Hybride Datennetze mit LINCNET

Maschinen schnell und sicher per Licht vernetzen

05.08.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Im Zuge der Digitalisierung werden immer mehr Geräte vernetzt. Fraunhofer setzt dabei auf Licht (LiFi) als Übertragungsmedium für die Daten.
Das Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik propagiert Licht zur Datenübertragung als Alternative zu Wireless-Technologien in Fabriken und Krankenhäusern.
Das Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik propagiert Licht zur Datenübertragung als Alternative zu Wireless-Technologien in Fabriken und Krankenhäusern.
Foto: amgun - shutterstock.com

Egal, ob Krankenhaus oder Fertigungshalle, im Rahmen der Digitalisierung werden immer mehr Devices wie Röntgen- oder Ultraschallgeräte, Maschinen, Roboter oder Messinstrumente vernetzt. Um schnell und flexibel auf neue Abläufe reagieren zu können, führt an der Vernetzung mit Wireless-Technologien wie WLAN meist kein Weg vorbei.

Wireless und seine Nachteile

Doch diese Form der Vernetzung ist aus Sicht des Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI in Berlin, nicht ohne Probleme. In Produktionshallen könnten sich die verschiedenen Funknetzwerke unvorhersehbar stören und der Elektrosmog der Maschinen eine fehlerfreie Übertragung behindern.

Und in sensiblen Umgebungen wie etwa einem Operationssaal seien die elektromagnetischen Emissionen der Funknetze problematisch, da dort strenge Grenzwerte gelten. Ferner seien die Funknetze ein Risiko für Datensicherheit, denn auch wenn die Daten verschlüsselt werden, bleiben die Netze per se für potenzielle Angreifer sichtbar.

Licht als Alternative

So könnte ein typischer LINCNET-Aufbau in der Industrie oder im Krankenhaus aussehen. Die Daten werden jeweils aus der Stromleitung extrahiert und per LiFi übertragen.
So könnte ein typischer LINCNET-Aufbau in der Industrie oder im Krankenhaus aussehen. Die Daten werden jeweils aus der Stromleitung extrahiert und per LiFi übertragen.
Foto: Devolo

All diese Probleme will man beim HHI umgehen, indem man die Endgeräte per Licht vernetzt. Im Rahmen des Projekts LINCNET (LiFi-enabled 5G for INdustrial and MediCal NETworks) hat Fraunhofer mit 14 Partnern die entsprechenden Komponenten dazu entwickelt. In lokalen Netzen sollen so Daten mit Geschwindigkeiten von bis zu 1 Gbit/s übertragen werden - bei Latenzzeiten, die unter zwei Millisekunden liegen.

Schnell und sicher

Im Gegensatz zu funkbasierten Systemen soll die Übertragung extrem robust sein. Projektleiter Lennert Bober sieht noch weitere Vorteile: "Licht dringt nicht durch Wände und ist somit abhörsicher. Zudem wird die Datenübertragung nicht von anderen Funknetzwerken oder von Maschinen mit Störstrahlung beeinträchtigt und kann diese auch nicht stören."

Keine Lizenzgebühren

Das Demonstrator-Modul wird direkt an die Steckdose angeschlossen und extrahiert die Daten aus der Stromleitung.
Das Demonstrator-Modul wird direkt an die Steckdose angeschlossen und extrahiert die Daten aus der Stromleitung.
Foto: Fraunhofer HHI

Da die Daten nur innerhalb des Lichtkegels übertragen werden, ließen sich viele Maschinen oder Geräte gleichzeitig mit Daten versorgen, ohne dass die Lichtsignale einander stören. Zudem habe die Technik für die Industrie noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Die Anwender können das Lichtspektrum nach Belieben nutzen, denn die im Funkbereich etablierten Regulierungen gibt es bei Licht nicht. "Es müssen keine Anträge auf Nutzung einer Frequenz gestellt und keine Lizenzgebühren gezahlt werden", ergänzt Bober.

So funktioniert LiFi

Technisch betrachtet werden die Daten durch Modulation von Lichtimpulsen zu übertragen. Dabei wird das Signal 200 Millionen Mal pro Sekunde geändert, was vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen wird. Als Lichtquelle dienen handelsübliche LEDs und als Empfänger kommen Photodioden zum Einsatz.

Das Konzept sieht vor, das schnelle 5G-Datennetz mit der Datenübertragung über das vorhandene Stromnetz (Powerline Communication, PLC) zu kombinieren, um die Daten in jeden Raum zu bringen und sie dort mittels Licht (LiFi) auf den letzten Metern drahtlos zu übertragen. Für die Entwicklung und Optimierung von PLC ist der Konsortialführer von LINCNET, das Aachener Unternehmen devolo Solutions GmbH, zuständig.

Die LiFi-Komponenten

Eine LED an der Oberfläche sendet die Daten durch moduliertes Licht an die Endgeräte im Raum.
Eine LED an der Oberfläche sendet die Daten durch moduliertes Licht an die Endgeräte im Raum.
Foto: Fraunhofer HHI

Für das Projekt LINCNET haben die Forscher ein LiFi-Deckenmodul mit digitalem Signalprozessor (DSP) entwickelt. Das Modul extrahiert die Daten aus dem Stromfluss und verwandelt diese in die elektrischen Signale für die Modulation der Lichtquelle. Die LED sendet die Daten dann von der Decke an das im Lichtkegel platzierte Endgerät, also beispielsweise einen Roboter in der Fertigung oder ein Ultraschallgerät in der Klinik.

Parallel dazu wird bereits an einer Verbesserung der LiFi-Netze gearbeitet. Statt LiFi via Powerline Communication mit dem Stromnetz zu verbinden, ist eine Kombination mit schnellen Ethernet-basierten Netzen geplant. Während die Backhaul-Anbindung von drahtlosen Zugangspunkten über Ethernet üblich ist, findet hier zusätzlich ein zentralisierter Ansatz, ähnlich wie bei 5G, Anwendung. Als sogenanntes Fronthaul-Netzwerk verbindet Ethernet jedes LiFi-Deckenmodul mit einem zentralen Computer. Dieser koordiniert die LiFi-Übertragungen feingranular, was die Übertragungsleistung deutlich steigert.