Top-Talente mit FOSS gewinnen

Mercedes-Benz setzt verstärkt auf Open Source

10.11.2023
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Im Rahmen seiner Digitalisierungsstrategie intensiviert Mercedes-Benz die Arbeit mit Free and Open Source Software (FOSS).
Mercedes-Benz intensiviert seine Arbeit mit Open Source Software.
Mercedes-Benz intensiviert seine Arbeit mit Open Source Software.
Foto: Uuganbayar - shutterstock.com

Der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz hat ehrgeizige Pläne. Unter der Führung von CEO Ola Källenius will sich der Konzern nicht nur als Luxusmarke etablieren, sondern auch als in der Digitalisierung führender Automobilhersteller.

Während es mit dem ersten Ziel bislang nur bedingt klappt, scheint der Konzern beim digitalen Wandel unter dem Slogan "Enterprise Transformation - 100% Digital" besser voranzukommen. Von Hiobsbotschaften wie VW im Zusammenhang mit der Softwaretochter CARIAD blieben die Stuttgarter bislang verschont.

Mehr Open Source

Mercedes ermutigt seine Entwicklerinnen und Entwickler, nicht nur FOSS zu nutzen, sondern auch an bestehenden Open-Source-Projekten mitzuwirken und neue eigene Projekte zu veröffentlichen.
Mercedes ermutigt seine Entwicklerinnen und Entwickler, nicht nur FOSS zu nutzen, sondern auch an bestehenden Open-Source-Projekten mitzuwirken und neue eigene Projekte zu veröffentlichen.
Foto: Mercedes-Benz

Im Zuge des Ausbaus seines digitalen Ökosystems MO 360 auf Basis von Microsoft Azure intensiviert der Hersteller die Arbeit mit Free and Open Source Software (FOSS). Laut Mercedes steckt FOSS in den Fahrzeugen, in mobilen Apps und in der Unternehmenssoftware. Wie es weiter heißt, spiele die Nutzung von Open Source bereits seit einiger Zeit eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Fahrzeugen und der integrierten Software, aber auch in vielen weiteren Bereichen des Unternehmens.

Dementsprechend ermutigt Mercedes seine Entwicklerinnen und Entwickler, nicht nur FOSS zu nutzen, sondern auch an bestehenden Open-Source-Projekten mitzuwirken und neue eigene Projekte zu veröffentlichen. Mit dem Mercedes-Benz FOSS-Manifest hat das Unternehmen zudem bereits Anfang 2021 interne Richtlinien dazu aufgestellt und gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen, sich für die weltweite FOSS-Community zu öffnen.

Innovationen beschleunigen

Als Motivation für die Nutzung von Open-Source-Technologien gibt Mercedes-Benz an, so Innovationen beschleunigen zu können. Gleichzeitig will man auf diese Weise die Effizienz in der Softwareentwicklung steigern und die Nutzung bestehender Komponenten fördern.

Jan Brecht, CIO der Mercedes-Benz Group, ist überzeugt davon, mit Open Source Top-Talente anziehen und Innovationen beschleunigen zu können.
Jan Brecht, CIO der Mercedes-Benz Group, ist überzeugt davon, mit Open Source Top-Talente anziehen und Innovationen beschleunigen zu können.
Foto: Mercedes-Benz

Zudem merkt Jan Brecht, CIO der Mercedes-Benz Group AG, zum Thema Open Source an, "viele sehen in FOSS ein Mittel zur Kostenreduzierung. Ich glaube, dass es vor allem Top-Talente anzieht und Innovationen beschleunigt". Und im Zusammenhang mit KI erzählte Brecht erst kürzlich im Interview mit CIO und COMPUTERWOCHE, "wir fangen auch an, uns sehr intensiv mit Open-Source-Alternativen auseinanderzusetzen. Neben den großen proprietären Anbietern wie OpenAI/Microsoft oder Google müssen wir auch die Open-Source-Alternativen verstehen".

Gegengewicht zu den Hyperscalern

Branchenkenner sehen in dem Open-Source-Engagement des Autobauers jedoch nicht nur rein altruistische Motive. Sie vermuten, dass der Konzern so gerüstet sein will, falls die Hyperscaler auf die Idee kommen, zu unverschämt an der Preisschraube zu drehen.

Wie ernst es den Schwaben mit Open Source ist, zeigt auch eine andere Entwicklung: So unterstützt der Autobauer die FOSS-Community einerseits durch Sponsoring und andererseits durch Mitgliedschaften in wichtigen FOSS-Organisationen.

Eigene FOSS Convention

Darüber hinaus unterstreicht das Unternehmen den Stellenwert der Open Source Community, indem es die Mercedes-Benz FOSS Convention veranstaltet. Die Plattform soll den Austausch von FOSS-Expertinnen und -Experten innerhalb von Mercedes-Benz und mit Open-Source-Enthusiasten, Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Community-Mitgliedern aus aller Welt fördern.