Das Konzept der "intelligenten Dinge"
Surendra Reddy (Reddy, Surendra (2015): Woots: Smart Things that Can Think, Act, Learn and Talk. In: Layna Fischer (Editor): BPM Everywhere (Lighthouse Point)) entwirft ein dazu passende Konzept der "intelligenten Dinge, die denken, handeln, lernen und kommunizieren". Diesen intelligenten Dingen gibt er den Namen "Woots", als Akronym für Web Of Open Things. Er betrachtet neue digitale Fähigkeiten als mit einer eigenen spezifischen Identität, Intelligenz, Position und Präsenz ausgestattet, die auf Basis des Internets zur Selbstorganisation und Kommunikation mit anderen Dingen mit oder ohne menschliches Eingreifen fähig sind.
Um den Informationsfluss und die zugehörigen Aktivitäten zu steuern, umfassen Woots nach seiner Definition deshalb auch ein "kleines Gehirn". Es sorgt für Kontextbewusstsein, Autonomie, Geschäftsprozess-Intelligenz und Reaktivität. Ein eingebettetes Gedächtnis speichert als digitales Tagebuch eines einzelnen physischen Objekts seine Prozesserfahrungen und stellt diese Informationen anderen Geräten, Anwendungen und seiner Umgebung zur Verfügung.
Klingt nach Science Fiction - ist es aber nicht. Man muss nur an die Vielzahl intelligenter Geräte denken, die sich, permanent mit dem Internet verbunden, in unserer Umwelt ausbreiten. Vom digitalen Stromzähler, dem Heizungsthermostat, über Sensoren in unseren Straßen bis zu intelligenten Überwachungskameras. Welche dieser Bausteine in einem zukünftigen digitalen Geschäftsmodell zu kombinieren sind, damit eine neue Lösung entsteht, ist nicht vorherzusagen. Sicher ist aber, die Aufgabe der Konstruktion digitaler Lösungen erfordert, diese Woots in einem Geschäftsprozessmodell mit der technischen Implementierung zu verbinden. Nur dann entsteht ein Gesamtbild von der fachlichen bis zur technischen Lösung.
Auch bei der Modellierung digitaler Geschäftsprozesse ist das Konzept der Woots hilfreich. Für jede Aktivität innerhalb eines Geschäftsprozesses wird ein Woots Template angelegt. Es enthält die genaue Beschreibung der zukünftigen Lösung an der betrachteten Aktivität des Prozesses. Die entstehende Dokumentation hilft, Rollen und Verantwortlichkeiten zuzuordnen, Anforderungen zu priorisieren, Qualität, Kosten und Zeiten zu planen, Risiken zu analysieren und zu bewerten, Produkte und Releases zu planen und erforderliche Technologien auszuwählen. Auf diesem Weg entsteht mit überschaubarem Aufwand ein prozessbasiertes Anforderungsdokument für die individuelle Umsetzung eines Digitalisierungsprojekts.
Geschäftsprozessmodelle und "intelligente Dinge"
Hinter einem Woots verbirgt sich ein technischer Prozess als ausführende Einheit. Er ist in der Regel am Prozessablauf beteiligt. Im Hintergrund übernehmen Softwarekomponenten die eigentliche Bearbeitung des Prozesses. Durch die Abstraktion über die Geschäftsprozessmodellierung mit Woots wird die einfache Verknüpfung zum fachlichen Anwendungsszenario erst möglich.
Fachliche funktionale und nicht-funktionale Anforderungen können ebenfalls direkt am Geschäftsprozess definiert werden. Auch für Anforderungen ergibt sich durch die Trennung von den ausführenden Einheiten der Implementierung eine flexible und lose-gekoppelte Modellierung, die den gesamten Vorgang der konzeptionellen Arbeit rund um die Digitalisierung deutlich vereinfacht. In einem Erweiterungsschritt werden die modellierten intelligenten Dinge dann in einer technischen Modellierung für die Implementierung konkretisiert.
Dies umfasst sowohl die Überführung des Prozessmodells in individuelle Implementierungsmodelle einzelner technischer Lösungen wie den Entwurf übergreifender Architekturen und IT-Landschaften. Durch die lose Kopplung der verschiedenen Modellierungsperspektiven ergibt sich eine wertvolle Planungsunterlage zur Unterstützung der Umsetzung eines Digitalisierungsprojektes. Das Geschäftsprozessmanagement ist darin zentraler Baustein.