Kartellbehörden blockieren

Microsoft kann Activision Blizzard vorerst nicht übernehmen

09.12.2022
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die US-Handelsbehörde FTC hat die Übernahme des Spieleanbieters Activision Blizzard durch Microsoft erst einmal blockiert. Der Deal räume Microsoft zu viel Marktmacht ein und schade dem Wettbewerb, hieß es.
Die Wächter der Märkte und des Wettbewerbs haben Microsoft den Kampf angesagt und wollen die Übernahme des Gaming-Riesen Activision Blizzard vorerst blockieren.
Die Wächter der Märkte und des Wettbewerbs haben Microsoft den Kampf angesagt und wollen die Übernahme des Gaming-Riesen Activision Blizzard vorerst blockieren.
Foto: HI_Pictures - shutterstock.com

Die Federal Trade Commission (FTC) hat Einspruch gegen die Übernahme eingelegt. Der Deal sei illegal, weil er dem Softwaregiganten zu viel Macht einräume, argumentieren die Kartellwächter. Microsoft könne im Falle einer Übernahme kontrollieren, wie Konsumenten auf die Spiele von Activision zugreifen - nicht nur bei Xbox-Kunden, sondern auch bei Nutzern anderer Konsolen. Es bestehe die Gefahr, dass Preise unfair erhöht oder die Nutzung der Spiele durch Nicht-Microsoft-Kunden ganz unterbunden werde, hieß es.

"Microsoft hat bereits bewiesen, dass es seinen Spielekonkurrenten Inhalte vorenthalten kann und wird", lässt sich Holly Vedova, Direktorin des FTC-Büros für Wettbewerb, in einer offiziellen Erklärung zitieren. "Heute wollen wir Microsoft daran hindern, die Kontrolle über ein führendes unabhängiges Spielestudio zu erlangen und es zu benutzen, um dem Wettbewerb in verschiedenen dynamisch und schnell wachsenden Spielemärkten zu schaden."

Microsoft daran hindern, dem Wettbewerb zu schaden

Als Beispiel dafür nennen die FTC-Verantwortlichen Microsofts Übernahme von ZeniMax Media Inc., der Muttergesellschaft des Spieleentwicklers Bethesda Softworks. Nach der Akquisition habe der Softwarekonzern mehrere Spiele von Bethesda, darunter "Starfield" und "Redfall", nur noch exklusiv für seine eigenen Plattformen angeboten. Zuvor soll der Konzern den europäischen Kartellbehörden zugesichert haben, genau dies nicht zu tun.

Microsoft hatte im Januar 2022 bekannt gegeben, Activision Blizzard für rund 69 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. "Gaming ist heute die dynamischste und aufregendste Kategorie der Unterhaltung und wird eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Metaverse-Plattformen spielen", sagte damals Satya Nadella, Chairman und CEO von Microsoft. "Wir investieren intensiv in erstklassige Inhalte, die Community und die Cloud, um eine neue Ära des Gaming einzuleiten."

Microsoft auf dem Weg zum Gaming-Giganten

Würde der Deal durchgehen, wäre Microsoft der nach Umsatz drittgrößte Spieleanbieter der Welt hinter Tencent und Sony. Activision Blizzard verfügt über Studios auf der ganzen Welt und beschäftigt fast 10.000 Mitarbeiter. Mit der geplanten Übernahme könnte Microsoft sein Spieleportfolio mit populären Titeln wie "Call of Duty", "Candy Crush", "Diablo", "Halo" und "Warcraft" aufhübschen.

Der Softwarekonzern zählt derzeit etwa 25 Millionen Abonnenten für seinen Spiele-Abodienst "Game Pass". Die fast 400 Millionen Spieler, die jeden Monat aktiv Spiele von Activision Blizzard nutzen, würden Game Pass zu einem der attraktivsten und vielfältigsten Angebote für Spieleinhalte in der Branche machen, so die Hoffnung der Microsoft-Verantwortlichen.

Nach den bisherigen Plänen von Microsoft sollte die Übernahme eigentlich bis Juni 2023 abgeschlossen werden. Doch daraus wird angesichts des Einschreitens der Wettbewerbsbehörden wohl nichts. Die Microsoft-Verantwortlichen machen dennoch gute Miene zum bösen Spiel und beteuern, weiter an ihren Plänen festhalten zu wollen.

Microsoft wird Zugeständnisse machen müssen

"Wir haben uns vom ersten Tag an verpflichtet, die Wettbewerbsbedenken zu berücksichtigen", sagte Brad Smith, stellvertretender Vorsitzender und President von Microsoft, gegenüber verschiedenen US-Medien. Der Manager verwies auf Zugeständnisse, die der Konzern der FTC angeboten habe. Welche das gewesen sein sollen, wollte Smith allerdings nicht verraten. "Wir waren der Meinung, dass man einer friedlichen Lösung eine Chance geben sollte, aber wir haben volles Vertrauen in unseren Fall und freuen uns nun auf die Gelegenheit, unseren Fall vor Gericht zu präsentieren."

Microsoft-Präsident Brad Smith will mit den Kartellbehörden zusammenarbeiten, um den Deal doch noch unter Dach und Fach zu bringen.
Microsoft-Präsident Brad Smith will mit den Kartellbehörden zusammenarbeiten, um den Deal doch noch unter Dach und Fach zu bringen.

Schon im September hatte Phil Spencer, CEO von Microsoft Gaming, in einem Blog-Beitrag versucht, die Bedenken der Kartellwächter auszuräumen. "Wir haben uns verpflichtet, Spiele wie Call of Duty am gleichen Tag, an dem das Spiel anderswo auf den Markt kommt, auch auf der PlayStation verfügbar zu machen - und zwar in der gleichen Version", heißt es dort. "Wir werden es den Spielern auch weiterhin ermöglichen, plattform- und geräteübergreifend miteinander zu spielen. Wenn wir unser Spieleangebot auf neue Geräte und Plattformen ausweiten, werden wir sicherstellen, dass wir dies auf eine Art und Weise tun, die die Möglichkeit der Entwickler schützt, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Spiele vermarkten wollen."

Spencer versprach ferner, mit den Regulierungsbehörden im Geiste der Transparenz und Offenheit zusammenzuarbeiten, während sie die Übernahme prüften. "Wir respektieren und begrüßen die schwierigen Fragen, die gestellt werden." Der Microsoft-Manager verwies auf Branchenführer wie Tencent und Sony, die ebenfalls ihre umfangreichen Spielesammlungen sowie andere Unterhaltungsmarken und Franchises weiter ausbauten. "Wir glauben, dass eine gründliche Überprüfung zeigen wird, dass die Kombination von Microsoft und Activision Blizzard der Branche und den Spielern zugutekommen wird."

Auch EU-Behörden haben Microsoft im Visier

Wie sich jetzt allerdings zeigt, glauben die Behörden dem Konzern nicht. Neben der FTC untersuchen auch die Wettbewerbsbehörden in Großbritannien und der EU den Gaming-Deal. Ohnehin hat der Softwarekonzern derzeit keine guten Karten bei den europäischen Kartellwächtern. Aktuell laufen dort formelle Wettbewerbsbeschwerden gegen Microsoft. Europäische Cloud-Anbieter fühlen sich durch die Geschäftspraktiken benachteiligt. Mit seinem Bundling von Softwareprodukten und der zugehörigen Preisstrategie verschaffe sich der Anbieter Vorteile und schade dem Wettbewerb, lautet der Vorwurf.