Künstliche Intelligenz (KI), insbesondere das Teilgebiet maschinelles Lernen, ist eine der wichtigsten Grundlagen der modernen Robotik. Google beziehungsweise Alphabet und Facebook investieren zusammen Hunderte Millionen von Dollar in die Erforschung und Entwicklung lernender Maschinen. Die Jahre 2012/13 markieren einen entscheidenden Wendepunkt in der vorher etwas aus dem Blickfeld geratenen KI: Mit den ersten mehrschichtigen Neuronalen Netzen gelang ein großer Sprung in der Leistungsfähigkeit von Lernalgorithmen.
Maschinelles Lernen, lernende Maschinen
Der zurzeit wohl leistungsfähigste Lernalgorithmus ist der von Google akquirierte: "deep Q". 2016 gewann mit ihm die erste Maschine gegen den weltbesten Spieler im komplexen asiatischen Spiel Go - und zwar sehr deutlich. Der Großmeister meinte nach der Partie, Deep-Q könnte Go auch gegen sich selber spielen lassen und dabei noch besser werden, als wenn er mit Großmeistern trainiert werden würde. Go gilt als mathematisch-analytisch komplexestes Spiel der Welt (komplexer als Schach), bei dem aber auch Intuition und Kreativität eine Rolle spielen.
- Facebook Big Sur
Das unter Open-Source-Lizenz stehende KI-System setzt auf die Nvidia Tesla Accelerated Computing Platform und übernimmt bei Facebook heute komplexe Aufgaben, für die früher auf Drittanbieter-Hardware zurückgegriffen werden musste. - Google RankBrains
Für Suchanfragen, die erstmalig auftauchen, soll RankBrains menschliche Schriftsprache in mathematische Vektoren übersetzen, die die Suchengine dann verarbeiten kann. Diese Form des maschinellen Lernens wird mit steigender Zahl bislang unbekannter Suchanfragen immer besser. Wissbegierige Internetnutzer trainieren das System quasi unbewusst. - Google Deepmind AlphaGo
Besiegte kürzlich den Welt- und den Europameister im asiatischen Brettspiel Go: das KI-System Alpha Go, das von Google Deepmind entworfen wurde. - SwiftKey Neural Alpha
Wer SMS schreibt, bekommt schon länger Wortvorschläge. Mit Neural Alpha will "n-gram"-Erfinder SwiftKey nun aber auch ganze Satzzusammenhänge vorhersagen und so die Texteingabe noch intuitiver machen. - Open AI
Investor und Tesla-Gründer Elon Musk erforscht in der "Open AI"-Initiative zusammen mit anderen Silicon-Valley-Vordernkern die Künstliche Intelligenz zum Wohle der Menschheit. Damit wir keine bösen Terminatoren bekommen, die uns alle versklaven wollen... - Microsoft XiaoIce
Der Microsoft-"Virtual Social Assistant" XiaoIce trägt seit Ende 2015 den Wettbericht im chinesischen Fernsehen komplett ohne menschliche Hilfe vor. - Roboter-Concierge Connie
Wenn Sie demnächst in einem Hilton absteigen, könnten Sie einem kleinen Roboter-Concierge begegnen: "Connie" arbeitet mit Watson-Technologie von IBM und steht Hotelgästen mit Rat und Tat zur Seite. Das Pilotprojekt läuft gerade in den USA.
Eine einfache Demo zeigt, wie ein vereinfachtes, auf dem Basisalgorithmus von Deep Q basierendes, lernendes neuronales Netz arbeitet: Ein Agent, beispielsweise die Roboter-Hand, führt eine Aktion in seiner Umwelt aus, wie etwa das Greifen eines Gegenstandes, und bekommt daraufhin eine Rückmeldung in Form des Greifergebnisses (erfolgreich oder daneben?).
Zusammen mit genaueren Zustandsbeschreibungen wie etwa, wo war die Position des Arms beim Greifen, was registrieren die Kameras des Roboters (drüber, links oder rechts daneben?), wird ein neuer Versuch gestartet. Für jede Aktion und Rückmeldung gibt es bestimmte Muster aktivierter Neuronen; Muster verstärken sich durch positive und schwächen sich durch negative Rückkopplungen.
Allgemeine Intelligenz ist nicht simulierbar
Aus Sicht der KI kann der Algorithmus auf beliebige Aufgaben angewandt werden, weil die Analyse der Daten unabhängig von der Art der Daten reagiert. Sie basiert ausschließlich auf deren mathematischer Anordnung. Nichtsdestotrotz müssen auch Maschinen mit State-of-the-art-Verfahren für bestimmte Aufgaben eingerichtet und trainiert werden. Sie können keine dem Menschen vergleichbare, allgemeine, flexible Intelligenz simulieren.
Können Algorithmen Bewusstsein generieren?
Ob solche Algorithmen in Zukunft autonom intelligent agieren könnten und am Ende gar so etwas wie Bewusstsein dabei herauskommt? Einige Ingenieure und ihnen nahestehende Hardliner unter den Naturwissenschaftlern wie Ray Kurzweil glauben das: Sie betrachten Geist und Bewusstsein als etwas, das "irgendwie" aus informationsverarbeitenden Systemen entsteht, wenn sie nur komplex genug sind. Dabei spiele es keine Rolle, ob diese Systeme künstlich von Menschen oder anderen Maschinen entstanden sind. Oder in Jahrmillionen aus der Evolution.
Sicher, Kurzweil hatte mit einigen Prognosen Recht. Die stützten sich aber alle auf eine exponentielle Steigerung von Rechenleistung. Bewusstsein ist jedoch kein Ergebnis von Rechenleistung, Big Data oder intelligenten Algorithmen. "‘Deus ex machina‘" ist ein antiker Mythos." (1)
Auch muss man Prognosen aus Richtung der Transhumanisten, zu denen auch Kurzweil zählt, mit Vorsicht interpretieren. Diese Gruppe betrachtet Geist und Bewusstsein nur als naturwissenschaftlich beschreibbare und somit potenziell simulierbare Phänomene. Mit diesem konstruktiven Ansatz operierende Projekte lassen sich leichter finanzieren. In diesem Sinne sind auch die in den USA zum Kulturgut gehörenden Weltveränderungsphilosophien zu verstehen.
Logisch denkbar? Wohl kaum.
Es spricht weit mehr dagegen, dass Maschinen Bewusstsein entwickeln können, als dafür. Man stelle sich vor, dass ein menschliches Hirn in der Lage sein sollte, eine komplette Kopie von sich selbst zu erstellen - logisch ist das nicht denkbar. Die Frage, ob und wie Maschinen denken lernen können, lässt sich ohne philosophische Grundannahmen nicht beantworten.
Von der künstlichen Intelligenz zum künstlichen Bewußtsein?
Die philosophische Richtung mit der größten Schnittmenge zur KI-Forschung - insbesondere der neuronalen Netze - ist der auch in der Hirnforschung verbreitete Radikale Konstruktivismus. Einer der Vertreter ist der Physiologie-Professor Humberto R. Maturana am Biological Computer Laboratory der Universität Illinois Ende 1970 mit seiner Arbeit "Biology of Cognition".
Demnach ist die sich uns darstellende Wirklichkeit ein rein kognitives Objekt, dem keine erfahrbare äußere Wirklichkeit entspricht. Mit anderen Worten: Wir leben mit und in einem Modell der Welt, das nur in uns und nicht außerhalb von uns zu finden ist. Wahrnehmung ist demnach nicht das Tor, durch das die Welt in uns eintritt, sondern genau anders herum: Unser Denken produziert Wahrnehmungen, die uns als Welt erscheinen. In "Matrix" wurde diese Philosophie verfilmt.
Warum dieser Ansatz generell für die digitale Entwicklung prädestiniert ist, zeigt sich plastisch in den Entwicklungen zur Virtual und Augmented Reality: Erdachte Objekte werden unserer Wahrnehmung als reale vorgegaukelt. Diese Technologie simuliert somit einen Teil unserer Vorstellungs- und Wahrnehmungsfähigkeiten.
In der künstlichen Intelligenz versucht man, Virtualisierung auf bisher dem Menschen und zum Teil auch anderen Lebewesen vorbehaltene Fähigkeiten auszudehnen. Dazu gehören Denken (Kognition) und Lernen.