Die Arbeitnehmenden in Deutschland sind aktuellen Studien zufolge gestresst wie noch nie, gleichzeitig hat die Loyalität zum Arbeitgeber einen neuen Tiefstand erreicht. Und als ob das noch nicht genug ist, herrscht akuter Fachkräftemangel. IT-Stellen etwa, so meldete der Bitkom unlängst, blieben hierzulande im Schnitt fast acht Wochen vakant - ein Viertel der Unternehmen, meist kleinere Firmen, bekämen faktisch keine Bewerbungen auf ausgeschriebene Jobs.
Angesichts dieser prekären Situation, so sollte man meinen, komme der Wunsch vieler Arbeitnehmer nach einer 4-Tage-Woche, idealerweise bei gleichbleibender Bezahlung, gerade noch recht. Allerdings haben viele Führungskräfte mittlerweile erkannt, dass es Vorteile hat, die wöchentlichen Arbeitstage zu reduzieren - für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber.
Fast jedes zweite Unternehmen plant Einführung
Die Konsequenz: Laut einer Umfrage von Censuswide im Auftrag von Fiverr planen 44 Prozent der Unternehmen hierzulande die Einführung einer 4-Tage-Woche für 2024, berichtet - unter anderem - das Gründermagazin StartingUp. Befragt wurden dabei 1.000 deutsche Führungskräfte aus verschiedenen Branchen.
Etwa zwei Drittel (65 Prozent) davon wollen dabei das für Arbeitnehmer attraktivere 100-80-100-Modell nutzen, also 100 Prozent Bezahlung für 80 Prozent der Arbeitszeit und 100 Prozent Produktivität. Bei der Umsetzung planen dabei zwei Drittel von ihnen, das Unternehmen einen Tag pro Woche zu schließen. Der Rest will ein Schichtsystem einführen, um das Geschäft an allen fünf Arbeitstagen geöffnet zu lassen.
Die Entscheidung für die 4-Tage-Woche fiel dabei auf unterschiedliche Weise: Bei 38 Prozent der Firmen ist die Entscheidung das Resultat einer Mitarbeiterbefragung. In knapp einem Drittel beschloss das Management die Umstellung. Außerdem bekundeten 40 Prozent der Befragten, ihr Unternehmen wolle sich damit attraktiver für Generation Z oder Millenials machen und so angesichts des Fachkräftemangel besser positionieren.
Steigerung von Produktivität und Attraktivität
Abgesehen davon versprechen sich mehr als 6 von 10 befragten Führungskräften von der Einführung der 4-Tage-Woche eine Produktivitätssteigerung, bedingt durch:
motiviertere Mitarbeiter (34 Prozent),
die Implementierung von KI in verschiedene Prozesse (33 Prozent) sowie
die entsprechende Optimierung von Prozessen und Arbeitsabläufen (31 Prozent).
Generell sehen 98 Prozent der Umfrageteilnehmer positive Auswirkungen durch das neue Arbeitsmodell, so ein weiteres Ergebnis.
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Trotz aller positiven Effekte und Auswirkungen sind sich die befragten Führungskräfte aber auch der inhärenten Herausforderungen bei Einführung einer 4-Tage-Woche bewusst. So fürchtet gut ein Drittel, dass die verringerte Arbeitszeit bei gleichbleibenden Aufgaben zu erhöhtem Stress bei den Mitarbeitern führen könnte. Ähnlich viele Umfrageteilnehmer rechnen angesichts der gestiegenen Flexibilität mit einem erhöhten Aufwand, Anwesenheit und Tätigkeiten zu koordinieren. Eine mangelnde Anpassung der bestehenden Prozesse und Arbeitsabläufe sehen wiederum 26 Prozent kritisch.
"Unternehmen haben erkannt, dass sich die Produktivität ihrer Mitarbeiter nicht an der Arbeitszeit oder den geleisteten Stunden festmachen lässt", kommentiert Florian Müller, Country Manager DACH bei Fiverr, die Ergebnisse. Stattdessen stehe der Output der geleisteten Arbeit immer mehr im Fokus. Und auch im Kampf um Talente können Unternehmen mit Freiräumen für ihre Mitarbeiter punkten und die Bindung der bestehenden Belegschaft fördern.