Übernahme von Minit

Microsoft kauft Process Mining zu

05.04.2022
Von  und
Peter Sayer ist Korrespondent des IDG News Service.
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit der Übernahme von Minit baut Microsoft sein Prozess-Know-how aus. Die Analyse-Tools sollen die Automatisierungswerkzeuge auf der Power-Plattform ergänzen.
Über eine Prozess-Landkarte erhalten die Anwender mehr Transparenz darüber, wie ihre Prozesse funktionieren.
Über eine Prozess-Landkarte erhalten die Anwender mehr Transparenz darüber, wie ihre Prozesse funktionieren.
Foto: Minit

Microsoft hat mit Minit einen Anbieter von Process-Mining-Software gekauft. Minit wurde 2017 in der Slowakei gegründet und beschäftigt rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Gründer Rasto Hlavac, der bereits in den Jahren zuvor an seiner Software gearbeitet und 2015 mit Minit 1.0 das erst Release vorgestellt hatte, gab im Mai 2021 die Rolle des CEO ab und wurde Chief Strategy Officer. Den Chefposten übernahm der ehemalige Automation-Anywhere-Manager James Dening. Minit unterhält Standorte in Amsterdam, Bratislava, London und New York. Wieviel Microsoft für den Process-Minig-Spezialisten bezahlt hat, wurde nicht bekannt gegeben.

Rasto Hlavac, Gründer von Minit, hatte sich zuletzt als CTO vor allem um die Weiterentwickluing der Sooftware gekümmert.
Rasto Hlavac, Gründer von Minit, hatte sich zuletzt als CTO vor allem um die Weiterentwickluing der Sooftware gekümmert.
Foto: Minit

Für Microsoft geht es darum, seine Kunden beim Optimieren und Automatisieren von Geschäftsprozessen zu unterstützen - innerhalb und außerhalb der Microsoft Power Platform. Mit Hilfe der Werkzeuge von Minit lassen sich Prozessdaten aus einer ganzen Reihe von Business-Anwendungen extrahieren, beispielsweise aus Oracle, SAP und Salesforce. Minit funktioniere mit jeder System- und Datenquelle, wirbt der Process-Mining-Anbieter auf seiner Website. Neben den Konnektoren enthält die Software-Suite KI-basierte Analyse-Tools sowie Dashboards und Werkzeuge für die Visualisierung. Anwender könnten so Engpässe in ihren Prozessen identifizieren sowie entsprechende Maßnahmen für Optimierung und Automatisierung anstoßen.

Markt für Process Mining konsolidiert sich

Der Markt für Process Mining geriet zuletzt kräftig in Bewegung. Wenige Tage bevor Microsoft die Übernahme von Minit bekannt gab, hatte Celonis den Kauf von Process Analytics Factory (PAF) angekündigt, um sein eigenes Process-Mining-Angebot auf die Microsoft Power Platform zu erweitern. Darüber hinaus stellte SAP neue Funktionen für Signavio vor. Der Softwarekonzern hatte den Berliner Process-Mining-Spezialisten Anfang 2021 für gut eine Milliarde Euro übernommen.

Auch Microsoft hatte sich zuletzt bereits mit anderen Akquisitionen in diesem Umfeld verstärkt. Die Übernahme von Minit ist der jüngste in einer Reihe von Zukäufen im Bereich Prozessautomatisierung. Im Mai 2020 übernahm Microsoft Softomotive, den Entwickler des Low-Code-Tools "WinAutomation" für Robotic Process Automation (RPA), um den Funktionsumfang seines eigenen Automatisierungstools "Power Automate" zu erweitern. Im Oktober 2021 folgte Clear Software, ein Anbieter von Cloud-basiertem Geschäftsprozess-Management.

Wer hat die besten Prozesse im ganzen Land?

Justin Graham, General Manager für den Bereich Process Insights bei Microsoft, begründet den Kauf von Minit damit, dass Unternehmen auf der ganzen Welt ihre betrieblichen Abläufe robuster gestalten und automatisieren wollten, um in ihrer digitalen Transformation Fortschritte zu machen. Reibungslose Workflows und Geschäftsprozesse seien dabei von entscheidender Bedeutung. Derzeit seien die meisten Führungskräfte noch nicht in der Lage, den Zustand und die Leistungsfähigkeit ihrer Prozesse zu verstehen. Graham verweist auf Analysten von Gartner, denen zufolge "die jüngsten Trends in der Automatisierung und das Wissen über die zugrunde liegenden Prozesse und Interaktionen der Schlüssel zur digitalen Transformation sind".

Minit bietet Process-Mining-Tools, mit denen Anwender Prozesse vergleichen können.
Minit bietet Process-Mining-Tools, mit denen Anwender Prozesse vergleichen können.
Foto: Minit

Marc Kerremans, Vice President und Analyst bei Gartner, sieht nun mehr Klarheit in Microsofts Strategie. Es kristallisiere sich heraus, welch verschiedenen Rollen die Tools für Process Mining, Process Automation, Task Mining und Task Automation spielten. Die Übernahme von Softomotive sei insofern sinnvoll gewesen, als die meisten RPA-Implementierungen heute mit Desktop-Produktivitätswerkzeugen vorgenommen würden. Diesen Markt kontrolliert Microsoft zu einem großen Teil, so Kerremans. Um herausfinden zu können, welche Aufgaben automatisierbar sind, habe Microsoft anfangs mit FortressIQ zusammengearbeitet, das später von Automation Anywhere übernommen wurde. Dann habe der Softwareriese sein eigenes Task-Mining-Tool "Process Advisor" herausgebracht, erläutert der Analyst.

Wenn es um das Verbessern und Automatisieren von Prozessen gehe, komme Process Mining mit ins Spiel, stellt Kerremans fest. In vielen Automatisierungsprojekten ergänzten sich Prozess- und Aufgabenautomatisierung, weshalb beide Technologien gemeinsam genutzt werden sollten. Wenn Microsoft seine Power Automate-Plattform, zu der Process Advisor gehört, verbessern wolle, müssten stärkere Funktionen für die Prozessautomatisierung angeboten werden.

Minit sieht unter dem Microsoft-Dach viel größeren Maßstab

Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, wäre eine Zusammenarbeit mit Celonis gewesen, wie sie ursprünglich im Rahmen der im letzten Jahr angekündigten Partnerschaft geplant war, sagt der Gartner-Analyst. Die Münchner hätten jedoch ihre eigenen Ambitionen und wollten sich nicht an bestimmte Plattformen binden. Wie die Übernahme von Minit zeigt, "hat sich Microsoft wohl für ein eher technisch orientiertes Process-Mining-Unternehmen entschieden, das eine etwas andere Roadmap verfolgt", so Kerremans.

James Dening, CEO von Minit, sieht unter dem Dach von Microsoft bessere Möglichkeiten die eigene Software zu verkaufen.
James Dening, CEO von Minit, sieht unter dem Dach von Microsoft bessere Möglichkeiten die eigene Software zu verkaufen.
Foto: Minit

Process Mining sei das Herzstück einer jeden Initiative zur digitalen Transformation, konstatiert Minit-Chef Dening. "Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Unternehmen dabei zu helfen, Möglichkeiten für eine kontinuierliche Prozessverbesserung und eine bessere betriebliche Effizienz aufzudecken." Diese Mission werde unter dem Dach von Microsoft in einem viel größeren Maßstab erweitert. "Mit Minit als Teil der Microsoft-Familie glauben wir, dass dies den Wert erhöhen wird, den Microsoft seinen Kunden auf dem Gebiet der digitalen Transformation bietet."