Die deutsche Digitalbranche blickt optimistisch in das neue Jahr. Ungeachtet aller Krisen rund um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, gestörte Lieferketten und die weiterhin hohe Inflation rechnet der Digitalverband Bitkom mit wachsenden Geschäften. Erstmals soll der Umsatz die 200-Milliarden-Euro-Grenze überwinden. Der Verband erwartet für die hiesigen Anbieter von IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik im laufenden Jahr ein Umsatzplus von 3,8 Prozent auf 203,4 Milliarden Euro. Damit schwächt sich das Wachstum leicht ab: 2022 konnten die Anbieter ihre Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent von 188,6 auf 196,1 Milliarden Euro steigern.
Wachstumstreiber ist und bleibt der Teilmarkt Informationstechnik. Mit IT werden der Bitkom-Prognose zufolge im laufenden Jahr 126,4 Milliarden Euro umgesetzt - ein Plus von 6,3 Prozent im Vergleich zu 2022. Am stärksten sollen dabei die Erlöse mit Software zulegen (38,8 Milliarden Euro; plus 9,3 Prozent).
Das Hardware-Segment soll um 5,3 Prozent auf 39,7 Milliarden Euro wachsen, wobei vor allem Wearables, Security Appliances und Server gefragt sind. Das Geschäft mit Desktop-PCs (2,6 Milliarden Euro, minus 1,6 Prozent) und Laptops (6,4 Milliarden Euro, minus 3,4 Prozent) wird sich der Prognose zufolge weiter rückläufig entwickeln. Bei den Umsätzen mit IT-Services rechnen die Verbandsverantwortlichen für 2023 mit einem Plus von 4,7 Prozent auf 47,8 Milliarden Euro. Das Projektgeschäft sei zumeist langfristig angelegt und weniger stark von Konjunkturschwankungen beeinflusst, hieß es.
Schwierige Geschäfte mit Unterhaltungselektronik
Die anderen beiden Segmente Telekommunikation und Unterhaltungselektronik hinken dem IT-Sektor hinterher. Im TK-Markt rechnet der Bitkom für 2023 nur mit einem leichten Wachstum von 0,8 Prozent auf 69,5 Milliarden Euro. Das liegt vor allem am stagnierenden Geschäft mit Telekommunikationsdiensten, das mit 49,7 Milliarden Euro den Löwenanteil in diesem Bereich ausmacht.
In der Unterhaltungselektronik droht nach einem zwischenzeitlichen Aufschwung zu Beginn der Corona-Pandemie nun das dritte Minus-Jahr in Folge. Der Bitkom rechnet für 2023 mit einem Umsatz von 7,6 Milliarden Euro - ein Minus von 7,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gründe dafür seien die hohe Inflation und die wirtschaftliche Unsicherheit, hieß es. Viele Menschen hielten ihr Geld zusammen und verzichteten gerade hier auf größere Anschaffungen.
Mehr als nur eine digitale Schippe drauflegen
Die Verbandssprecher mahnen trotz der soliden Wachstumsraten im IT-Sektor, in den Digitalisierungsbemühungen nicht nachzulassen. "Digitalisierung ist die Antwort auf die multiplen Krisen unserer Zeit", sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. Digitalisierung mache eine Volkswirtschaft resilienter, helfe bei globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel und erleichtere das Leben der Menschen - in der Gesundheitsversorgung ebenso wie etwa im Bildungsbereich oder im Bereich Mobilität. "Wir müssen die Digitalisierung in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft verstärken und sollten mehr als nur eine Schippe drauflegen. Wir brauchen eine echte digitalpolitische Zeitwende."
Um das zu erreichen, sieht Berg vier Ziele für die deutsche Digitalpolitik im Jahr 2023 und darüber hinaus:
Der Staat muss handlungsfähig bleiben und digital funktionsfähig werden.
Daten müssen gezielt genutzt werden.
Deutschland muss sich digital souverän und sicher aufstellen, in den Infrastrukturen ebenso wie in den Unternehmen und den Privathaushalten. Dazu müssen einseitige Abhängigkeiten in den internationalen Handelsbeziehungen beendet werden.
Das strukturelle Fachkräfteproblem mit bereits heute 137.000 fehlenden IT-Expertinnen und -Experten muss gelöst werden. 2023 soll die Beschäftigtenzahl im deutschen ITK-Sektor um 3,4 Prozent auf 1,352 Millionen steigen.