"Zum Glück war die Ausgangslage hervorragend, da mein Vorgänger, Werner Schmidt, die LVM in IT-Themen bereits in der Vergangenheit gut aufgestellt hatte", erzählt Marcus Loskant zu dem Programm "IT-Transformation", in dem das Führungsteam rund um den CIO die wesentlichen Erfolgsfaktoren gebündelt hat. Im Kern geht es um diese vier Schwerpunkte:
1. Gemäß Peter Druckers Aussage "Culture eats strategy for breakfast" sind die Themen Change und Kultur und damit die Mitarbeitenden zentral.
"Auch in Zukunft werden neue Technologien, Methoden und Software-Systeme durch den Menschen bewertet und eingeführt", erläutert Loskant. Der Schlüssel zum Erfolg seien daher die richtigen Mitarbeitenden mit dem richtigen Know-how und der richtigen Einstellung. Dazu gehöre aber auch, sie konsequent fortzubilden, ihnen Freiräume und die Möglichkeit zu geben, sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen.
Wenn man diesen Weg - hin zu mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenz bei allen - gehen wolle, müsse das Team auch die IT-Vision und -Strategie mittragen und bestenfalls miterarbeiten, fordert der CIO. Besonders die gemeinsam erstellten Leitlinien zur Zusammenarbeit öffneten den Weg zu mehr Kooperation statt Konkurrenz und Silodenken. Wichtig sei: "Dranbleiben, immer wieder Feedbackschleifen einbauen und für Nachhaltigkeit sorgen."
2. IT-Security stärken und weiterentwickeln
Loskant berichtet, man habe die IT-Security auf "neue Beine gestellt, massiv intensiviert und investiert." Das Team hat 18 Schwerpunkte definiert - von Spam und Virenschutz über Forensik und Angriffsfrüherkennung bis hin zum Aufbau eines SIEM-Systems und der Intensivierung von Simulationen und Pentests, etwa mithilfe eines Red-Team-Tests. Dies sei bereits umgesetzt und werde nun weiterentwickelt. Ein weiteres Ziel: Security by Design als Vorgabe für die Entwickler.
3. Etablieren eines neuen "State of the Art" bezüglich des kollaborativen technischen Arbeitsplatzes
Die Beschäftigten der LVM nutzten bisher einen Linux-basierten Arbeitsplatz. Lange vor Corona hatte sich das IT-Führungsteam überlegt, wie der künftige Arbeitsplatz aussehen könnte, wie und mit welchen Kollaborationstools man künftig arbeiten wolle, wie der Zugriff auf Daten von überall zu organisieren sei und wie man die Kultur der LVM und die Zusammenarbeit zwischen Innen- und Außendienst besser unterstützen könne.
Das Ergebnis war ein Convertible Laptop mit Touchscreen, Kamera, Face ID und einem umfangreichen kollaborativen Softwarepaket auf Microsoft-Basis. Dazu die One-Device-Strategie (ein Gerät pro Person), damit alle künftig flexibel arbeiten können. "Damals wurde eher an Projekte und gelegentliche Tätigkeiten von zu Hause gedacht", so der CIO. Corona habe diesen Weg schneller bestätigt und forciert. Im Innendienst ist dies bereits umgesetzt, der Agentur-Rollout läuft auf Hochtouren.
4. Ablösen von Versicherungskernanwendungen aus der PL/1- und IMS-Welt auf Basis moderner und zukunftsweisender Architekturen und Konzepte
Die LVM hat eine neue Architektur erarbeitet, mit Schwerpunkten wie Cloud-Fähigkeit, der Einführung von Online-Prozessen und einer domänenorientierten Tower-Architektur mit No- beziehungsweise Low-Code. Definiert wurde auch ein hybrides Vorgehen, also Eigenprogrammierung und Nutzung von Standardmodulen, wo es sinnvoll ist. Vereinfacht kann man sich das als Stadtbebauung vorstellen, mit einzelnen Häusern, die fachlich getrieben sind. Diese werden durch zentrale Leitungen und Wege miteinander verbunden und versorgt. Auch "Fertighäuser" könnten so bei Bedarf integriert werden, wie Loskant erläutert.
Insgesamt sind 12.000 PL1-Module mit über 10 Millionen Lines of Code und mehr als 100 IMS-Datenbanken abzulösen oder neu zu bauen. Auch dort lag der Fokus auf den Beschäftigten, so der CIO. Langjährigen PL1-Developern, die bis 2030 größtenteils in Rente gehen, würden ebenso viele IT-Nachwuchskräfte zur Seite gestellt: "So agieren die bisherigen Know-how-Träger und die neuen Mitarbeitenden als One Team und können direkt voneinander lernen."
Loskants Empfehlung für Transformationen: ein langer Atem und die Wertschätzung der Mitarbeitenden sowie des Führungskräfteteams. Auch die Unterstützung durch den Gesamtvorstand und den Aufsichtsrat sei förderlich.
Die Jury vergibt den Transformation of Work Award
Für seine Leistung verleiht ihm die Jury vom CIO des Jahres 2022 den Sonderpreis für Transformation of Work. In der Begründung heißt es, Loskant zeige auf vorbildliche Weise, wie man Mitarbeitende mitnimmt auf einer langen Transformationsreise. Die IT-Strategie sei dabei Bottom-up unter Beteiligung aller ITler entwickelt worden. Die Jurykommentare lauten: "Loskant stellt weniger technische Aspekte, sondern Culture und Change-Management in den Mittelpunkt seiner herausragenden Bewerbung", "insbesondere hinsichtlich Cultural Change wurde hier Bemerkenswertes erreicht" und "ein Unternehmen dieser Größe konsequent einem so umfassenden Kulturwandel zu unterziehen, ist herausragend". (kf)