Büro-Bullshit

"Leute werden für den Kopf bezahlt, nicht für den Arsch"

20.11.2023
Von Carina Kontio

Die Hauptcharaktere sind zwar allesamt frei erfunden, aber doch so authentisch beschrieben, dass sie in der realen Welt branchenübergreifend überall zu finden sind. Da gibt es beispielsweise den ehrgeizigen Aufsteiger und Überstundenrekordhalter Daniel, (kommt in der Woche mit fünf Stunden Schlaf gut aus) der seinen Kollegen, wenn sie um halb sieben ihre Sachen packen, regelmäßig den Spruch reindrückt: "Na, halben Tag Urlaub genommen?".

"Wir haben in punkto Produkteinführung noch null results"

Unterdessen legt sich die schöne Julia ("Wir sind doch alle in unseren Beruf reingescheitert") gerade mit ihrem Gehalt ein finanzielles Polster für ihr Start-up an, um aus der Konzern-Matrix auszubrechen und Sebastian, der Vorzeige-Papa mit 80-Prozent-Stelle, beschließt, dienstags und freitags grundsätzlich im Home Office zu arbeiten. Denn: Die Ergebnisse zählen, sonst nichts. "Leute werden für ihren Kopf bezahlt, nicht für ihren Arsch."

Und es gibt noch Dr. Meyerbeer, in dessen Eckbüro auch abends um acht noch Licht brennt. Anfang 50, mindestens 1,90 Meter groß, schlank, trägt seine grauen Haare im akkuraten Seitenscheitel und läuft seit 2000 jedes Jahr den New-York-Marathon immer noch deutlich in unter drei Stunden mit. Alle angeführt vom neuen Chef Dr. Jan-Philip Wendenschloss, Ex-McKinsey-Berater, der gerne vom Ending her denkt, die kreative Challenge annimmt und tight getaktet einen neuen Innovationsapproach entwickelt. Schwarzer Anzug, schwarzes Haar, Figur wie mindestens dreimal die Woche Holmes Place.

Immer wieder fallen zwischen den zwei Buchdeckeln herrliche Sätze wie "Wir haben schon KW 13. Aber in punkto Produkteinführung noch null results", "Vielleicht sollten wir uns den Case noch mal genauer anschauen, um aus den Fehlern zu lernen" und "Ist es nicht eine Überlegung wert, dem Vorstand vorzuschlagen, mal einen Testballon steigen zu lassen?", die aus der Lektüre der 25 knackigen Kapitel eine kurzweilige Freude machen. Da muss man selbst auch gar nicht in irgendwelchen Agentur- oder Konzernhamsterrädchen gefangen sein, um Gefallen an den bitterbösen Anekdoten von Thomas Ramge zu finden, die er in den vergangenen 20 Jahren aufgesammelt hat.