Human Capital Management meets Social Media

Mit dem Chef wie in Facebook kommunizieren

12.01.2017
Von 


Joachim Skura ist Thought Leader Human Capital Management bei Oracle. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Recruiting-Bereich und hat sowohl als Unternehmensberater als auch HR-Verantwortlicher einer Großbank gearbeitet. In diesen Funktionen hat er Recruiting-Prozesse von Unternehmen optimiert, Manager evaluiert und Teamstrukturen analysiert. Die Auswirkungen der Digitalisierung und Cloud-Computing auf das Personalwesen machen derzeit die Schwerpunkte seiner Arbeit aus.
Die Kommunikation via Facebook, Twitter & Co. ist für Digital Natives selbstverständlich. Ein Fakt, den Unternehmen und HR in ihrer Personalstrategie bedenken sollten, wenn sie die Mitarbeiter dieser jüngeren Generation gewinnen und binden wollen. Social Collaboration und Co-Creation heißen hier die Erfolgsformeln einer neuen Arbeitskultur im Zeitalter der Digitalisierung.
  • Die moderne Belegschaft stellt mehr Anforderungen an die Arbeitgeber als je zuvor.
  • Soziale Kollaboration trägt auch im beruflichen Umfeld dazu bei, Barrieren zu reduzieren.
  • Gespräche mit den Beschäftigten sollten unverzüglich stattfinden und themenbezogen sein.

Jeder, der sich nach dem Urlaub durch mehrere tausend E-Mails wühlen muss oder in einer Spirale aus "Reply-All"-E-Mails ertrunken ist, könnte aus gutem Grund der Ansicht sein, dass digitale Technologie der Feind von Mitarbeiterengagement im Allgemeinen und effektiver Kommunikation am Arbeitsplatz im Besonderen ist. Allerdings ist "etwas falsch machen" nicht dasselbe wie "das Falsche machen". Mit digitaler Technologie lassen sich Mitarbeiter wirksam binden - sie muss nur besser angewandt werden.

Co-Creation fördert die Zusammenarbeit der Mitarbeiter in Unternehmen unter Social-Media-Gesichtspunkten.
Co-Creation fördert die Zusammenarbeit der Mitarbeiter in Unternehmen unter Social-Media-Gesichtspunkten.
Foto: phloxii - shutterstock.com

Die Älteren von uns erinnern sich bestimmt, als sie zum ersten Mal ein Laptop oder Smartphone in Händen oder Fernzugriff auf Systeme und Ordner hatten. Seitdem haben Collaboration-Technologien und Social-Media-Plattformen die digitale Bindung auf eine neue Ebene gehoben. Hierbei gibt es jedoch auch eine Kehrseite der Medaille. Unsere persönlichen Daten sind fast vollständig transparent geworden. Unabhängig davon, wie viel wir privat halten, unser Leben und unsere Handlungen liegen offen. Das hat Auswirkungen darauf, wie Menschen interagieren, und erfordert von Unternehmen, ihr Mitarbeitermanagement zu überdenken.

Digital Natives haben hohe Erwartungen

Wer diese Veränderungen miterlebt hat, nahm sie zögerlich oder enthusiastisch an. Aber die jungen Mitarbeiter - die Digital Natives - kennen es nicht anders. Sie nutzen Technologie im persönlichen Leben und erwarten das Gleiche am Arbeitsplatz. Die moderne Belegschaft stellt daher mehr Anforderungen an die Arbeitgeber als je zuvor. Heutzutage sind Talente gefragter denn je und die "Bindungsloyalität" stark von Erfüllung und Wohlbefinden beeinflusst. Unternehmen müssen daher diese impliziten Erwartungen erfüllen, wenn sie Mitarbeiter halten und das Beste von ihnen einfordern wollen.

Zusammenarbeiten und zuhören

Alle Mitarbeiter, jung und alt, möchten vor allem eine personalisierte Ansprache. Genauso wie jeder Kunde eigene Bedürfnisse und Präferenzen hegt, hat jeder Mitarbeiter unterschiedliche Fähigkeiten und Ziele. Und genau hier liegt der Schlüssel dazu, eine engagierte Belegschaft zu schaffen und zu halten - nämlich in der Aktivierung dieser individuellen Fähigkeiten unter Abgleich der individuellen Ziele.

Maßstab und Vorbild sollten hier Social Media sein. Sie sind überall und sollten auch im Unternehmen gefördert werden. Hierbei geht es nicht darum, dass Mitarbeiter den ganzen Tag auf Facebook vertrödeln. Sie sollen auch bei der Arbeit rasch interagieren: Informationen mit Kollegen teilen, unmittelbar Feedback erhalten und die Erfahrung von anderen nutzen - für superschnelle und bestmögliche Ergebnisse.

Facebook als Vorbild

Der Vergleich mit Facebook passt hierbei gut. Über Facebook wissen wir, wie es einem Freund geht, womit er sich beschäftigt und was in der Zukunft ansteht. Wir können Ratschläge zu einer anstehenden Reise erteilen oder zu einer offenen Frage Feedback geben. Wir können schnell Veranstaltungen organisieren oder eine Gruppe mobilisieren - schnell, unkompliziert.

Soziale Kollaboration trägt aber auch im beruflichen Umfeld dazu bei, Barrieren zu reduzieren. Mitarbeiter können sich austauschen, Wissen und Fähigkeiten gegenseitig nutzen und innovative Lösungen für Probleme finden - alles unter dem Aspekt der Co-Creation. Ein Unternehmen mit einer Kultur der Zusammenarbeit überwindet Spannungen und Grenzen zwischen Abteilungen und Positionen wesentlich leichter. Infolgedessen können Mitarbeiter effektiver zusammenarbeiten und Innovationen schneller entwickeln.

Im Social-Zeitalter ist das Jahresgespräch out

Viele Unternehmen verlassen sich jedoch noch immer stark auf manuelle Prozesse, statische Dokumente und feste Review-Zeiträume, um Mitarbeiter in ihrer Performance einzuschätzen. Diesem Ansatz fehlen jedoch

• die Elastizität,

• das unmittelbare Feedback und

• das gegenseitige Gespräch,

alles Faktoren, die Mitarbeitern helfen, wirklich voranzukommen. Dieser veraltete Prozess vermittelt den Eindruck, der Arbeitgeber sei an Mitarbeiterentwicklung nicht wirklich interessiert. Angestellte werden dadurch im Endeffekt mehr frustriert als motiviert.

Stattdessen sollte ein Mitarbeiter seine beruflichen Leistungen mit dem direkten Vorgesetzten genauso einfach teilen und Feedback erhalten können, wie er auch seine persönlichen Errungenschaften auf Twitter oder Facebook "sharen" kann. Das Gespräch mit dem Beschäftigten sollte immer unverzüglich stattfinden und themenbezogen sein. Menschen neigen dazu, ihre Social Feeds mindestens wöchentlich zu aktualisieren. Wie kann da ein einzelnes Review-Gespräch einmal im Jahr im Digitalzeitalter noch angemessen sein?

Die Kultur am Arbeitsplatz muss stimmen

Teilen, nicht glucken: Das ist ein offener und mitarbeiterzentrierter Ansatz, der die Arbeitsplatzkultur im gesamten Unternehmen verbessert. Er hilft dabei, interne Barrieren zu reduzieren, und stellt sicher, dass Mitarbeiter Zugang zu benötigten Informationen haben, statt einseitig mit zu vielen Informationen überflutet zu werden. Ferner trägt er dazu bei, sinnvolle Beziehungen zwischen Mitarbeitern, Teams und Managern aufzubauen, und verleiht den Angestellten ein stärkeres Gefühl, eingebunden und geschätzt zu werden.

Eine bessere Kultur am Arbeitsplatz ist zudem für potenzielle Mitarbeiter attraktiv. Maximale Attraktivität erreichen Arbeitgeber dann, wenn sie sich modern und zeitgemäß zeigen.

Zu guter Letzt ist es wichtig, dass Unternehmen die Effektivität der implementierten Social- und Collaboration-Ansätze analysieren können. Nur so kann die Abteilung Human Resources (HR) sicherstellen, dass die Initiativen in Sachen Human Capital Management dem Unternehmen auch nützen. Effektivität und Effizienz von "soften" HR-Maßnahmen können heute viel unkomplizierter nachgehalten und eingeschätzt werden als in der Vergangenheit. Daraus ergeben sich neue Erkenntnisse und Maßnahmen für die dann hoffentlich folgende zweite Stufe des "Employee Engagement". (pg)