Manufacturing Award von Microsoft und Roland Berger

Mercedes gewinnt mit MO360 Data Platform

20.03.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Zum fünften Mal hat Microsoft den Microsoft Intelligent Manufacturing Award (MIMA) 2024 vergeben. Prämiert wurden Projekte, die nicht nur innovativ sind, sondern auch das Potenzial haben, den digitalen Workflow voranzutreiben.
Gesamtsieger beim diesjährigen Intelligent Manufacturing Award ist Mercedes-Benz mit seiner MO360 Data Platform. Die Jury lobte sie als zukunftsweisende Lösung in der Fertigungsindustrie.
Gesamtsieger beim diesjährigen Intelligent Manufacturing Award ist Mercedes-Benz mit seiner MO360 Data Platform. Die Jury lobte sie als zukunftsweisende Lösung in der Fertigungsindustrie.
Foto: Mercedes-Benz

Industrieunternehmen aus der EMEA-Region - also Europa, Naher Osten und Afrika - waren zur Teilnahme am fünften Microsoft Intelligent Manufacturing Award (MIMA) aufgerufen. Mit dem Preis wollen Microsoft und die Unternehmensberatung Roland Berger digitale Lösungen aus der Fertigungs-, Prozess-, Bau- oder Automobilindustrie prämieren.

Dazu wählte die Jury 15 Finalisten aus, die dann in einem Pitch ihre Lösungen konfrontieren konnten. Unter den Finalisten wählten Roland Berger und Microsoft nicht nur den Gesamtsieger aus, sondern prämierten auch fünf weitere Kategorien.

Die jeweiligen Kategorien und ihre Gewinner sind:

  • Gesamtsieger: Mercedes-Benz

  • Innovate: Northvolt

  • Scale: Malvern Panalytical

  • Add Value: Wilo

  • Disrupt: ANDRITZ

  • Sustainability: Danfoss.

Mercedes-Benz

Mit dem Projekt MO360 Data Platform wurde Mercedes-Benz zum Gesamtsieger gekürt für eine zukunftsweisende Lösung in der Fertigungsindustrie. Der Autobauer hatte, wie berichtet, 2020 das digitale Produktions-Ökosystem MO 360 eingeführt. Später wurde das System mit einer Cloud zur MO360 Data Platform erweitert.

Die MO360 Data Platform ist für Vorstandsmitglied Burzer die Grundlage für die Demokratisierung produktionsrelevanter Daten.
Die MO360 Data Platform ist für Vorstandsmitglied Burzer die Grundlage für die Demokratisierung produktionsrelevanter Daten.
Foto: Mercedes-Benz

Das digitale Ökosystem integriert Informationen aus den wichtigsten Produktionsprozessen und IT-Systemen der mehr als 30 Mercedes-Benz-Werke weltweit und optimiert beispielsweise die auf Kennzahlen basierende Produktionssteuerung. So werden im globalen Produktionsnetzwerk zwischen den Werken mehrere hundert Millionen Datentransaktionen pro Tag ausgetauscht, um die Analyse der Produktionsprozesse und deren kontinuierliche Verbesserung zu vereinfachen.

Cloud für KI

Mit Hilfe der Cloud sollen produktionsrelevante Daten überwacht und analysiert sowie Potenzial von künstlicher Intelligenz (KI) genutzt werden. Die Plattform basiert auf Microsoft Azure und bietet Mercedes-Benz die Cloud-Rechenleistung, um künstliche Intelligenz und Data Analytics global einzusetzen.

Für Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG - Produktion, Qualität & Supply Chain Management, bietet die MO360 Data Platform "eine optimale Grundlage für die Demokratisierung produktionsrelevanter Daten und für die Integration von KI-Anwendungen in unsere Fahrzeugproduktion". Cloudbasierte Echtzeit-Analysen seien ein entscheidender Schlüsselfaktor einer datengesteuerten Produktion, so Burzer.

KI-Potenzial in der Produktion

Das Potenzial von KI in der digitalen Produktion zeigt sich an einem Pilotprojekt im Mercedes-Benz-Werk Rastatt, das nun auf weitere Produktionsstandorte ausgerollt wird. Hier trägt KI dazu bei, Effizienzsteigerungen in den Decklackkabinen zu erzielen, in denen die Fahrzeugchassis ihre Lack- und Schutzschichten erhalten.

Anstelle einer konventionellen speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) übernimmt in Rastatt KI die Überwachung der relevanten Teilprozesse. Das KI-Monitoring der multidimensionalen thermodynamischen Zusammenhänge führt laut Mercedes-Benz zu einer Energieeinsparung von 20 Prozent.

Northvolt

Mit KI-Unterstützung entwickelte der schwedische Batteriehersteller Northvolt eine Lösung zur nachhaltigeren Batterieproduktion.
Mit KI-Unterstützung entwickelte der schwedische Batteriehersteller Northvolt eine Lösung zur nachhaltigeren Batterieproduktion.
Foto: Northvolt

Die Kategorie "Innovate!" konnte der schwedische Batteriehersteller Northvolt für sich entscheiden. Das Unternehmen wurde für seine Innovation zur nachhaltigeren Batterieproduktion prämiert.

Mit seinem Particle Trap System entwickelte Northvolt eine Lösung für die Überwachung der technischen Sauberkeit in der Produktion. Sie kombiniert verfahrenstechnische Verbesserungen, eine benutzerfreundliche App und moderneste Technologien. Mit Hilfe der Power Platform hat Northvolt dazu fortschrittliche Analytik, ein KI-Klassifizierungsmodell für Bilderkennung, Microsoft Copilot und ChatGPT nahtlos integriert.

Malvern Panalytical

Malvern Panalytical will mit VIS_NIR-Sensor und KI den Düngereinsatz verringern.
Malvern Panalytical will mit VIS_NIR-Sensor und KI den Düngereinsatz verringern.
Foto: Malvern Panalytical

Die Auszeichnung in Sachen "Scale!" geht 2024 an das britische Unternehmen Malvern Panalytical, das zur Spectris-Gruppe gehört. Das Unternehmen hat mit "Smart Return Agriculture" eine Lösung für das Precision Farming entwickelt.

Dazu kombiniert Malvern einen VIS-NIR-Sensor mit cloudbasierter künstlicher Intelligenz, um den Stickstoffgehalt von Blättern und Böden, das Auftreten von Krankheiten sowie die Reife von Früchten in Echtzeit zu erfassen. Diese neue Technik erlaubt es den Pflanzenproduzenten, den Stickstoffgehalt präzise zu überwachen und ihre Düngermenge daran anzupassen.

Laut Malvern sind so höhere Erträge bei sinkenden Kosten und weniger Umweltbelastung realisierbar. Die Zusammenarbeit mit einem Bananenanbauer hätte bereits zu Düngereinsparungen von 20 bis 30 Prozent durch Echtzeit-Anpassungen bei der Stickstoffausbringung geführt.

Wilo

Die adaptive Werkerassistenz unterstützt bei Wilo Mitarbeitende in der Produktion mit präzisen Anweisungen.
Die adaptive Werkerassistenz unterstützt bei Wilo Mitarbeitende in der Produktion mit präzisen Anweisungen.
Foto: Wilo

Die Trophäe für "Add Value!" gewann die Dortmunder Wilo SE, die Pumpen und Pumpensysteme produziert. Ausgezeichnet wurde das Unternehmen für seine "adaptive Werkerassistenz" in seiner Dortmunder Smart Factory.

Die adaptive Werkerassistenz liefert den Mitarbeitenden über Bildschirme präzise Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Montage von 12.000 Produktvarianten. Dabei stellt sie sich individuell auf jede Person ein. Je geübter eine Produktionskraft und je geringer ihre Fehlerquote ist, desto komprimierter werden die Inhalte angezeigt.

Die Einbindung von Augmented-Reality-Technologie vereinfacht die Nutzung der adaptiven Werkerassistenz zusätzlich. Ihre Einführung verkürzt die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeitender. Zudem ermöglicht sie einen flexibleren Einsatz und trägt so zur Steigerung von Qualität und Produktivität bei.

ANDRITZ

In der Kategorie "Disrupt!" wurde das österreichische Technologieunternehmen ANDRITZ AG ausgezeichnet. Mit Metris haben die Österreicher eine digitale Plattform entwickelt, um den autonomen Betrieb von Zellstofffabriken zu realisieren.

Hierzu setzt Metris auf ein fünfstufiges Konzept, das in verschiedenen Stufen weltweit bereits in 39 Zellstoffwerken implementiert wurde. Ein Werk hat dabei einen Autonomiegrad von 97 Prozent erreicht und konnte so seine Produktivität um 18 Prozent steigern.

Danfoss

Weniger Lebensmittelabfälle und weinger Energieverbrauch in den Geschäften, das verspricht Danfoss mit seinem IoT-Cloud-Service Alsense.
Weniger Lebensmittelabfälle und weinger Energieverbrauch in den Geschäften, das verspricht Danfoss mit seinem IoT-Cloud-Service Alsense.
Foto: Danfoss

In Sachen "Sustainability!" errang die dänische Danfoss den Sieg. Die Dänen überzeugten die Jury mit dem IoT-Cloud-Service Alsense, einer Plattform mit der Lebensmittel-Einzelhändler ihre Lebensmittelabfälle um bis zu 30 Prozent und ihren Energieverbrauch um bis zu zwölf Prozent reduzieren können.

Die Cloud-gestützte Plattform basiert auf Azure und ermöglicht Lebensmitteleinzelhändlern und ihren Zulieferern datenbasierte Entscheidungen, um tausende Filialen effizient und ressourcenschonend zu verwalten. Dazu automatisiert und priorisiert die Plattform Aufgaben aus Bereichen wie Systemwartung, Energie-Überwachung oder Lebensmittelsicherheit. Ferner bietet die Alsense ein Monitoring rund um die Uhr, das auch Ferndiagnosen und Remote-Eingriffe ermöglicht, wodurch weniger Fahrten von Servicetechnikern nötig sind.