Reaktion auf EU-Druck

Microsoft muss Teams und Office entbündeln

31.08.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Um sich die europäischen Wettbewerbshüter vom Leibe zu halten, wird Microsoft vom 1. Oktober 2023 an die Videokonferenz-Software Teams getrennt von den Softwarepaketen Microsoft 365 und Office 365 anbieten.
Die EU ist nicht bereit, die großen Internet-Konzerne frei gewähren zu lassen. Microsoft muss nun Teams auf Druck der Behörden auch getrennt von seinen großen Software-Suiten anbieten.
Die EU ist nicht bereit, die großen Internet-Konzerne frei gewähren zu lassen. Microsoft muss nun Teams auf Druck der Behörden auch getrennt von seinen großen Software-Suiten anbieten.
Foto: Tada Images - shutterstock.com

In einem Blogpost schreib Nanna-Louise Linde, bei Microsoft für "European Government Affairs" verantwortlich, Teams werde künftig in EU-Ländern und der Schweiz auch entbündelt von den großen Software-Suiten offeriert. Der monatliche Preis für Microsoft 365 und Office 365 ohne Teams soll für Unternehmenskunden um etwa zwei Euro pro Nutzer gesenkt werden. Die Klientel kann Teams dann nach Bedarf stand-alone weiter beziehen und für diese Software mit einem monatlichen Preis von fünf Euro/Nutzer rechnen.

Vorhandene Enterprise-Kunden können Teams damit wie bisher als integrierte Lösung in ihrer Suite erhalten oder eine Microsoft-365- beziehungsweise Office-365-Version ohne Teams bekommen. Letzteres könnte Sinn geben, wenn sie sich beispielsweise schon für Zoom oder Slack als Collaboration-Software entschieden haben (siehe auch: 5 Alternativen zu Microsoft Teams). Kleine Betriebe können ihre Microsoft-Suiten ebenfalls weiter integriert mit Teams beziehen oder - zu einem geringeren Preis - eine Version ohne Teams wählen.

Interoperabilität mit Drittsoftware soll verbessert werden

Microsoft will auf Druck der EU-Kommission außerdem die Interoperabilität von Anwendungen Dritter mit Microsoft 365 und Office 365 verbessern. Man habe im Rahmen des bisherigen Untersuchungsprozesses das Feedback erhalten, dass Microsoft für die Integration von Lösungen von Anbietern wie Zoom oder Salesforce/Slack mehr tun müsse, räumt Linde in ihrem Blogbeitrag ein. Deshalb werde man mehr Support-Mitarbeiter einstellen und intensiver auf vorhandene APIs und Erweiterungsmöglichkeiten in Microsoft-365- und Office 365-Anwendungen und -Diensten hinweisen. Beispielsweise soll im Detail erklärt werden, wie Daten aus Teams entfernt und in einer anderen Lösung verwendet werden können.

Last, but not least werde Microsoft "neue Mechanismen" entwickeln, damit Anwendungen anderer Anbieter Office-Web-Anwendungen einfacher hosten könnten. Zwar seien die Office-Dateiformate dokumentiert, so dass praktisch jedes Programm Word-, Excel- und Powerpoint-Dokumente öffnen, anzeigen und editieren könne, doch Teams-Konkurrenten hätten um eine bessere Methode gebeten, Office-Web-Anwendungen in ihren jeweiligen Apps und Services hosten zu können - ähnlich wie Microsoft seine Office-Suite mit Teams verknüpfe.

Microsoft beugt sich dem Druck der EU

Mit den Ankündigungen reagiert Microsoft auf den Druck der EU-Kommission, die im Juli 2023 eine förmliche Untersuchung bezüglich der Bündelung von Microsoft Teams mit den Softwarepaketen Microsoft 365 und Office 365 für Geschäftskunden eingeleitet hatte. Hintergrund war die Befürchtung, dass Microsofts Bundling von Teams mit seiner Produktivitätssoftware einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung des Unternehmens darstellen könnte. Microsoft müsse seine Business-Suite auch ohne Teams anbieten sowie die Interoperabilität zwischen konkurrierenden Collaboration-Lösungen und Microsoft-Produkten erleichtern, lautete die Forderung.

Mit der noch andauernden Untersuchung sitzen Microsoft zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder die EU-Wettbewerbshüter im Nacken. Zuletzt hatten Behörden in Europa und den USA das Unternehmen in den 1990er und 2000er Jahren ins Visier genommen. Damals ging es um die Bündelung des Browsers Internet Explorer und des Mediaplayers mit dem Windows-Betriebssystem. Die jüngste Untersuchung geht auf eine Beschwerde zurück, die im Jahr 2020 von Wettbewerber Slack eingereicht wurde. Der Spezialist für Collaboration-Software gehört heute zu Salesforce. (hv)