Neue beste Halbleiterfreunde

Lässt Nvidia Chips von Intel fertigen?

01.04.2022
Von 
Andy Patrizio arbeitet als freier Journalist für die Network World.
Nvidia denkt darüber nach, seine Chips bei Intel fertigen zu lassen. Es geht um stabilere Lieferketten. Die Situation beim derzeitigen Lieferanten TSMC in Taiwan scheint dem Konzern zu unsicher.
Die Chipproduktion ist aufwendig und komplex. Nvidia überlegt, künftig dafür auch Fertigungsressourcen von Intel zu nutzen.
Die Chipproduktion ist aufwendig und komplex. Nvidia überlegt, künftig dafür auch Fertigungsressourcen von Intel zu nutzen.
Foto: FOTOGRIN - shutterstock.com

Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang denkt laut darüber nach, seine Lieferketten besser abzusichern. Deshalb bringt der Spezialist für Graphic Processing Units (GPUs) in Sachen Chipfertigung nun auch den Konkurrenten Intel ins Spiel. Nvidia brauche widerstandsfähige Lieferketten, sagte der CEO.

Nvidia entwickelt Chipdesigns, produziert selbst aber keine Halbleiter. Vielmehr bezieht der im kalifornischen Santa Clara ansässige Konzern seine Bausteine von Auftragsfertigern. Bis dato kooperiert Nvidia hauptsächlich mit TSMC, neben Samsung und Intel einer der größten Chipproduzenten der Welt.

Wie sicher ist der Produktionsstandort Taiwan?

Die aktuelle politische Krisensituation hat Huang offenbar dazu veranlasst, seine Supply-Chain-Strategie zu überdenken. TSMC sitzt in Taiwan. China hat die Insel im chinesischen Meer nie als eigenständigen Staat anerkannt, sondern immer wieder betont, Taiwan gehöre zu China. Die autoritär regierenden Machthaber in Peking ließen in den vergangenen Jahren wiederholt durchblicken, dass eine Invasion in Taiwan und eine gewaltsame Zwangswiedervereinigung durchaus eine Option sei. Das belegen auch zahlreiche militärische Provokationen Chinas in der jüngeren Vergangenheit. Der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat Spekulationen Auftrieb gegeben, China könnte in Taiwan einfallen.

Für Nvidia ist das offenbar Anlass genug, seine Supply Chain neu zu ordnen und dabei auch alte Rivalitäten zu vergessen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Sticheleien zwischen beiden Chipkonzernen - auch auf höchster Managementebene. Huang, der mit seinen GPUs und Graphikbeschleunigern für KI-Aufgaben in den letzten Jahren großen Erfolg hatte, machte sich ein ums andere Mal über den strauchelnden Branchenprimus lustig. Intel hatte Probleme mit neuen Fertigungsverfahren, was durchaus für Verwerfungen in der Roadmap und bei der Auslieferung neuer Chipprodukte sorgte.

Jen-Hsun Huang, CEO von Nvidia, will seine Chip-Supply-Chain angesichts der zunehmend unsicheren Zeiten stabiler aufstellen. Eine Kooperation mit dem Rivalen Intel könnte dabei helfen.
Jen-Hsun Huang, CEO von Nvidia, will seine Chip-Supply-Chain angesichts der zunehmend unsicheren Zeiten stabiler aufstellen. Eine Kooperation mit dem Rivalen Intel könnte dabei helfen.
Foto: Nvidia

Doch das scheint keine Rolle mehr zu spielen. Huang lobte artig die neue Intel-Strategie. Der seit Anfang 2021 amtierende neue Intel-CEO Pat Gelsinger will den Halbleiterkonzern verstärkt auch als Auftragsfertiger am Markt positionieren. Das Integrated Device Manufacturing 2.0 (IDM 2.0) scheint Fahrt aufzunehmen. Neben dem Cloud-Anbieter Amazon Web Services, der seine Graviton-Chips bei Intel bauen lassen will, ist auch Qualcomm mit seinen auf ARM-Basis designten Mobilchips mit an Bord. Mit Nvidia hätte Intel ein weiteres Halbleiter-Schwergewicht für seine Auftragsproduktion gewonnen.

"Chips sind schließlich keine Milch"

Huang sagte, er beobachte erfreut wie sich Intels Bemühungen rund um IDM 2.0 entwickelten. Im gleichen Atemzug dämpfte er allerdings vorschnelle Erwartungen. Solche Allianzen seien nicht trivial. Geschäftsmodelle und Kapazitäten müssten aufeinander abgestimmt werden. Zudem gelte es, Betriebsabläufe in Einklang zu bringen. Auch das Wesen und der Spirit beider Partner müssten zueinander passen. "Das braucht viel Zeit und sicher viele Gespräche", sagte Huang, " schließlich kaufen wir keine Milch. Hier geht es um die Integration von Lieferketten."

Gegen die aktuelle Halbleiterknappheit dürfte eine derartige Zusammenarbeit allerdings erst einmal nicht helfen. Schließlich müssen die notwendigen Fertigungskapazitäten noch aufgebaut werden. Die Errichtung von Halbleiterfabriken dauert Jahre und verschlingt viel Geld. Intel hat gerade erst angekündigt, viele Milliarden Dollar dafür zu investieren. Neben großen Anlagen in den USA, sollen für rund 17 Milliarden Euro auch zwei neue Werke in Magdeburg entstehen. Das hatte Intel-Chef Gelsinger erst Mitte März angekündigt. (ba)