiter gehen Betreibermodelle, engl. BOT (Build, Operate, Transfer). Bei diesem ursprünglich aus öffentlichen Infrastrukturprojekten kommenden Modell geben Unternehmen bestimmte klar umrissene IT-Leistungen ab beziehungsweise lassen neue IT-Aufgaben von IT-Dienstleistern aufbauen. Dabei streben sie in Zeiten des IT-Fachkräftemangels und des steigenden Kostenbewusstsein verstärkt in Nearshore-Länder. Dort übernimmt ein IT-Provider die Leistungen beziehungsweise baut sie zuerst auf und betreibt sie anschließend in eigener Verantwortung.

Nach einer gewissen Zeit kann das auslagernde Unternehmen die IT-Leistungen wieder in eigener Regie übernehmen und beispielsweise vor Ort in einer Tochtergesellschaft weiterführen oder mit dem Betreiber ein Joint-Venture gründen. Solche BOT-Modelle müssen auf einem gemeinsamen Verständnis von Zielen, Leistungen, Zeitschiene und Kosten fußen. Ihr Erfolg hängt entscheidend vom Management des IT-Dienstleisters ab, seinen internationalen Projekterfahrungen, seiner Attraktivität für heimische IT-Spezialisten und respektvollem kulturellen Miteinander.

Business Process Outsourcing

Beispielhaft für ein weiteres Nearshore-Modell, das Business Process Outsourcing (BPO), stehen Prozesse aus dem Personalwesen, das oft selbst unter Fachkräftemangel leidet. Denn standardisierte, immer wieder reproduzierbare Prozesse, wie etwa die Payroll, erbringen fürs Unternehmen keinen strategischen Mehrwert. Trotzdem müssen sie sicher, verlässlich und kostengünstig erfolgen. Bei zu wenigen personellen Ressourcen drohen hier Risiken, die Nearshore-Anbieter abfedern können.

Allerdings sollten im Vorfeld auslagernde Unternehmen solche BPO-Dienstleister unter die Lupe nehmen. Haben sie die notwendige finanzielle Stabilität, um die Business Prozesse langfristig erfolgreich zu betreiben? Wie sieht ihre dafür qualifizierte Personalbasis und das Recruiting aus? Welche Referenzen weisen sie vor, welche BPO-Erfahrung haben sie? Können sie neben den fachlichen und sprachlichen Anforderungen auch entsprechende IT- und Infrastrukturleistungen erfüllen? Auch die Verbindungen zu anderen IT-Systemen erbringen, Updates und Pflege der Parameter und alles auch DSGVO-konform machen?

Anfangs dürften die Kosten für solche BPOs vielleicht noch etwas höher liegen. Kalkulieren die auslagernden Unternehmen aber ihre Kosten für die Infrastruktur, die Hardware, die jeweiligen Release- und Supportarbeiten, das Recruiting und die Ausbildung sowie die geringeren Personalkosten mit ein, überwiegen auch hier bald deutlich die Vorteile.

Übersicht Nearshore-Modelle

  • Singulärer Mitarbeiter-Zuwachs: Unternehmen suchen hochspezialisierte remote IT-Mitarbeiter, die sie wegen dem ganz bestimmten, aber seltenen Know-how bei sich schwer finden.

  • Verlängerte Werkbank: Ein Nearshore IT-Dienstleister unterstützt mit mehreren remote IT-Fachkräften das betriebsinterne Projektteam des Auftraggebers etwa in Deutschland.

  • Dediziertes Projektteam: Ein speziell beim IT-Dienstleister zusammengestelltes dediziertes Team übernimmt den allergrößten Teil komplexer Aufgaben. Die Projekt-, Budget- und Mitarbeiterverantwortung liegt beim Dienstleister.

  • Betreibermodelle (BOT): Ein IT-Dienstleister betreibt IT-Services eines Unternehmens in eigener Verantwortung. Dieses kann später die IT-Leistungen wieder in eigener Regie übernehmen oder ein Joint-Venture gründen.

  • Business Process Outsourcing (BPO): Ein Nearshore IT-Dienstleister erbringt einen standardisierten, reproduzierbaren, kompletten Businessprozess, der fürs auslagernde Unternehmen keinen strategischen Mehrwert hat.