Copilot für Windows

Microsoft, das muss besser werden!

Kommentar  15.11.2023
Von 
Preston Gralla ist Redakteur bei Computerworld, Blogger bei ITworld und Autor von mehr als 45 Büchern, darunter "NOOK Tablet:The Missing Manual" (O'Reilly 2012) und "How the Internet Works" (Que, 2006).

Super: Windows-Copilot erzählt Witze

Ein anderes Beispiel: Als ich Copilot bat, nach Windows-Updates zu suchen, startete er stattdessen einen Troubleshooter, der mir helfen sollte, Probleme mit der Windows-Aktualisierung zu beheben. Dabei hatte ich damit überhaupt keine Schwierigkeiten. Auffällig ist auch, dass der Copilot zu unlogischen Sätzen neigt. Plötzlich fragte er mich tatsächlich, ob er mir einen Witz erzählen solle.

Und es kommt noch schlimmer. Der Copilot wollte, dass ich ihn nach seinem Namen frage. Als ich es tat, antwortete er: "Mein Name ist Bing. Ich bin ein Chat-Modus von Microsoft Bing, einer Web-Suchmaschine, die Dir helfen kann, Informationen, Bilder, Nachrichten und mehr zu finden." Ich antwortete: "Ich dachte, Du wärst Copilot für Windows". Der Bot entgegnete: "Nein, ich bin nicht Copilot für Windows. Ich bin Bing, ein Chatmodus von Microsoft Bing, einer Internetsuchmaschine, die Ihnen helfen kann, Informationen, Bilder, Nachrichten und mehr zu finden."

Microsoft hat allein 13 Milliarden Dollar in OpenAI investiert, und eines der Ergebnisse ist eine KI, die nicht einmal ihren eigenen Namen kennt - und dann auch noch stur darauf besteht, mit dem falschen Namen angesprochen zu werden. Selbst, wenn man sie darauf hinweist, dass es falsch ist. Ich würde sagen, das ist erstmal keine besonders gute Rendite für solch eine Investition.

Was bedeutet das für die Zukunft von GenAI?

Da stellt sich schon die Frage, was dieser Flopp zu bedeuten hat. Wurde die Technologie mit heißer Luft aufgeblasen, so dass die Effekte schnell wieder verpuffen? Erleben wir mit GenAI eine Wiederholung des Dotcom-Crashs? Oder eine Rückblende auf die überzogenen Metaverse-Versprechungen?

Ich glaube nicht. Die miserable Leistung von Copilot für Windows ist wohl eher auf ein Versagen von Microsoft als auf die Technologie selbst zurückzuführen. KI dürfte tatsächlich eine transformative Technologie werden, wenn sie denn richtig implementiert wird. Microsoft sollte also erstmal den Hype dämpfen und daran arbeiten, das zu liefern, was versprochen wurde.

Sie kennen das alte Sprichwort: Für einen Menschen mit einem Hammer sieht die ganze Welt wie ein Nagel aus. Dem möchte ich hinzufügen: Für ein Unternehmen, das auf KI baut, scheint jedes Problem mithilfe von KI lösbar zu sein.

Aber halt! Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass Microsoft derzeit eine Reihe von Kopiloten einführt, nicht nur den für Windows. Es gibt auch den Microsoft 365 Copilot, einen Security-Copilot und weitere Varianten für andere Microsoft-Dienste. Diese könnten durchaus besser sein als das, was Microsoft in Windows eingebaut hat.

Ist Windows zu komplex für die KI?

Für letzteres bleibt allerdings festzuhalten: Windows ist ein fast 40 Jahre altes, gewachsenes Betriebssystem von teilweise verwirrender Komplexität und mit manchen logischen Unzulänglichkeiten. Es scheint, dass GenAI allein die Bedienung nicht vereinfachen kann. Es reicht eben nicht aus, einfach nur einen Bot auf das System zu setzen. Hätte Microsoft mehr Zeit und Arbeit investiert, wäre vermutlich ein weitaus nützlicherer und leistungsfähigerer KI-basierter Copilot für Windows herausgekommen.

Windows-Blogger Chris Hoffman von der Computerworld weist darauf hin, dass Microsoft sich bislang einfach nicht die Mühe gemacht habe, Copilot wirklich tief in Windows zu integrieren. Dazu wäre es nämlich erforderlich gewesen, eine Reihe von APIs zu entwickeln. Bei Aktivierung des Copilot würden dann diese APIs aufgerufen und das Gewünschte würde erledigt - anstatt dass im Internet nach einer Antwort gesucht und diese dann an den User zurückgespielt wird.

Microsoft hat offenbar beschlossen, sich nicht zu tief damit zu beschäftigen. Deshalb ist Copilot für Windows ein peinlicher Fehlschlag. Zur Verteidigung von Microsoft muss man allerdings sagen: Auch andere Unternehmen springen derzeit blind auf den GenAI-Hype auf und versprechen ihren Kunden die Sterne vom Himmel. Nur wenig davon ist wahr. Meine Empfehlung: Seien Sie misstrauisch gegenüber GenAI-Versprechen. Erwarten Sie das Schlimmste. Vielleicht werden Sie dann auch mal angenehm überrascht. (hv)

Wir haben diesen Kommentar von unserer US-Schwesterpublikation Computerworld ins Deutsche übertragen.