Die Erfassung und Verarbeitung großer Datenmengen ist für viele Wirtschaftsunternehmen von großer Bedeutung - vorausgesetzt die gewonnenen Erkenntnisse dienen einem sinnvollen Zweck. Diese Aussage muss jedoch für den Einsatz von Big Data in Banken nicht unbedingt gelten. Hier sößt Big Data bisher noch oft an seine Schranken in Form von gesetzlichen Regelungen oder bereits bestehenden, gut funktionierenden Systemen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Kreditvergabe
Die Vergabe von Krediten gehört für fast jede Bank zum Kerngeschäft. Um möglichst viel Eigenkapital zu sparen, kommt traditionell der IRB-Ansatz (Internal Ratings-Based Approach) zur Anwendung. Dabei ist vor allem die konkrete Risikoeinschätzung des jeweiligen Kunden der Bank von großer Bedeutung.
Das Finanzhaus muss der Aufsicht jedoch klar darstellen, weshalb interne Risikomodelle besser sind als der "normale" Standardansatz. Ist die jeweilige Bank das allein kontoführende Institut, vereinfacht dies den Prozess erheblich.
Dennoch müssen natürlich entsprechende Sicherheiten vorhanden und nachgewiesen werden. Anderenfalls sind externe, verlässliche und rechtlich konforme Bonitätsdaten erforderlich, deren Rahmen im Bundesdatenschutzgesetz § 28a und b klar definiert ist. Das BDSG regelt auch, wer solche Daten erheben und verwenden darf - erweiterte Analysen sind untersagt. Bekannte Anbieter sind zum Beispiel die SCHUFA oder Creditreform. Ergo: Für "Big Data" gibt es im Bereich der Kreditvergabe und des Kreditmanagements schlicht keinen Raum.
Betrugserkennung und Geldwäsche
Befürworter von Big Data sehen in der Möglichkeit von "Echtzeitauswertungen" einen entscheidenden Vorteil gegenüber bestehenden Systemen. Leider läuft dieses Argument bei Banken gleich doppelt ins Leere. Die Gründe liegen auf der Hand: Zum einen gibt es bereits "Real Time"-Elemente in entsprechenden Systemen. Und zum anderen muss diesen Fällen ja auch durch Mitarbeiter nachgegangen werden.
Ein System kann zwar in Echtzeit eine Transaktion verhindern oder blockieren, die konkrete Prüfung erfolgt jedoch immer erst im Nachgang. Hier besteht die konkrete Herausforderung, die so genannten "False Positives", also fälschlicherweise als Straftat erkannte Transaktionen, in vertretbarem Rahmen zu halten und alle relevanten Dinge zügig zu klären. Dies scheitert jedoch nicht an Technologie sondern immer noch an der verhältnismäßig knappen Ressource Mensch.
Doch auch "Predictive Analysis"-Ansätze werden durch das deutsche Arbeitsrecht, den Betriebsrat und das Bundesdatenschutzgesetz sehr schnell ausgebremst. Dieses Verfahren bietet Unternehmen die Möglichkeit zur gezielten Auswertung Arbeits- und Online-Aktivitäten - wie zum Beispiel die Zeitdauer bis zum Lesen von E-Mails oder das Nutzerverhalten innerhalb der eingesetzten Business-Software. Mit Hilfe individuelle Analysemodelle sollen verdächtige Aktivitäten zu internen Kontrollen anregen - stellen damit jedoch alle Mitarbeiter im Grunde unter Generalverdacht. Im Bereich Betrugserkennung und Geldwäsche bietet Big Data im gesetzlichen Rahmen also keinen konkreten Vorteil gegenüber etablierten Systemen.
Customer Relationship Management
Die Möglichkeiten, Kunden und ihren vermeintlichen Bedarf mittels Big Data zu analysieren scheinen unbegrenzt. Perfekt für entsprechende Produkte? Mitnichten! Die Schwachstelle sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Banken haben andere AGB als die Betreiber von Webmail-Diensten oder Online-Shops. So dürfen beispielsweise Kundendaten nur zur Abwicklung des betreffenden Geschäftes und nicht zur umfassenden Analyse verwendet, geschweige denn an Dritte weitergegeben werden. Darüber hinaus ist der tatsächliche Bedarf eines Privatkunden an Produkten und Dienstleistungen den jeweiligen Beratern ohnehin seit Langem bekannt. In der Praxis verführt auch der Einsatz modernster Technik niemanden, mehr Geldgeschäfte mit seiner Bank zu tätigen. Es fehlt also schlichtweg der Bedarf - und den kann auch Big Data nicht wecken.
Als letzter Ansatzpunkt bleibt also nur noch der reine Zahlungsverkehr.
- Marktübersicht Mobile Payment
Anders als etwa in den USA ist das Bezahlen per Smartphone in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Die großen Anbieter befinden sich noch in Lauerstellung, deutsche Lösungen sind meist noch kaum über die Pilotphase hinausgekommen. - Yapital
Das von der Otto Group ins Leben gerufene Yapital war einst einer der deutschen Hoffnungsträger. Ende 2015 kam dann aber das Aus. - GS1 Germany: Bezahlen mit dem Smartphone
Die Bundeshauptstadt hat mehr zu bieten als verpatzte Großbauprojekte. Unter dem Motto "Zahl einfach mobil" hat sich dort mit "NFC City Berlin" die deutschlandweit größte Initiative für Mobile Payment gebildet, sagen jedenfalls die Macher von GS1 Germany. - Mobile Payment von PayPal
In den USA ist Mobile Payment schon so weit verbreitet, dass auch viele Taxis entsprechend ausgerüstet sind. - Apple Pay und UnionPay von Apple China
UnionPay, Chinas einziger Kreditkartenanbieter, hat am 18. Dezember 2015 zeitgleich mit Apple und Samsung Pay Verträge unterzeichnet, um den Milliardenmarkt für Mobile Payment zu öffnen. Das Logo von UnionPay schmückt übrigens auch in Deutschland immer mehr Bankautomaten und Geschäfte, darunter auch von Galaria Kaufhof und Karstadt. - LoopPay alias Samsung Pay
Wer ständig ein riesiges Portemonnaie mit sich führt, um alle Karten unterzubringen, der wird mit Samsungs Zukauf LoopPay, Wegbereiter für Samsung Pay, mächtig erleichtert. - LoopPay CardCase
Ironischerweise gab es das CardCase mit der abnehmbaren LoopPay Card zunächst nur für iPhones. - LoopPay versus Apple Pay
LoopPay ist mit der patentierten Magnetic Secure Transmission (MST-Technologie) wesentlich breiter aufgestellt für mPayment als Apple mit NFC. - PayPal macht mobil
Die frühere eBay-Tochter PayPal hat in Berlin Ende 2013 ein Pilotprojekt für mPayment angetreten und ein halbes Jahr später die Ausweitung auf ganz Deutschland angekündigt. - PayPal und Pebble Steel
Wer es mag, kann sich die PayPal-App samt Einkaufsführer und Übersicht über die Bezahlvorgänge auch auf die Smartwatch Pepple des gleichnamigen Anbieters laden. - PayPal QRShopping
Ein QR-Code kann mit einer Matrix von bis zu 177 x 177 Elementen vielfältige Informationen aufnehmen, darunter auch Bilder und Links zu Einkaufsplattformen. PayPal ist dahingehend mit QRShopping auf stationären oder automobilen Werbetafeln schon recht präsent in Deutschland. - PayPal Mobile Payment
In Deutschland war das mobile Bezahlen mit PayPal Anfang 2015 schon in über 200 Gaststätten möglich. - Mobile Payment mit PayPal
Voraussetzung ist, dass der Kunde über ein PayPal-Konto verfügt und dort seine Bankdaten beziehungsweise Kreditkartennummer hinterlegt hat. - Paydirekt
Paydirekt soll die deutsche Antwort auf PayPal sein. Zunächst handelt es sich wie einst das US-Vorbild um eine reine Online-Bezahlplattform. Die Ausweitung auf mPayment ist aber schon in Vorbereitung. - Sparkassen Girogo Shopping
Die Sparkassen haben mit Girogo seit Frühjahr 2012 ihr eigenes System für Mobile Payment. - Payone
Zur Stärkung der Position im E- und M-Commerce ist der Deutsche Sparkassenverlag (DSV) zum 1. Januar 2015 mit 80 Prozent der Anteile bei dem Kieler Payment Service Provider Payone eingestiegen. - Targobank Produkte Mobiles Bezahlen
PayPassT nennt sich der TargoBank Bezahlchip in Kooperation mit der E-Plus-Tochter BASE und Mastercard PayPass. Bis zu einem Einkaufswert von 25 Euro wird wie in der EU üblich keine PIN abgefragt, für alle Beträge darüber zur eigenen Sicherheit schon. - Visa Mobiles Bezahlen in Londoner Bussen
Londons Busse und U-Bahnen akzeptieren seit Mitte 2014 kontaktloses Bezahlen via NFC. - V Pay von Visa
V Pay ist die Debitkarte von VISA, analog zu Maestro von MasterCard und zu der in Deutschland immer noch so allbeliebten EC-Karte. Kredit- oder Debitkarten mit NFC-Funklogo erlauben das kontaktlose Bezahlen an einem entsprechend ausgerüsteten Kartenterminal. - VISA Karte kontaklos
Die Lösungen für kontaktloses Bezahlen reichen von Kreditkarten mit NFC-Funklogo über Smartphone-Apps bis hin zu solchen für Smartwatches. - Google Wallet
Google Wallet lässt sich in den USA bereits wie eine Kreditkarte einsetzen. - Google Wallet
In Deutschland eignet sie sich nur für Online-Einkäufe und App-Käufe im Android PlayStore. - Paij kooperiert mit Taxi Deutschland
Von Wiesbaden startend will paij bald alle rund 15.000 Taxen von Taxi Deutschland mit der auf QR-Code basierenden eigenen mPayment-Lösung ausstatten. - Easy Shopping mit SQWallet
SQWallet ist ein Produkt der mr. Commerce GmbH aus Flensburg, hat aber in Osnabrück mit einem mPayment-Projekt gestartet. Die Grafik zeigt, wie leicht und doch sicher über den QR-Code und die vierstellige PIN-Eingabe das mobile Bezahlen sein soll. - kesh – Bares leicht gemacht
Die biw-Tochter kesh weist eine Verballhornung des englischen Begriffs Cash (Bares) von sich. Aber die eigene mPayment-Lösung ist dem Mitführen von Bargeld nicht unähnlich. Denn das Konto muss erst mit Guthaben gefüllt sein, bevor man damit einkaufen oder konsumieren kann. - Kesh Transaktionsübersicht
Eine Transaktions- oder Kontenübersicht wie hier bei kesh gehört zum guten Ton bei Mobile-Payment. - Cashcloud
"Lösung sucht Nutzer: mPayment steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen", hieß hier Anfang 2015, und das gilt immer noch. Eine Reihe prominent unterstützter lokaler Projekte bringt den Stein aber langsam ins Rollen. - Dallmayr Card Systeme
Mit Dallmayr Card Systeme für bargeldloses Bezahlen per Karte oder Schlüsselanhänger richtet sich der Münchener Kaffeeröster an Unternehmen. Die biw-Tochter kesh liefert die Technologie dazu und soll auch mPayment mit Paydirekt zum Durchbruch verhelfen. - Rossmann: Bezahlvorgang mit dem Handy
NFC City Berlin (Zahl einfach mobil) als bundestweit größte mPayment-Initiative schart viele große Namen um sich. Die Drogeriekette Rossman hat sich erst im November 2015 angeschlossen und sieht sich neben Douglas, Karstadt, Galeria Kaufhof, Aldi Nord und Co. - PWC Mobile Payment Studie 2015
PricewaterhouseCoopers (PwC) nahm im Juni 2015 eine repräsentative Umfrage zum Thema Mobiles Bezahlen vor. - Pwc-Studie Juni 2015
Drei von vier der Befragten in Deutschland haben Mobile Payment noch nie genutzt. - pwc-Studie Bekanntheit von Anbietern
Apple Pay gehört zwar zu drei bekanntesten Anbietern, ist in Deutschland aber noch gar nicht am Start. PayPal und Google Wallet sind hierzulande auch noch nicht uneingeschränkt nutzbar im Vergleich zum Heimatland USA. - Pwc-Studie Gründe gegen Nutzung
Die Sorge um den Datenschutz ist in Deutschland besonders groß.
Zahlungsverkehr
Die Analyse von Transaktionsdaten hat schon lange vor Big Data Einzug in den Alltag von Finanzhäusern gefunden. Doch die erzielten Ergebnisse blieben bisher meist weit hinter den gesteckten Erwartungen zurück. Gegenwärtig kann noch nicht abschließend beantwortet werden ob und inwiefern hier Big-Data-Technologien einen konkreten Mehrwert für Finanzhäuser schaffen. Entsprechende Prototypen sind in einigen Häusern zwar bereits im Einsatz - bis jedoch konkrete und vor allem verlässliche Ergebnisse vorliegen, wird es noch eine ganze Weile dauern.
Fazit
Big Data hat im Bankensektor noch nicht wirklich überzeugt. Vor allem aber fehlt eines: der Nachweis eines konkreten Nutzens. Möglicherweise ist das Thema aber auch einfach überbewertet und mit völlig überzogenen Erwartungen belegt. In vielen Finanzhäusern spricht man daher längst nicht mehr von Big Data, sondern eher von "Advanced Analytics". Erst wenn Entscheider die neuen Technologien als Mittel zum Zweck verstehen und nicht mühevoll eigene Business Cases konstruieren müssen, tauchen neue Möglichkeiten auf. (bw)