Windows 365 Cloud PC

Microsofts Antwort auf Hybrid Work

19.07.2021
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Carsten Mickeleit ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Cortado Holding AG mit seinen Unternehmen ThinPrint GmbH, Teamplace GmbH und Cortado Mobile Solutions GmbH. Seit Gründung seines ersten Unternehmens 1990 - der Carano GmbH - ist er am IT-Markt aktiv, seit 1996 insbesondere im Virtualisierungs/Cloud Computing und seit 2001 im Enterprise Mobility Bereich.
Gutes Timing: Gerade jetzt, wo sich viele Unternehmen mit dem Thema Hybrid Work auseinandersetzen müssen, wirft Microsoft mit seinem Windows 365 Cloud PC eine neue Lösung in den Ring.
So präsentiert sich der Cloud PC dem Anwender (hier im Demo Modus).
So präsentiert sich der Cloud PC dem Anwender (hier im Demo Modus).
Foto: Carsten Mickeleit

Windows aus der Azure Cloud, ist das nicht ein alter Hut? Ist das nicht die erst kürzlich in Azure Virtual Desktop umbenannte Lösung, die noch vor kurzem Windows Virtual Desktop hieß? Vom Prinzip schon, auch mit Azure Virtual Desktop können Unternehmen virtuelle Desktops aus der Azure Cloud zur Verfügung stellen. Der nun vorgestellte Cloud PC unterscheidet sich aber deutlich vom Azure Virtual Desktop und ist aus Microsoft Sicht eine wesentliche Weiterentwicklung diese Ansatzes.

Um das zu verstehen, lohnt sich ein kurzer Blick auf die wechselhafte Geschichte des Remote Desktop. Eigentlich für OS/2 erfunden, startete Citrix Mitte der 90er Jahre seine Remote-Desktop-Erfolgsgeschichte, teilweise unterstützt von Microsoft, teilweise behindert. So richtig anfreunden konnte Microsoft sich nie mit dem Ansatz und so wurde auch immer wieder diskutiert, ob die Remote-Desktop-Unterstützung aus dem Windows Server gestrichen werden sollte. Längst hatte sich ein umfangreiches Ökosystem etabliert, das trotz widriger Lizenzbedingungen einen riesigen Markt geschaffen hatte.

Im Windschatten von Citrix und VMware konnte Microsoft auch so gute Umsätze erzielen. Mit der strategischen Ausrichtung auf Azure änderte sich vieles und auch der Remote Desktop stand mal wieder auf dem Prüfstand. Mit dem Ansatz der Windows Virtual Desktops konnte das Team rund um Scott Manchester schnell beweisen, dass der Desktop aus der Cloud ein Garant für gute Azure-Umsätze sein kann. Der Desktop aus der Cloud wurde so zum strategischen Element für Microsoft und Scott Manchester mit dem konsequenten nächsten Schritt betraut, dem Cloud PC.

Mit den Azure Virtual Desktops wurde eine Infrastruktur geschaffen, mit der Unternehmen sehr effizient virtuelle Desktops aus der Cloud nutzen können. Für die Bereitstellung ist allerdings einiges an Virtualisierungs-Know-how notwendig. Microsoft selbst kaufte noch Lösungen wie FSLogix hinzu und Citrix, VMware sowie viele andere konnten sich an die Veredelung der Azure Virtual Desktops machen. Denn dort gibt es noch einiges zu tun. Um Kosten und Performance der Systeme sicherzustellen müssen Administratoren die Umgebung stets im Auge behalten und fortwährend optimieren. Dadurch, dass Microsoft Windows für Azure Virtual Desktop exklusive als Multi-Session Version zur Verfügung stellt, können hier durch Mehrfachnutzung der Maschinen intelligent Kosten gespart werden.

Windows 365 Cloud PC: Alternative zu Citrix oder VMware

Windows 365, also der Cloud PC, ist ein zusätzliches Angebot neben den Azure Virtual Desktops. Es sieht so aus, als hätten Kunden künftig die Entscheidung, ob sie einen Cloud Desktop von Citrix, VMware oder anderen, der letztendlich auf Azure Virtual Desktop basiert, beziehen möchten - oder eben den Windows 365 Cloud PC direkt von Microsoft. Die gesamte Komplexität der Azure Virtual Desktops ist beim Cloud PC verschwunden, beziehungsweise aus Kundensicht nicht mehr erkennbar. Kein Multi-Session, keine User Profile Management, kein geschicktes An- und Abschalten von Azure-Instanzen, keine Kalkulation von Azure Consumption. Jeder Anwender bekommt seinen eigenen Desktop und das User Profil liegt im altbekannten C-Laufwerk. Administratoren können Anwendern zudem volle lokale Administrationsrechte einräumen. Nachdem der Administrator ihnen die passenden Lizenzen über den Microsoft Endpoint Manager zugewiesen hat, loggen sich Anwender einfach über das Portal ein und können direkt den Desktop im Browser starten. Alternativ nutzen sie einen der im Portal angebotenen nativen Clients für Windows, Mac, Android, iOS und in Kürze Linux.

Die angestrebte Einfachheit wird auch deutlich, wenn man sich die Launch-Partner vom Cloud PC anschaut. Unter anderem sind dort typische Line-of-Business-Anbieter zu finden. Die Idee dabei ist zum Beispiel, bei der Einstellung eines neuen Mitarbeiters einen Cloud PC automatisch zuzuweisen und diesen bei der Entlassung zu entziehen. Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass Microsoft davon ausgeht, dass die wesentlichen technischen Anforderung von Ihnen selbst bereits gelöst wurden.

Einfach sind auch die Kosten zu berechnen, da diese lediglich von der Ausstattung der virtuellen Desktop-Maschine und der gewählten Cloud-PC-Variante abhängen. Auf Twitter hat Verge-Autor Tom Warren einen Screenshot von der Microsoft Inspire geteilt:

Windows Cloud PC: Vorteile und Zielgruppen

Für Anwender ist erfreulich, dass ein Cloud Desktop im Hintergrund automatisch aktualisiert wird und die typische, erzwungene Windows-Kaffeepause für das Installieren von Updates somit der Vergangenheit angehört. Darüber hinaus dürfte Anwender freuen, dass sie den Desktop beim erneuten Verbinden exakt so vorfinden, wie sie ihn verlassen haben. Microsoft sichert dies auch über Monate hinweg zu. Eine angefangene Mail kann so sofort weitergeschrieben werden. Dies vereinfacht den Arbeitsplatzwechsel erheblich, da keinerlei Datenverluste zu befürchten sind. Der Status des Desktops wird auch dann beibehalten, wenn das Endgerät gewechselt wird.

Ab dem 2. August wird es den Microsoft Cloud PC in zwei Varianten geben, Enterprise und Business. Inzwischen werden auch erste Spekulationen laut, ob nicht auch eine Consumer-Variante zu erwarten ist. Schaut man sich die Spezifikationen an, dann kommt man allerdings auch schnell zu dem Schluss, dass die Differenz zwischen Consumer- und Business-Variante nicht alle zu groß sein dürfte. Denn auch die Business-Variante sieht keinerlei direkte Einbindung in ein Unternehmensnetzwerk im klassischen Sinne vor, sondern geht von einer hundertprozentigen Cloud-Struktur aus. Die Einbindung in ein Unternehmensnetzwerk per hybrider Azure Active Directory sowie durch Anbindung per VPN ist lediglich in der Enterprise-Variante möglich. Die Cloud-PC-Business-Variante ist also schon einer Consumer-Variante sehr nah.

Zielgruppe für den Cloud-PC-Business sind vor allen kleine Team ohne eigene IT-Infrastruktur, die auch heute schon rein auf Cloud-Dienste setzen. Unternehmen die Cloud-PCs in die eigene Infrastruktur integrieren und beispielsweise auch eigene Windows Images verwenden möchten, müssen die Enterprise-Variante wählen.

Microsoft 365: Was fehlt, was kommt als Nächstes?

Mit dem Windows 365 Cloud PC hat Microsoft ein sehr vollständiges Paket geschaffen, um den Desktop in der Cloud verwenden zu können. Das ist vermutlich auch der Grund, warum Citrix und VMware hier aktuell außen vor bleiben. Allerdings hat Scott Manchester auf Twitter angekündigt, dass das Partnerprogramm auch jetzt erst startet. Neben weiteren Line-of-Business-Lösungen sind es vor allem die Endpoints, die spannend werden. Warum sollte ein Mitarbeiter seinen Laptop ins Büro schleppen, wenn sein smarter Monitor den Cloud PC starten kann, auch ohne, dass er seinen Laptop anstöpselt.

Auch bei der Druckerunterstützung bleibt es spannend, ist doch eine Anbindung von Netzwerkdruckern bei der Cloud-PC-Business-Variante ausgeschlossen und das Microsoft eigene Universal Print nur der Enterprise-Variante vorbehalten. Hier können Cloud-Printing-Lösungen helfen, das Druckmanagement ähnlich zu flexibilisieren, wie der Cloud PC den Desktop. Dies hilft auch, einen Zero-Trust-Ansatz vollständig umzusetzen. Und zu guter Letzt: Wird es von Microsoft - ähnlich wie Chromebooks - kostengünstige Surface Hardware geben, die sich ausschließlich mit dem Cloud PC verbindet?

Es bleibt spannend, mit dem Windows 365 Cloud PC hat Microsoft aber sicherlich einen wichtigen Baustein geschaffen für die Umsetzung des "New Normal" - einer hybriden, auf Zero Trust beruhenden Arbeitswelt. (mb)