Willkommen im Siliconomy-Zeitalter

KI soll Intels Geschäfte ankurbeln

22.09.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
KI-Anwendungen sollen Intels Data-Center-Geschäft neuen Schwung verleihen. Das reicht von für KI-Workloads ausgelegte Prozessoren über Grafikbeschleuniger bis hin zu Entwickler-Tools.
Intels CEO Pat Gelsinger präsentiert auf der Innovation 2023 einen neuen 20A-Wafer. Ab 2024 will der Hersteller mit dem neuen Fertigungsverfahren leistungsstärkere PC-Chips produzieren.
Intels CEO Pat Gelsinger präsentiert auf der Innovation 2023 einen neuen 20A-Wafer. Ab 2024 will der Hersteller mit dem neuen Fertigungsverfahren leistungsstärkere PC-Chips produzieren.
Foto: Intel

Intel braucht eine Idee, um sein Data-Center-Geschäft wieder ins Laufen zu bringen. Kurz vor der Konferenz Intel Innovation 2023 im kalifornischen San Jose hatte Finanzchef David Zinsner durchblicken lassen, dass die Nachfrage in diesem Bereich offenbar langsamer anzieht als ursprünglich erwartet. Die Lagerbestände leerten sich nicht so zügig wie im allmählich wieder anziehenden PC-Segment.

Nun sollen die im Zuge von KI-Workloads immer weiter steigenden Compute-Anforderungen das Business ankurbeln. Mit den aufkommenden Generative-AI-Lösungen werde ein neues Chip-Zeitalter heraufziehen, hoffen die Verantwortlichen von Intel. dafür hat der Halbleiterhersteller eine Reihe neuer Produkte angekündigt, die speziell für die Bearbeitung von KI-Workloads ausgelegt sind.

"KI stellt einen Generationswechsel dar, der eine neue Ära globaler Expansion einläutet", sagte Intel-CEO Pat Gelsinger. "Das Computing wird eine noch wichtigere Rolle für unser aller Zukunft spielen.". Für Entwickler biete sich die Chance, Lösungen für die größten Herausforderungen der Welt zu schaffen und das Leben aller Menschen auf dem Planeten zu verbessern. Gelsinger sprach von einer "Siliconomy" - einer neuen Wirtschaftswelt, die durch eine "magische Kombination von Halbleitern und Software" befeuert werde.Folgende Komponenten sollen die Basis für Intels Siliziumzauber bilden:

  • Neue Fertigungsverfahren, die der Halbleiterhersteller sukzessive in seiner Produktion umsetzen möchte. Intel werde seinen Fahrplan einhalten, bekräftigte Gelsinger. Aktuell laufe die Volumenproduktion im Intel-7-Verfahren auf Hochtouren. Intel 4 stehe kurz vor dem Produktionsbeginn und mit Intel 3 werde der Hersteller bis Ende 2023 loslegen.
    Intel hatte sich bereits vor einigen Jahren aus dem Nanometer-(nm-)Wettrennen verabschiedet - böse Zungen behaupten, um den Rückstand zu Wettbewerbern wie AMD zu verschleiern - und eine eigene Nomenklatur eingeführt. Bei Intel 7 setzt der Hersteller auf sogenannte FinFET-Transistor-Optimierungen im 10-nm SuperFin-Verfahren. Intel 4 nutzt die EUV-Lithografie, um mit ultrakurzwelligem Licht besonders kleine Strukturen zu drucken. Der Anbieter verspricht sich davon eine Leistungssteigerung von zirka 20 Prozent pro Watt. Mit Intel 3 sollen FinFET-Technologie und EUV weiter optimiert werden. Der Hersteller erwartet eine Leistungssteigerung von etwa 18 Prozent pro Watt gegenüber Intel 4.
    Ab 2024 will der Halbleiterhersteller mit "Intel 20A" und "Intel 18A" die sogenannte Angström-Ära einläuten. RibbonFET, Intels Implementierung eines Gate-All-Around-Transistors, soll die Transistor-Schaltgeschwindigkeiten erhöhen. Mit einer neuen rückseitigen Stromversorgung namens "PowerVia" will der Hersteller zudem die Signalübertragung optimieren, indem das Power-Routing auf der Vorderseite des Wafers überflüssig wird. Gelsinger präsentierte in San Jose einen ersten 20A-Wafer sowie Testchips aus der Arrow-Lake-Prozessorreihe, die ab dem kommenden Jahr mit dem neuen Verfahren gefertigt werden sollen.

  • Intel bastelt darüber hinaus an neuen Materialien und Packaging-Techniken, um die Leistung seiner Chips zu verbessern und Moore's Law am Leben zu halten. So arbeitet der Halbleiterhersteller beispielsweise an Glassubstraten als Träger für sogenannte Chiplets. Moderne Prozessoren bestehen aus verschiedenen Chiplets, die jeweils bestimmte Spezialaufgaben übernehmen können. Intel verspricht, mit diesen Chiparchitekturen in erster Linie datenintensive Workloads rund um KI-Lösungen besser und vor allem schneller abarbeiten zu können. Mit Hilfe dieser Technologien würde Moore's Law über das Jahr 2030 hinaus gültig bleiben.

  • Neben dem Packaging arbeitet Intel auch an schnelleren Verbindungen zwischen den einzelnen Chiplets. Auf seiner Innovation-Konferenz präsentierte der Hersteller einen ersten Testchip mit Universal Chiplet Interconnect Express (UCIe). Dabei handelt es sich um einen bereits im vergangenen Jahr verabschiedeten Standard für die Verbindungen innerhalb von Multi-Chiplet-Packages. UCIe soll es erlauben Chiplets verschiedener Hersteller zu kombinieren. So sollen sich besser auf bestimmte Aufgaben zugeschnittene Chips designen und fertigen lassen. Derzeit unterstützen etwa 120 Hersteller den neuen Interconnect-Standard.

  • Intel will darüber hinaus stärker ins Geschäft mit KI-Chips einsteigen und damit Nvidia Konkurrenz machen. Gelsinger brachte dafür den speziell für KI-Workloads ausgelegten Beschleunigerchip Gaudi2 ins Spiel. Für einen neuen Supercomputer, bestückt mit Intels Xeon-Prozessoren und 4000 Gaudi2-Chips, habe sich mit Stability AI bereits ein Ankerkunde gefunden.

  • Auch das Personal Computing soll mit KI optimiert werden. "KI wird das PC-Erlebnis grundlegend verändern", sagte Gelsinger. "Wir läuten ein neues Zeitalter des KI-PCs ein." Kernstück dieser Initiative soll die CPU-Generation "Meteor Lake" werden. Diese Prozessoren werden Intel zufolge eine Neural Processing Unit (NPU) enthalten, um lokal auf PCs und Laptops KI-Anwendungen anzutreiben. Die ersten Chips aus der neuen Familie sollen Mitte Dezember dieses Jahres herauskommen.

Intel braucht die KI-Entwickler

Für eine bessere Unterstützung seiner auf KI ausgelegten Hardwarekomponenten will Intel auch die Entwickler auf seine Seite ziehen:

  • In der Intel Developer Cloud hätten Developer Zugriff auf Chips wie die neuesten Xeon-Prozessoren, Gaudi2-Beschleuniger sowie Intels Data Center GPUs aus der Max Series, um ihre KI- und High-Performance-Computing- (HPC-)Anwendungen auf Intel-Hardware zu optimieren.

  • Über das OpenVINO Toolkit können Entwickler zudem auf vortrainierte KI-Modelle zugreifen und ihre Lösungen für verschiedene Plattformen anpassen und optimieren.

  • 2024 will Intel mit dem Project Strata eine Softwareplattform an den Start bringen, mit deren Hilfe sich heterogen zusammengesetzte Infrastrukturen über das eigene Data Center bis in den Edge-Bereich steuern und betreiben lassen sollen. Neben eigener Software und vorgefertigten Building Blocks will Intel hier auch Tools von Drittanbietern anbieten.