Microsoft hat angekündigt, sein Public-Cloud-Angebot in Deutschland weiter auszubauen. So sollen hierzulande zwei weitere Cloud-Rechenzentrumsregionen entstehen und die bereits bestehende Infrastruktur ergänzen. Konkrete Informationen bleibt der weltgrößte Softwarehersteller allerdings noch schuldig. So ist bislang unklar, aus wie vielen Rechenzentren die neuen Regionen bestehen, wo sie lokalisiert sind und wann sie ans Netz gehen sollen. Klar scheint indes, dass die neuen Cloud-Regionen enger in die globale Public-Cloud von Microsoft eingebunden werden. Die Verantwortlichen verweisen darauf, die Zahl der verfügbaren Azure-Regionen in den zurückliegenden drei Jahren mehr als verdoppelt zu haben.
Neben den zusätzlichen Cloud-Ressourcen in Deutschland hat der Konzern neue RZ-Regionen für die Schweiz und die Vereinigten Arabischen Emirate sowie die generelle Verfügbarkeit von Azure und Office 365 aus Rechenzentren in Frankreich bekannt gegeben. Insgesamt kommt Microsoft Unternehmensangaben zufolge damit auf 50 Cloud-Regionen weltweit, zwölf davon in Europa. Das sei mehr als jeder andere Cloud-Anbieter bieten könne.
Treuhänder-Modell wird wenig nachgefragt
An die neuen Cloud-Regionen in Deutschland legt Microsoft internationale Maßstäbe an. Sie bieten die gleichen Service-Levels und Sicherheitsstandards wie die globalen Microsoft-Cloud-Angebote, heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Konzerns. Für die neuen Rechenzentrums-Regionen gelten demnach Microsofts weltweite Trusted-Cloud-Prinzipien. Die Regionen seien Teil des Public-Cloud-Netzwerks, das mit derzeit über einer Milliarde Kunden, davon 20 Millionen Geschäftskunden, zu den größten der Welt zähle.
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Von dem Treuhänder-Modell, das Microsoft hierzulande ebenfalls anbietet, ist derzeit kaum noch die Rede. Dabei übernimmt die Deutsche Telekom die Rolle eines "Datentreuhänders" und garantiert den Kunden, dass in der Cloud abgelegte Daten Deutschland nicht verlassen. Mit diesem Konzept, für das die Kunden mehr bezahlen müssen als für gewöhnliche Cloud-Dienste, versuchte Microsoft, Datenschutzvorbehalte hiesiger Firmenkunden zu zerstreuen. Doch dieser Plan ging offenbar nicht auf.
Das "Handelsblatt" berichtete jüngst unter Berufung auf Branchenkenner, dass die Nachfrage nach Microsofts Deutschland-Cloud gering sei. Zu rückständig und zu teuer sei das Angebot. Außerdem seien viele Dienste nur eingeschränkt oder gar nicht nutzbar, hieß es in dem Bericht. Auch der Datenaustausch mit Niederlassungen in anderen Ländern sei wegen der Abschottung teilweise nur schwer abzuwickeln.
Sicht auf die Cloud wird pragmatischer
Vor zwei Jahren stand die Cloud-Diskussion noch stark unter dem Eindruck der Snowden-Enthüllungen. Mittlerweile hätten die Kunden eine pragmatischere Sicht auf das Thema, hieß es. "Deutschland erwacht derzeit in puncto Cloud", sagte Oliver Gürtler, verantwortlich für die Sparte Cloud und Enterprise bei Microsoft in Deutschland, der "dpa". Die Nachfrage sei mittlerweile eine ganz andere als noch vor zwei Jahren.
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Zum geringen Kundeninteresse am Treuhändermodell will Microsoft keine Stellung nehmen. Die neuen Regionen richten sich Gürtler zufolge an international tätige Unternehmen, die Wert auf eine Datenhaltung in verschiedenen Ländern legen. Deshalb seien die neuen Cloud-Rechenzentren auch an das globale Azure-Netz angeschlossen. Wie sicher die Daten dort vor den Zugriff Dritter, beispielsweise US-Behörden, geschützt sind, bleibt indes fraglich.
US-Justiz vs. Microsoft
Schon seit Jahren streitet Microsoft mit der US-Justiz über die Frage, ob der Softwarekonzern verpflichtet ist, Daten, die auf Rechnern außerhalb der USA liegen, im Falle polizeilicher oder geheimdienstlicher Ermittlungen an US-Behörden übergeben zu müssen. Aufhänger ist ein Drogenverbrechen, bei dem offenbar Daten auf Microsoft-Servern in Irland liegen. Das Urteil könnte weitreichende Folgen für das Cloud-Geschäft insgesamt haben. Auch hinsichtlich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die die Regeln im Umgang mit persönlichen Daten in Europa noch einmal verschärft, drohen an dieser Stelle Konflikte.
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Mittlerweile liegt der Fall beim Supreme Court, dem höchsten US-amerikanischen Gericht. Dort gab es Ende Februar eine entsprechende Anhörung. Dabei deutete sich an, dass die Richter eher auf Seiten der US-Behörden stehen. Es sei schließlich nicht Schuld der Regierung, dass die Daten nicht in den USA gespeichert seien, sagte der vorsitzende Richter, und merkte weiter an: Solange die Regierung des entsprechenden Landes, in dem die Daten liegen, keinen Einspruch erhebt, dürfte es auch keine Probleme geben. Das spielt US-Behörden, die schon lange auf eine Ausweitung des Stored Communications Act drängen, in die Hände. Ein endgültiges Urteil in dem Fall wird für Mitte des Jahres erwartet.