Amazon France Logistique, das die Lagerhäuser des Unternehmens in Frankreich verwaltet, hat "ein übermäßig aufdringliches System zur Überwachung der Aktivitäten und Leistungen der Beschäftigten" eingerichtet, begründete die französische Datenschutzbehörde CNIL (Commission Nationale de l'Informatique et des Libertés) die Strafe. Die Summe entspricht etwa drei Prozent des Jahresumsatzes - 2021 beliefen sich diese auf 1,1 Milliarden Euro.
Die Aufsichtsbehörde hatte 2019 Untersuchungen eingeleitet, nachdem in Pressebeiträgen über Amazons Praktiken in den Lagerhäusern berichtet worden war. Außerdem hatte die CNIL Beschwerden von Beschäftigten erhalten.
Diverse Praktiken als illegal eingestuft
Dem Bericht zufolge hatte Amazon in den Lagerhäusern spezielle Scanner eingesetzt, die in Echtzeit dokumentieren, wie lange die Beschäftigten für die Ausführung bestimmter Aufgaben benötigen. Laut Prüfungsausschuss sind dabei drei Anzeigen illegal, nämlich:
wenn ein Mitarbeiter einen Artikel "zu schnell" scannt (in weniger als 1,25 Sekunden nach dem Scannen eines vorherigen Artikels);
wenn der Scanner zehn Minuten oder länger nicht genutzt wird; sowie
wenn der Zeitraum mit Scanner-Unterbrechungen zwischen einer und zehn Minuten anzeigt.
Das bedeutete, dass die von den Scannern überwachten Beschäftigten sich möglicherweise jederzeit für Unterbrechungen rechtfertigen mussten, selbst wenn diese nur sehr kurz waren, so die CNIL. Gleichzeitig kam die Aufsichtsbehörde bei ihrer Untersuchung zum Ergebnis, dass das Unternehmen bereits auf zahlreiche Indikatoren in Echtzeit zugreifen kann, sowohl individuell als auch aggregiert, um seine Ziele hinsichtlich Qualität und Sicherheit in seinen Lagern zu erreichen.
Verstöße gegen die DSGVO
Der Untersuchungsausschuss stellte außerdem fest, dass die Praktiken von Amazon gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung (GDPR) verstoßen. So seien etwa Zeitarbeitskräfte bis April 2020 nicht ordnungsgemäß darüber informiert worden, dass ihr personenbezogenen Daten mit den Scannern erfasst wurden. Außerdem erachtet die CNIL es für übertrieben, dass Amazon alle vom System erfassten Daten aller Beschäftigten und Zeitarbeitskräfte für einen Zeitraum von 31 Tagen aufbewahrt. Statistiken pro Mitarbeiter, die beispielsweise über die Woche aggregiert werden, reichten aus, um die Bewältigung einer Aufgabe durch einen Mitarbeiter zu beurteilen und entsprechende Teams zusammenzustellen.
Als weiteren Verstoß gegen die DSGVO (§13) habe Amazon France Logistique Beschäftigte und externe Besucher nicht ordnungsgemäß über die Videoüberwachungssysteme in den Lagerhäusern informiert. Auch sei der Zugang zur Videoüberwachungssoftware nicht ausreichend gesichert gewesen, da das Zugangspasswort nicht stark genug war und das Zugangskonto von mehreren Benutzern gemeinsam genutzt wurde. Diese Anhäufung von Sicherheitsmängeln erschwere die Rückverfolgung des Zugriffs auf die Videobilder und die Identifizierung jeder Person, die Aktionen mit der Software durchgeführt hat, so die CNIL.
Amazon erwägt Berufung
Als Reaktion auf die Entscheidung erklärte Amazon in einer Stellungnahme, dass es "den Schlussfolgerungen der CNIL nicht zustimmt, weil sie sachlich falsch seien", und sich das Recht vorzubehalten, Berufung einzulegen. Lagerverwaltungssysteme seien branchenüblich und notwendig, um die Sicherheit, Qualität und Effizienz der Abläufe zu gewährleisten und die Lagerung der Bestände und die Bearbeitung der Pakete pünktlich und entsprechend den Kundenerwartungen zu verfolgen.
Aber vermutlich werden diese Anforderungen ohnehin bald besser durch humanoide Roboter wie Digit und Sequoia erfüllt.