"Der klassische Karriereweg in der IT gehört der Vergangenheit an. In Zeiten des stetigen Wandels sollten auch Entwicklungspfade individuell sein", findet Uwe Dumslaff, Geschäftsführer bei Capgemini. Die agile Projektentwicklung, also die Arbeit in interdisziplinären, selbstorganisierenden Teams, hat sich unter anderem durch steigende Anforderungen im Zuge der Digitalisierung fest etabliert.
Diese Form der Zusammenarbeit setzt aber auch in anderen Dimensionen eine gewisse Flexibilität voraus, beispielsweise in der Führungskultur oder der Personalentwicklung. Gerade im IT- und Technologiebereich, wo der Fachkräftemangel aktuell besonders deutlich wird, müssen Unternehmen umdenken. Flexible Arbeitszeitmodelle, die Raum für die Individualität von Mitarbeitern schaffen, gewinnen deshalb als Karriereoptionen an Bedeutung.
Capgemini hat dies erkannt und Angebote geschaffen. Hier können Mitarbeiter zum Beispiel eine Auszeit für private Projekte nehmen - sei es, um die Eltern zu pflegen, sich weiterzubilden oder die Fachrichtung zu wechseln. "Bei der Wahl des künftigen Arbeitgebers spielt Flexibilität im Arbeitsleben eine entscheidende Rolle", betont Dumslaff. "Die Win-win-Situation liegt auf der Hand: Wir haben weniger Nachwuchssorgen, profitieren von den neugemachten Erfahrungen, und die Mitarbeiter sind zufriedener", so sein Fazit.
Das ganze Team trägt Projektverantwortung
Um besser auf die unterschiedlichen Lebensphasen der Mitarbeiter eingehen zu können, hat sich das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen im Dezember 2015 mit dem Audit "berufundfamilie" zertifizieren lassen. Damit verpflichtet es sich, in den nächsten drei Jahren 19 selbstgewählte Ziele, wie beispielsweise ein Kontakthalte- und Wiedereinstiegsprogramm nach familienbedingten Auszeiten, einzuhalten. Um dem Thema Agilität ganzheitlich zu begegnen, hat Capgemini es zudem in seinem Leadership-Profil verankert. Ziel ist es, Teams interdisziplinär aufzustellen und die Verantwortung für ein Projekt auf das ganze Team zu übertragen, anstatt allein auf einzelne Führungskräfte. Diesen Ansatz gilt es dann auch in Karriereoptionen umzumünzen, die Raum für Rollenwechsel zwischen verschiedenen Laufbahnen lassen.
"Neben der Agilität wird in unserem Unternehmen die thematische Mobilität immer wichtiger", so Stefan Sack, Leiter des Agile & DevOps-Kompetenzteams. "Wir versuchen unsere Mitarbeiter noch stärker als früher mit einer Breite von Kompetenzen und Erfahrungen auszustatten, um ihnen das Rüstzeug für die ständigen Veränderungen mitzugeben."
Laufbahnwechsel als Karriereoption
Lukas Birn ist ein Beispiel dafür, wie bei Capgemini aus dieser Theorie bereits gelebte Praxis wird. Nach seinem Maschinenbau-Studium arbeitete der IT-Experte zehn Jahre als Produktmanager für einen Softwareanbieter. Irgendwann wollte er die andere Seite, nämlich das Projektgeschäft, kennenlernen. Bei Capgemini bekam er die Möglichkeit, sich inhaltlich weiterzuentwickeln und mehrere Jahre als Projektmanager tätig zu werden. Darauf aufbauend wechselte er schließlich in die noch stärker inhaltlich orientierte Rolle eines Business- Analysten. Ein klassischer Laufbahnwechsel, der bei Capgemini fester Bestandteil der individuellen Entwicklungsmöglichkeiten ist.
Genau dieser Raum für Veränderung ist Lukas Birn besonders wichtig: "Ich habe vielfältige Interessen und möchte nicht nur auf ein Thema festgelegt sein. Für mich gehört Wandel zum Wesen eines Dienstleisters, und deshalb sollte ein Unternehmen interdisziplinäre Wechsel fördern." Wichtig sei dabei, dass der Mitarbeiter gemeinsam mit den Verantwortlichen herausfindet, wohin er am besten passe. "Schließlich sollen beide von der Veränderung profitieren", betont Lukas Birn.
- Ohne Plan
Die Deutsche Universität für Weiterbildung (DUW) hat vom Meinungsforschungsinstitut Forsa mehr als 1.000 deutsche Arbeitnehmer nach ihren Karriere-Plänen befragt. 56 Prozent planen demnach ihren Berufsweg überhaupt nicht. Sie geben an, ihre Ziele entweder schon erreicht zu haben, nicht an die Planbarkeit einer Karriere zu glauben - oder, nicht genug Ehrgeiz zu verspüren. - Ada Pellerts Tipps für Planer
Bleiben laut Umfrage 43 Prozent der Arbeitnehmer, die ihre Karriere planen wollen. Nach den Worten von Dr. Ada Pellert, Präsidentin der DUW, sollten sie sich fünf Fragen stellen. Diese finden Sie auf den folgenden Seiten. - Wo sehe ich mich in zwei bis fünf Jahren?
Ada Pellert: "Versuchen Sie, sich möglichst plastisch vorzustellen, was Sie erreichen möchten: Wünschen Sie sich zum Beispiel die Leitung eines Teams, den Sprung ins Ausland, möchten Sie Verantwortung abgeben oder eine völlige berufliche Neuorientierung wagen? Je konkreter das Ziel, desto leichter ist es, Etappenziele zu definieren und einzuhalten." - Passt das Karriereziel zu meiner Lebensplanung?
"Karriere bedeutet für uns heute etwas anderes als noch vor 20 Jahren. Wir erwarten, dass der Job in unser Leben passt und streben in allen Lebensbereichen Sinnhaftigkeit an. Überlegen Sie, ob das Karriereziel tatsächlich in Ihr Leben passt und welche Herausforderungen hier eventuell zu überwinden sind", sagt Ada Pellert. - In welchen Schritten kann ich das Ziel erreichen?
"Überlegen Sie, wie Sie dem Ziel Schritt für Schritt näher kommen", führt Ada Pellert aus. "Bleiben Sie realistisch, und planen Sie auch Umwege ein – moderne Karrierewege sind in den seltensten Fällen geradlinig. Auch wichtig: Feiern Sie Teilerfolge, seien Sie stolz auf sich – das motiviert." - Welche Kompetenzen brauche ich?
"Versuchen Sie herauszufinden, welche Fähigkeiten Sie für Ihr Karriereziel benötigen. Es gibt unglaublich viele Weiterbildungsangebote und Lernquellen – on- und offline. Suchen Sie die passenden für sich heraus, und bleiben Sie so auf dem Laufenden", empfiehlt Ada Pellert. - Wer kann mich auf dem Weg unterstützen?
Ein weiterer Rat von Ada Pellert: "Nur wer netzwerkt, kommt im Job voran – in Zukunft mehr denn je. Wichtige Unterstützer sind Chefs, TeamleiterInnen und Kollegen. Auch Coaches und andere berufliche Kontakte können wichtige Impulse liefern. Familie und Freunde sollten Sie auch mit ins Boot holen – das soziale Umfeld kann Ihnen gerade in schwierigen Situationen den Rücken stärken."
Auch Marleen Thüringer liegt viel an ihrer flexiblen Karriereplanung. Sie arbeitet seit vier Jahren als Softwareingenieurin bei Capgemini und hat ihre Fähigkeiten auf unterschiedlichen Gebieten ausbauen können. Heute trägt sie die fachliche Verantwortung für ein Projekt im Automotive-Umfeld. "Ich möchte mich nicht nur thematisch, sondern auch persönlich weiterentwickeln", betont die Ingenieurin. Deshalb macht sie berufsbegleitend ihren Bachelor in Kunst- und Gestaltungstherapie. "Die Kombination von Kunst und Psychologie hat mich schon immer fasziniert", sagt sie. "Kunsttherapie kann helfen, Potenziale sichtbar zu machen, neue Verarbeitungs- und Ausdrucksformen zu finden, sich selbst ein Stück besser kennenzulernen und unbewusste Verhaltensmuster zu erforschen und zu lösen."
Kompetenzen wie Eigenverantwortung, Einfühlungsvermögen, Zuversicht und Ausdauer, die sie in der kunsttherapeutischen Arbeit entwickelt, kann sie sowohl auf ihr Privatleben, als auch auf den Beruf übertragen. Konkret bringt sie ihr Wissen zum Beispiel auf dem Gebiet der Burnout-Prävention ein. Um Zeit für die Weiterbildung zu haben, hat Thüringer ihre Arbeitszeit für eine Weile reduziert. Die Projektarbeit in Teilzeit funktioniert sehr gut: "Wir sind ein eingespieltes Team, und jeder bekommt den Umfang an Aufgaben, den er in seiner Arbeitszeit bewältigen kann." (pg)