Innenministerium erwägt Einschränkungen und Verbote

Kommt das Aus für Huawei und ZTE im 5G-Netz?

08.03.2023
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Droht Huawei und ZTE in Deutschland jetzt das endgültige Aus beim 5G-Ausbau? Neben sicherheitspolitischen Bedenken wird jetzt auch die Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von China ins Feld geführt.
Droht hierzulande ein Verbot von Huawei- und ZTE-Komponenten in den 5G-Netzen?
Droht hierzulande ein Verbot von Huawei- und ZTE-Komponenten in den 5G-Netzen?
Foto: Zay Nyi Nyi - shutterstock.com

Mehreren Medienberichten zufolge plant das Bundesinnenministerium womöglich ein Verbot von Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE in den deutschen 5G-Netzen. Dies soll aus einem Schreiben des Ministeriums an die Netzbetreiber hervorgehen, berichtet unter anderem die Deutsche Welle. Demnach hält das Ministerium eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Deutschland durch Equipment der chinesischen Hersteller für möglich. Weil die Mobilfunknetze Teil der kritischen Infrastruktur sind, sollen auch alle bereits im Netz verbauten Komponenten einer verschärften Sicherheitsüberprüfung unterzogen und eventuell entfernt werden.

Chinas Reaktion

Die Reaktion aus China ließ nicht lange auf sich warten. So veröffentlichte die chinesische Botschaft laut Tagesspiegel auf ihrer Website ein Statement, "die Regierung in Peking sei sehr verwundert und sehr unzufrieden mit der überstürzten Entscheidung der deutschen Regierung" sei. Offiziell steckt hinter den Verbotsbemühungen in Berlin die Sorge, dass China womöglich Zugriff auf die Daten der Mobilfunknutzer erhalten und eventuell per Fernzugriff über Backdoors die Netze abschalten könnte.

Wie groß ist die Gefahr?

Zwar ist hierzulande Huawei-Equipment laut Strand Consult in 59 Prozent der Netze verbaut, doch es kommt wohl nur in den Basisstationen mit ihren Funkantennen zum Einsatz.
Zwar ist hierzulande Huawei-Equipment laut Strand Consult in 59 Prozent der Netze verbaut, doch es kommt wohl nur in den Basisstationen mit ihren Funkantennen zum Einsatz.
Foto: mokjc - shutterstock.com

Doch wie groß ist die Gefahr wirklich? Hierzulande geht die dänische Beratungsfirma Strand Consult in dem Report "The Market for 5G RAN in Europe: Share of Chinese and Non-Chinese Vendors in 31 European Countries" davon aus, dass Huawei-Equipment in 59 Prozent der 5G-Netze verbaut ist.

Allerdings betonen die deutschen Netzbetreiber, dass Huawei- oder ZTE-Komponenten nicht in den 5G-Kernnetzen verbaut seien. Vielmehr verwende man das Equipment nur im RAN, also dem Radio Access Network mit den Basisstationen und Funkantennen. Zudem fahren alle deutschen Netzbetreiber eine Multivendor-Strategie, um einen single point of failure zu vermeiden. So wollen sie verhindern, dass ihr Mobilfunknetz komplett ausfällt, falls einmal etwas schief läuft mit einem Software-Update eines Herstellers.

Offen bleibt auch, ob eine erneute, wenn auch verschärfte Überprüfung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wirklich zu neuen Erkenntnissen führt. Denn bereits seit 2021, so die Zeit, müssen technische Komponenten für kritische IT-Infrastrukturen vor ihrem Einsatz durch das BSI und das Innenministerium genehmigt werden. Und der Paragraph 9b des BSI-Gesetzes(BSIG) bot bereits in der Vergangenheit die Möglichkeit, den Einsatz kritischer Komponenten zu untersagen. Allerdings konnte das BSI in der Vergangenheit keine sicherheitsgefährdenden Spionage-Backdoors in 5G-Equipment von Huawei und ZTE finden.

Zu große Abhängigkeit von China?

Da 5G als Teil der kritischen Infrastruktur gilt, spielt auch die Angst vor einer zu großen Abhängigkeit von China bei der Verbotsdebatte eine Rolle.
Da 5G als Teil der kritischen Infrastruktur gilt, spielt auch die Angst vor einer zu großen Abhängigkeit von China bei der Verbotsdebatte eine Rolle.
Foto: Golden Dayz - shutterstock.com

Ein anderes Argument, das in der erneuten Diskussion über ein Verbot von Huawei- und ZTE-Equipment in den 5G-Netzen, ins Spiel gebracht wird, ist die Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von China. Dies gebe gerade angesichts der geänderten geopolitischen Weltlage Anlass zur Sorge, zumal die gestörten Lieferketten im Zuge der Corona-Pandemie gezeigt hätten, wohin eine solche Abhängigkeit führen kann. Zudem dürften die jüngsten Erfahrungen im Zuge des Ukraine-Krieges ein Rolle spielen, als Russland den Gashahn zudrehte und Deutschland als gebranntes Kind dastand.

So fordert etwa Oppositionspolitiker Jens Spahn (CDU) gegenüber der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten, "wir müssen unabhängiger von China werden und Telekommunikation ist kritische Infrastruktur". Deshalb brauche es künftig einen China-Check für alle Bereiche. Ferner, so seine Vorstellung, solle die Ampel künftig jährlich einen Bericht über Abhängigkeiten von China vorlegen und offenlegen, welche Konsequenzen sie daraus ziehen. Vor dem Hintergrund der Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von China begrüßen auch etliche Ökonomen ein mögliches Verbot von Huawei und ZTE in den 5G-Netzen.

Das machen unsere Nachbarn

In anderen europäischen Ländern wurde Huawei bereits mit einem Bann beim 5G-Ausbau belegt.
In anderen europäischen Ländern wurde Huawei bereits mit einem Bann beim 5G-Ausbau belegt.
Foto: askarim - shutterstock.com

Die erneute Diskussion um ein Aus für Huawei und ZTE in den 5G-Netzen, schlägt über die deutschen Grenzen hinaus Wellen. So berichtet Die Presse aus Wien, dass Österreich angesichts der jüngsten Diskussion in Deutschland einen Ausschluss von Huawei und ZTE aus den Mobilfunknetzen prüfe. Laut Staatssekretariat für Digitales soll sich mit der Frage ein eigenes Gremium befassen.

Während Deutschland und Österreich noch diskutieren, haben andere europäische Länder bereits Fakten geschaffen. Aufgrund der Sicherheitsbedenken der britischen Regierung muss in Großbritannien Huawei-Equipment wieder aus den Mobilfunknetzen ausgebaut werden. Defacto ist Huawei auch in den französischen 5G-Netzen verboten, denn Netzbetreiber, die entsprechendes Equipment einsetzen, laufen Gefahr, dass 2028 ihre 5G-Lizenzen nicht verlängert werden. In Schweden müssen 5G-Netzbetreiber bis 2025 Huawei- und ZTE-Ausrüstung aus ihren Netzen ausbauen. Und Italien verbot angeblich 2020 dem TK-Anbieter Fastweb, Huawei für den 5G-Ausbau zu verwenden. Unabhängig von staatlichen Interventionen haben zudem zahlreiche europäische Mobilfunkbetreiber von vornherein auf Huawei und ZTE in ihren Kernnetzen verzichtet und stattdessen auf Nokia und Ericsson gesetzt.