Acht-Milliarden-Dollar-Deal?

Microsoft hatte Slack im Visier

07.03.2016
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Microsofts Pläne, das Messaging-Startup Slack zu schlucken, waren angeblich weit gediehen. Doch vermutlich befand die Führungsriege rund um CEO Satya Nadella und Gründer Bill Gates die acht Milliarden Dollar, die dafür nötig gewesen wären, als etwas überteuert.

Angeblich wollte Microsoft den Softwareanbieter Slack für acht Milliarden Dollar übernehmen. Gerüchten zufolge war das Gebot aus Redmond schon fast spruchreif, doch in letzter Sekunde machte der weltgrößte Softwarehersteller offensichtlich einen Rückzieher, berichtete der in aller Regel gut informierte US-Online-Dienst TechChrunch. Slack hat eine Messaging-App für Business-Anforderungen entwickelt und baut diese kontinuierlich weiter aus. Erst Anfang März kamen beispielsweise neue Sprach- und Video-Services dazu. Für 2016 ist neben der kostenlose Free-Version sowie den kostenpflichtigen Standard- und Plus-Varianten eine Enterprise-Edition geplant. Mit dem Ausbau seiner Messaging-Plattform, mit der das Startup Teams eine einfachere und effizientere Zusammenarbeit verspricht, kommt das Unternehmen allerdings Platzhirschen wie Microsoft in die Quere, der mit seinem Skype-Dienst sehr ähnliche Ziele verfolgt.

Das 2013 bgegründete und in San Francisco beheimatete Startup Slack hat aktuell eigenen Angaben zufolge 2,3 Millionen täglich aktive Nutzer. Davon zahlen etwa 675.000 Gebühren für die Premium-Messaging-Dienste. Damit hat sich Slack in vergleichsweise kurzer Zeit zu einem ernst zu nehmenden Wettbewerber im Umfeld von Enterprise Collaboration Services entwickelt, in dem auch Schwergewichte wie Microsoft und IBM darauf bedacht sind, ihre Claims abzustecken und zu erweitern. Der Erfolg von Slack hat für Aufmerksamkeit gesorgt. Insidern zufolge hatten die Verantwortlichen im zurückliegenden Jahr einige Übernahme-Angebote auf ihren Schreibtischen liegen.

Gates und Nadella blieben skeptisch

Auf Microsoft-Seite war es offenbar Qi Lu, der auf die Übernahme von Slack hingearbeitet hatte. Der Manager ist in Redmond verantwortlich den Bereich Productivity- und Communications-Tools sowie Information Services. Allerdings fehlte es offenbar an Unterstützung von höchster Stelle. Den Gerüchten zufolge waren Microsoft-CEO Satya Nadella sowie Gründer Bill Gates nicht davon zu überzeugen, dass Slack den Preis wert sei und in die eigene Strategie passe. Stattdessen scheint die Microsoft-Führung eher darauf zu setzen, die eigene Skype-Plattform stärker auszubauen, um eben gegen Konkurrenten wie Slack zu bestehen. Allerdings hatte auch Microsoft zuletzt einige Unternehmen übernommen, um seiner Productivity-Sparte mehr Schwung zu geben: darunter die E-Mail-App Acompli für kolportierte 200 Millionen Dollar, und die Kalender-App Sunrise, angeblich für mehr als 100 Millionen Dollar.

Die acht Milliarden Dollar, die angeblich für den Kauf von Slack nötig gewesen wären, sind allerdings eine andere Dimension, die sich selbst ein Unternehmen wie Microsoft sicherlich genau überlegen muss. Derweil dürfte der Wert des Startups weiter steigen. Im Rahmen der letzten Finanzierungsrunde vor knapp einem Jahr, anlässlich derer Slack 160 Millionen Dollar von Investoren bekommen hatte, wurde der Wert des Startup auf rund 2,8 Milliarden Dollar taxiert. Angeblich steht die nächste Runde bevor, die weitere 150 bis 300 Millionen Dollar in die Slack-Kassen spülen könnte. Damit würde der Wert des Unternehmens auf 3,5 bis fünf Milliarden Dollar steigen, wie Marktbeobachter berichten.