IT-Sicherheit in Unternehmen

Kriminelle Hacker - Unterschätzte Gefahr?

18.07.2016
Von 
Matthias Schorer ist Lead Business Development Manager IoT EMEA beim Virtualisierungs- und Cloud-Anbieter VMware.

Hacker & Mitarbeiter - der Risikofaktor Mensch

Des Weiteren hat die VMware-Studie aufgedeckt, dass für IT-Verantwortliche Bedrohungen nicht nur von außen kommen. Eine wesentliche Schwachstelle ist neben unzureichender Technologie und Organisationsstruktur der Faktor Mensch. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der IT-Entscheider ist der Meinung, dass die Mitarbeiter eine Gefahr für die Datensicherheit seien. Im Falle von Dettelbach war der Mensch gleich in vielfacher Hinsicht ein Sicherheitsrisiko. Zunächst haben ein oder mehrere Mitarbeiter den schädlichen Anhang einer E-Mail geöffnet und damit dem Virus Zugang zum System der Stadt verschafft. Aber es geht noch einfacher: "Es reicht aus", sagte mir einmal ein professioneller Hacker, "dass man ein paar USB-Sticks auf dem Parkplatz verteilt. Einer findet sich immer, der das Ding mitnimmt und gleich am Arbeitsplatz in seinen Rechner einsteckt. Sei es - um in ehrenhafter Absicht - zu sehen, ob er den Besitzer ausfindig machen kann, oder um den Stick zu löschen und ihn selbst zu behalten."

In beiden Fällen wird das Ziel, einen Schädling einzuschmuggeln, erreicht. Auch die Zahlung eines Lösegeldes geht auf den Faktor Mensch zurück, da ein vermutlich etwas in Panik geratener Mitarbeiter der Stadtverwaltung die Angelegenheit so schnell wie möglich regeln wollte - entgegen der gängigen Empfehlungen der Sicherheitsbehörden. Aber auch bereits im Vorfeld der Attacke hätte das Sicherheitskonzept der Stadtverwaltung überprüft und ggf. angepasst werden müssen, das wird nun vermutlich nachgeholt werden. Die Gründe für den Risikofaktor Mensch: Mitarbeiter verfügen oft über wenig Bewusstsein hinsichtlich der Datensicherheit sowie über unzureichende Technologiekenntnisse. Außerdem fehlt oft ein unternehmens- bzw. behördeninterner Notfallplan, was in dieser Situation zu tun ist.

Die Zuständigkeit für das Thema IT-Security ist nach wie vor in vielen Organisationen und Unternehmen nicht klar geregelt, wie das Beispiel Dettelbach eindrucksvoll zeigt. Und solange alles gut läuft, fühlt sich auch niemand berufen, etwas am aktuellen Status Quo zu ändern. Die IT-Abteilung sollte zwar vorausschauend sein und die IT auch auf zukünftige Bedrohungen vorbereiten und ausrichten. Aber in der Praxis werden Vorschläge und Bedenken aus Kostengründen nicht Ernst genommen und abgelehnt. Liegt die Zuständigkeit bei der Geschäftsführungsebene, fehlt oft das technische Verständnis und Wissen um die Komplexität der IT-Infrastruktur. Abhilfe soll hier der Chief Information Security Officer (CISO) schaffen, der als Teil der Geschäftsführung verantwortlich für die Abstimmung von Sicherheitsinitiativen mit den Unternehmenszielen ist. Er soll beide Welten vereinen und sowohl technologisches als auch unternehmerisches Denken unter einen Hut bringen.

Kein ausreichender Schutz vor neuen Angriffsmethoden

Doch wie sind die IT-Abteilungen hierzulande überhaupt aufgestellt angesichts der derzeitigen Cyberattacken? Ein ganzes Drittel der IT-Fachleute (31 Prozent) sieht sich gegen die neuen Angriffsmittel und -methoden sowie deren zunehmende Frequenz nicht ausreichend gewappnet. Ein wesentlicher Grund: Starre und veralteteSicherheitskonzepte können mit der digitalen sowie zunehmend komplexen, mobilen Unternehmenswelt nicht Schritt halten. Die Möglichkeiten, um schnell und adäquat auf Angriffe von außen und Datenverstöße etwa der Mitarbeiter zu reagieren, sind begrenzt - mit entsprechenden Folgen für die Sicherheit des Unternehmensnetzwerkes und der Daten. Denn reaktive Sicherheitsmaßnahmen und Hardware-Appliances mit ihren manuell gepflegten Firewall-Regeln können mit der Dynamik heutiger Infrastrukturen und der aktuellen Bedrohungssituation nicht Schritt halten.

Eine langfristige Lösung hierfür kann ein Software-definierter Ansatz sein: Die Sicherheit wird hier fest auf der Architekturebene verankert. Denn neben den Vorteilen in punkto Sicherheit überzeugt das Software-definierte Rechenzentrum auch in Sachen Leistungsfähigkeit, Agilität, Geschwindigkeit und Effizienz. Angesichts ständig zunehmender Angriffe von Hackern greifen viele Organisationen beim Aufbau ihres Software-definierten Rechenzentrums zur Mikrosegmentierung des Netzwerkes, die sich laut Forrester bereits zur Best-Practice-Methode der IT-Sicherheit entwickelt hat. Der Grund: Bewegen sich Hacker innerhalb des Rechenzentrums von Workload zu Workload, gibt es in herkömmlichen Umgebungen wenige Kontrollen, da Rechenzentren häufig nur mittels Firewalls abgesichert werden. Ein ganzheitlicher Software-definierter Ansatz, der das gesamte Rechenzentrum umfasst, ist die ideale Grundlage für eine sichere und flexible IT, die den heutigen Anforderungen gerecht wird.

Über die reine Technologie hinaus ist es wichtig, ein breites Bewusstsein für das Thema IT-Sicherheit zu schaffen. Sämtliche Mitarbeiter sollten über ein Basis-Knowhow in Sachen Security verfügen, zusätzlich sollte es in jedem Unternehmen einen festen Ansprechpartner für Fragen rund um das Thema geben. Hierbei sollte man nur darauf achten, nicht ausschließlich mit Regelungen und Verboten zu agieren und damit eine Angst-Kultur zu schaffen, die die Belegschaft verunsichert. Vielmehr sollte man seinen Mitarbeitern Vertrauen entgegenbringen, sie mit Weiterbildungen fördern und ihre IT-Kompetenz ausbauen. Die Stadtverwaltung Dettelbach hat hier in nächster Zeit mit Sicherheit noch einiges zu tun. (fm)