Gegen OpenAI und Microsoft

Meta und IBM initiieren weltweite KI-Allianz

05.12.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Alle reden von OpenAI und ChatGPT. Mit der Gründung der AI Alliance wollen IBM und Meta nun gegensteuern und die größten IT-Konzerne in Sachen KI zusammenführen. Die TU München ist auch mit an Bord.
Ungewöhnlich: Mark Zuckerberg, der CEO von Meta Platforms, sucht in Sachen Generative AI den Schulterschluss mit anderen.
Ungewöhnlich: Mark Zuckerberg, der CEO von Meta Platforms, sucht in Sachen Generative AI den Schulterschluss mit anderen.
Foto: Frederic Legrand - COMEO - shutterstock.com

Mehr als 50 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz haben sich zusammengetan, um ein "offenes Modell für KI" voranzutreiben. Die AI Alliance will nach eigenen Angaben ihre Ressourcen bündeln, um sich für "offene Innovation und Wissenschaft" in der KI stark zu machen. Zu den Mitgliedern gehören beispielsweise Oracle, ServiceNow, Intel und AMD, aber auch namhafte Forschungseinrichtungen wie Yale, das CERN, die National Science Foundation oder hierzulande die TU München (siehe unten).

Die Initiative will folgende Schwerpunkte setzen:

  • Entwickeln von Benchmarks, Standards, Tools und anderen Ressourcen, die weltweit eine verantwortungsvolle Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen ermöglichen sollen. Dabei soll unter anderem ein Katalog mit geprüften Security- und Trust-Werkzeugen entstehen. Die Allianz will gezielt dafür sorgen, dass Entwickler diese Tools in ihren Projekten rund um die Modell- und Anwendungsentwicklung nutzen;

  • Aufbau eines Ökosystems an offenen Foundation-Modellen, darunter leistungsfähige mehrsprachige, multimodale und wissenschaftliche Modelle, die dazu beitragen sollen, gesellschaftliche Herausforderungen in den Bereichen Klimaschutz, Bildung und darüber hinaus zu bewältigen;

  • Förderung eines dynamischen Ökosystems rund um KI-Hardwarebeschleuniger durch die gemeinsame Nutzung grundlegender Softwaretechnologie;

  • weltweiter Aufbau von KI-Skills und -Forschungsinitiativen. Die Allianz will Forschungseinrichtungen und Universitäten einbinden, damit diese zu den zentralen KI-Modell- und Forschungsprojekten beitragen können;

  • Entwickeln von Trainingsinhalten und Ressourcen, mit denen politische Entscheidungsträger und die breite Öffentlichkeit über Vorteile und Risiken von KI sowie über mögliche Regulierungsansätze informiert werden können;

  • Initiativen, die die offene Entwicklung von KI auf sichere und nutzbringende Weise fördern, und Veranstaltungen, um KI-Anwendungsfälle zu erforschen und zu zeigen, wie die Allianz offene KI-Technologien verantwortungsvoll und zum Guten einsetzt.

Open Source hält die AI Alliance zusammen

Die Mitglieder vertrauen dabei auf Open-Source-Ansätze, IBM arbeitet hier offenbar schon seit August 2023 mit Meta zusammen. Man wolle KI-Unternehmen und -Organisationen zusammenführen, die innovativ seien, aber - anders als OpenAI mit ChatGPT - bisher nicht so im Rampenlicht gestanden hätten, sagte Darío Gil, Director von IBM Research. "Ehrlich gesagt, waren wir mit der öffentlichen Debatte über KI im ablaufenden Jahr etwas unzufrieden", sagte Gil im Gespräch mit dem Wall Street Journal. "Wir hatten nicht das Gefühl, dass sie die Vielfalt des Ökosystems widerspiegelt."

Offenbar sieht die Allianz die hohe Aufmerksamkeit, die auf OpenAI und dessen Partner Microsoft liegt, als Problem an. Diese Unternehmen hätten genauso wie ihre Konkurrenten Anthropic (Claude 2) und Cohere (RAG-Toolkit) die Entwicklung fortschrittlicher KI-Modelle angeführt, dabei aber nur proprietäre Systeme entwickelt. Diese würden nun allein von ihren Urhebern gemanagt, ihre Kunden würden für die Nutzung zur Kasse gebeten.

Die AI Alliance blickt mit Argwohn auf OpenAI und dessen Großinvestor Microsoft, die einen Vorsprung haben. Alle IT-Anbieter wissen, dass KI und Generative AI die Motoren für künftiges Wachstum sein werden. Über ihre Zusammenarbeit und das Versprechen, offene Standards zu unterstützen, hoffen sie, sich im KI-Rennen zurückmelden zu können.

Chaos um OpenAI-Führung spielt Wettbewerbern in die Karten

Der Zeitpunkt für den Gegenangriff ist gut gewählt: Nachdem bei OpenAI Ende November der Mitgründer und CEO Sam Altman in einem chaotischen Verfahren zunächst entlassen und dann wieder eingestellt wurde, herrscht Verunsicherung im Markt. Viele Unternehmen wünschen sich ein breiteres Angebot an GenAI-Produkten, weil es ihnen zu riskant erscheint, mit nur einem Anbieter auf der Basis proprietärer Technologie zusammenzuarbeiten. Viele beschäftigen sich längst intensiv mit anderen Systemen und haben dabei vor allem Open-Source-Angebote im Auge.

Für die Software- und IT-Branche ist die KI das Spielfeld, auf dem die Anbieter in den nächsten Jahren unbedingt mitspielen müssen, wenn sie weiter erfolgreich sein wollen. Wie die Analysten von IDC prognostizieren, werden Anwender weltweit allein in diesem Jahr knapp 16 Milliarden Dollar in Generative AI investieren, bis 2027 sollen sich die Ausgaben auf 143 Milliarden Dollar erhöhen.

IBM-Manager Gil bezeichnet den Ansatz der AI Alliance als "dezentral und stabil", man strebe eine "offene Engine" an. Für IDC-Analystin Ritu Jyoti hängt indes alles davon ab, "wie gut sie es umsetzen". Die Allianz werde eine Lösung benötigen, die aus integrierter KI-Hardware, -Software und anderen Tools besteht, die den Einsatz mehrerer KI-Systeme erleichtern, sagte sie.

Arvind Krishna, CEO von IBM, hat zusammen mit Zuckerberg große Teile der IT-Branche und der Wissenschaft in der AI Alliance vereint.
Arvind Krishna, CEO von IBM, hat zusammen mit Zuckerberg große Teile der IT-Branche und der Wissenschaft in der AI Alliance vereint.
Foto: IBM

ServiceNow bringt 50 Entwickler ein

Hier könnte AMD ins Spiel kommen, der Halbleiterhersteller, der Nvidias Dominanz bei den KI-Chips zu brechen hofft. AMD erklärte, mit seinen Prozessoren ein offenes KI-Ökosystem unterstützen und gemeinsam mit den anderen Allianzmitgliedern die Software dafür entwickeln zu wollen. AMD-Manager Forrest Norrod kündigte an, AMD werde noch in dieser Woche KI-Beschleuniger-Chips präsentieren, die eine "starke" Alternative zu den Angeboten von Nvidia darstellten.

Softwarehersteller ServiceNow will sich gleich mit einem 50-köpfigen Forscherteam an der AI Alliance beteiligen. Man arbeite mit an der wissenschaftlichen Weiterentwicklung von KI-Systemen und werde den Kunden zeigen, dass es offene Alternativen gebe, lässt sich KI-Manager Jeremy Barnes zitieren. "Wenn Sie glauben, dass die Zukunft der KI von zwei, drei oder fünf Unternehmen bestimmt werden wird, dann irren Sie sich", ergänzte IBM-Mann Gil. In der KI sei Open innovation der Ansatz, der sich durchsetzen werde.

Zur AI Alliance gehören auch viele Organisationen, die in den Bereichen KI-Ausbildung, -Forschung, und -Governance aktiv sind. Im einzelnen sind an Bord:

  • Agency for Science, Technology and Research (A*STAR)

  • Aitomatic

  • AMD

  • Anyscale

  • Cerebras

  • CERN

  • Cleveland Clinic

  • Cornell University

  • Dartmouth

  • Dell Technologies

  • Ecole Polytechnique Federale de Lausanne

  • ETH Zurich

  • Fast.ai

  • Fenrir, Inc.

  • FPT Software

  • Hebrew University of Jerusalem

  • Hugging Face

  • IBM

  • Abdus Salam International Centre for Theoretical Physics (ICTP)

  • Imperial College London

  • Indian Institute of Technology Bombay

  • Institute for Computer Science, Artificial Intelligence

  • Intel

  • Keio University

  • LangChain

  • LlamaIndex

  • Linux Foundation

  • Mass Open Cloud Alliance, operated by Boston University and Harvard

  • Meta

  • Mohamed bin Zayed University of Artificial Intelligence

  • MLCommons

  • National Aeronautics and Space Administration

  • National Science Foundation

  • New York University

  • NumFOCUS

  • OpenTeams

  • Oracle

  • Partnership on AI

  • Quansight

  • Red Hat

  • Rensselaer Polytechnic Institute

  • Roadzen

  • Sakana AI

  • SB Intuitions

  • ServiceNow

  • Silo AI

  • Simons Foundation

  • Sony Group

  • Stability AI

  • Together AI

  • TU Munich

  • UC Berkeley College of Computing, Data Science, and Society

  • University of Illinois Urbana-Champaign

  • The University of Notre Dame

  • The University of Texas at Austin

  • The University of Tokyo

  • Yale University