KI und Cloud

Microsoft investiert 3,2 Milliarden Euro in Deutschland

15.02.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Verdoppelung der Datacenter-Kapazitäten, Schulung von mehr als 1,2 Millionen Menschen – Microsoft kündigt das größte Investment-Programm in seiner 40-jährigen Geschichte in Deutschland an.
Brad Smith, Microsoft Vice Chair und President (links im Bild), Bundeskanzler Olaf Scholz und Marianne Janik, Deutschlandchefin von Microsoft, kündigen Microsofts Milliarden-Investment in Deutschland an.
Brad Smith, Microsoft Vice Chair und President (links im Bild), Bundeskanzler Olaf Scholz und Marianne Janik, Deutschlandchefin von Microsoft, kündigen Microsofts Milliarden-Investment in Deutschland an.
Foto: Microsoft

Bis Ende 2025 investiert Microsoft 3,2 Milliarden Euro in Deutschland, um die KI- und Cloud-Kapazitäten seiner Rechenzentren hierzulande zu verdoppeln. Zudem will der Konzern mehr als 1,2 Millionen Menschen in Sachen digitaler Kompetenzen weiterbilden.

Also IT-Nachhilfe für das bräsige Deutschland, dem oft nachgesagt wird, die Digitalisierung und die damit verbundene Transformation zu verschlafen? Mitnichten! Vielmehr, so Brad Smith, Vice Chair und President von Microsoft, wolle man "der deutschen Wirtschaft ermöglichen, von KI zu profitieren, um auch weiterhin ihre globale Spitzenposition bei der Wettbewerbsfähigkeit auszubauen".

Deutschland auf Platz 2 in Sachen KI

Zudem stand Deutschland für Smith, der bezüglich der eigenen Mobilität als Amerikaner auf deutsche Autos vertraut, stets an der Spitze des technologischen und innovativen Wandels. Und dies zeige sich auch in Sachen KI, wenn er die Daten analysiere, die Microsoft vorliegen.

Microsoft-Manager Smith sieht Deutschland in Sachen KI-Nutzung und -Entwicklung auf Platz 2.
Microsoft-Manager Smith sieht Deutschland in Sachen KI-Nutzung und -Entwicklung auf Platz 2.
Foto: Microsoft

So stehe Deutschland bei der landesweiten Nutzung von KI durch Unternehmen im weltweiten Vergleich auf Platz zwei, was die schnell wachsende Akzeptanz der Technik widerspiegele. Zum anderen sieht Smith Deutschland auf Platz 2 in Europa bei der Entwicklung von KI-basierten Anwendungen. Eine Einschätzung, die der Manager anhand der Code-Beiträge auf GitHub festmacht.

Fehlende KI-Skills

Weniger rühmlich sieht es für Deutschland dagegen in puncto Bildung aus. Während Deutschland die Nummer 2 bei der KI-Nutzung und -Entwicklung ist, reicht es in Sachen KI-Skills, so der Microsoft-President, im europäischen Vergleich nur für Platz 11.

Der zweite Digitalisierungsruck

Mit den Investitionen will der Konzern, wie Deutschlandchefin Marianne Janik ausführt, "eine zweiten Digitalisierungsruck in Deutschland auslösen, indem das Land sein unheimliches Domänenwissen nunmehr mit AI anreichere". War 2023 noch das Jahr des Probierens in Sachen Generativer KI, wo jeder wie beim Kochen alle möglichen Ingredienzen zusammengestellt und ausprobiert habe, sei 2024 das Jahr, in dem Unternehmen - allen voran Siemens, Mercedes-Benz, Bayer und BASF - KI-Technologien tief in ihre eigenen Services integrierten. Letztlich könne sich die deutsche Wirtschaft mit Hilfe von KI einen Unique Selling Point schaffen.

Aus Sicht von Marianne Janik müssen wir in Deutschland jeden und jede empowern, KI-Technologien nutzen zu können.
Aus Sicht von Marianne Janik müssen wir in Deutschland jeden und jede empowern, KI-Technologien nutzen zu können.
Foto: Microsoft

Dass sich die Wirtschaft in Sachen KI nicht verstecken müsse, zeigt Janik zufolge auch der AI Readiness Index des IWF. Dieser sieht Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz 3 hinter Singapur und den Vereinigten Staaten. Zudem, so die Deutschlandchefin weiter, biete der flächendeckende KI-Einsatz die Chance, das deutsche Bruttosozialprodukt um 0,6 Prozent pro Jahr zu erhöhen.

"Allerdings ist das kein Selbstläufer", mahnt Janik, "dazu benötigen wir eine starke digitale Infrastruktur und die richtigen Skills. Wir müssen wirklich jeden und jede in Deutschland empowern, diese KI-Technologien nutzen zu können."

Neue Rechenzentren für Frankfurt und das Rheinische Revier

Konkret will Microsoft, nachdem man bereits 2023 die Kapazität der eigenen Rechenzentren in Deutschland um den Faktor zwei erhöht hatte diese bis Ende 2025 erneut verdoppeln. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Ausbau der Cloud-Region rund um Frankfurt am Main. Zudem ist eine neue Infrastruktur im Rheinischen Revier in Nordrhein-Westfalen geplant.

Beim Bau der neuen Rechenzentren achtet Microsoft auch auf den Nachhaltigkeits-Aspekt und investiert in erneuerbare Energien. "Wir werden mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen, als unsere Rechenzentren verbrauchen", verspricht Smith. In Deutschland setzt Microsoft dazu laut Smith auf Solarenergie.

Microsofts Bildungsoffensive

In Sachen digitaler Weiterbildung setzt Microsoft auf sein Partnernetzwerk. Gemeinsam mit dem Partner-Ökosystem will der US-Konzern neue Trainingsprogramme starten, die sich auf den Aufbau von KI-Kenntnissen, die Entwicklung technischer KI-Fähigkeiten, die Unterstützung der KI-Transformation in Unternehmen und die Förderung einer sicheren und verantwortungsvollen Entwicklung von künstlicher Intelligenz konzentrieren. Ferner arbeite man an einem ersten beruflichen Zertifikat für Generative KI, hieß es.

Um das Ziel der Weiterbildung von mehr als 1,2 Millionen Menschen in Deutschland bis 2025 zu erreichen, will Microsoft unter anderem mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Bundesagentur für Arbeit oder Unternehmen wie Schaeffler und der DHL Group kooperieren. Zudem unterstützt Microsoft auch die ReDI School of Digital Integration, die geflüchteten Menschen und marginalisierten Gruppen hilft, einen Arbeitsplatz in der deutschen IT-Branche zu finden.

Scholz lobt Investitionsentscheidung

Bundeskanzler Olaf Scholz lobte Microsofts Ankündigung als "einen guten Morgen für Deutschland".
Bundeskanzler Olaf Scholz lobte Microsofts Ankündigung als "einen guten Morgen für Deutschland".
Foto: Microsoft

Vor dem Hintergrund, dass Deutschland gerade eher mit Verlagerung von Produktionsstandorten ins Ausland zu kämpfen hat, lobte Bundeskanzler Olaf Scholz Microsofts Investitionspläne "als einen guten Morgen für Deutschland, denn es geschieht ja nicht jeden Tag, dass Investitionen von mehr als drei Milliarden Euro angekündigt werden". Zumal Microsoft keine Subventionen zu dem Investment bekommt. Ferner sieht Scholz in der Investition ein Bekenntnis zu Fortschritt, Wachstum, Modernität und weltweiter Offenheit.

Versteckte Kritik am Kanzler

Auch wenn Brad Smith in seiner Rede das Vertrauen Microsofts in die deutsche Regierung und die Führung von Kanzler Scholz betonte, eine kleine Spitze konnte sich der Microsoft-President dennoch nicht verkneifen: "Wir sehen, dass die öffentlichen Haushalte an ihre Grenzen stoßen. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der Privatsektor aktiv werden sollte. Das ist der Zeitpunkt, an dem Unternehmen wie das unsere vorwärts gehen sollten, um durch Investitionen in die Infrastruktur und die Qualifikationen der Menschen die Wettbewerbsfähigkeit auch in Zukunft zu gewährleisten."

Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage

Wie diese Zukunft aussehen könnte, lief Smith offen. Er versprach lediglich, dass er 2026 wiederkommen werde, um zu sehen, was dann weiter zu tun sei.