Mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 11,9 Prozent im vergangenen Geschäftsjahr schnitten die von der Lünendonk & Hossenfelder GmbH analysierten IT-Dienstleister 2018 überraschend gut ab. Noch vor einem Jahr hatten sie eine etwas schwächere, aber immer noch sehr gute Prognose von im Schnitt 11,6 Prozent Wachstum abgegeben. Für 2019 und 2020 sind die Unternehmen erneut vorsichtig: Der Zuwachs soll bei 10,6 beziehungsweise 10,8 Prozent liegen. Ab 2021 hoffen die Dienstleister dann wieder auf ein etwas stärkeres Wachstum.
Worauf ist die gegenwärtige Vorsicht in den Prognosen zurückzuführen? Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder, nennt erwartbare Gründe wie Konjunktureintrübung, Fachkräftemangel und den auflebenden Trend zum Insourcing: Viele Unternehmen überlegen im Zuge der Digitalisierung neu, was sie Dienstleistern anvertrauen wollen. "Manche Unternehmen kommen aber auch mit ihrer Digitalisierung schlicht nicht so voran, wie sie sich das vorgestellt hatten", so Zillmann. "Gerade der agile Umbau bereitet ihnen Probleme."
Die Lünendonk-Liste 2019
Lünendonk hatte anlässlich der Präsentation einige IT-Dienstleistungsunternehmen eingeladen, die ihre Kommentare zu den Marktentwicklungen abgaben. So bestätigte Ronald Geiger, Geschäftsführer von Sycor, die Beobachtungen Zillmanns: "Viele Innovationsprojekte materialisieren sich noch nicht so, wie vor drei bis vier Jahren gedacht." Insbesondere in Sachen Skalierung stoßen die Betriebe demnach an Hindernisse.
Lünendonk legte auch einmal mehr das Ranking der größten IT-Dienstleister in Deutschland vor. Accenture ist demnach der ungekrönte König im IT-Servicemarkt: Das US-Unternehmen wuchs hierzulande 2018 auf ein Umsatzvolumen von 2,25 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor waren exakt zwei Milliarden Euro eingenommen worden. Hierzulande schneidet kein IT-Dienstleister im Geschäft mit Beratung und Systemintegration besser ab.
Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen T-Systems, IBM, Capgemini und NTT Data. Unter den mittelständischen IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen, deren Einnahmen unter 500 Millionen Euro liegen, liegt die MHP GmbH aus Ludwigsburg an der Spitze. Es folgen GFT, adesso, ESG und Materna.
Die Statistik der Branchen, die den Dienstleistern die meisten Einnahmen bescheren, zeigt Industrieunternehmen mit 33,8 Prozent vom gesamten Kuchen klar an der Spitze. Innerhalb dieser Gruppe ist die Automobilindustrie mit Abstand der führende Auftraggeber, es folgen Maschinenbau sowie Chemie und Pharma. Ebenfalls spendabel sind die Finanzdienstleister mit 25,2 Prozent, wenngleich ihr Anteil am Kuchen - vermutlich aufgrund der Schieflage einiger großer Institute - ein wenig geschrumpft ist. Mit einem Umsatzanteil von 9,5 Prozent nimmt die öffentliche Hand den dritten Rang auf dem Podium ein.
Dienstleister im Wandel
Welche Veränderungen zeigen sich im Zuge des digitalen Wandels im Dienstleistungsgeschäft? Dieter Loewe, Chief Client Officer und Geschäftsführer von NTT Data, hat eine klare Meinung: Da IT in vielen Unternehmen zu einer Kernkompetenz geworden sei, täten sich Anwender mit der Auslagerung geschäftskritischer Aufgaben viel schwerer. Insourcing liege durchaus im Trend, außerdem, so Loewe, wandelten sich die erfolgreichen Serviceanbieter: "Sie werden Cocreation-Dienstleister, die reine Support-Funktion von außen ist immer weniger gefragt."
Rüdiger Azone, CEO von Pentasys, bestätigt diesen Trend, führt aber aus, dass durch die Digitalisierung das Aufgabenspektrum dennoch wachse. Er unterstreicht das mit einem Hinweis auf die Automotive-Branche, wo IT- und Engineering-Dienstleistungen immer mehr zusammenwüchsen. Mehrfach fiel in den Diskussionen das Beispiel von Capgemini: Die Nummer vier unter den Dienstleistern positioniert sich mit der Übernahme von Altran, einem ebenfalls französischen Spezialisten für Engineering Services, exakt für diesen neu entstehenden Markt.
Lünendonks Statistiken basieren auf den Angaben von 58 IT-Beratungshäusern. Befragt nach den großen Trends, gaben diese an, dass sich das Interesse der Kunden an agiler Anwendungsentwicklung noch einmal deutlich verstärkt habe. Hohe Priorität genießt demnach auch die Integration digitaler Lösungen in die Backend-IT, die Cloud-Orchestrierung (Stichwörter sind Hybrid und Multi Cloud), Big Data Analytics und - mit einem besonders kräftigen Anstieg - Künstliche Intelligenz. Auch digitale Kundenschnittstellen stehen auf der To-do-Liste, ebenso der Dauerbrenner IT-Sicherheit und Datenschutz.
Blockchain im Anmarsch?
Viele Dienstleister richten sich zudem auf eine starke Nachfrage im Bereich Microservice-Architekturen und APIs, IoT-Lösungen, S/4HANA-Migration, und Datenqualität beziehungsweise Stammdaten-Management ein. Außerdem wächst das Interesse an Robotic Process Automation (RPA) und an Blockchain. Die Distributed-Ledger-Technologie stecke aber noch in der unteren Phase des Hypecycles, dem "Tal der enttäuschten Erwartungen", und die nächsten Monate und Jahre würden zeigen, was von dem Hype übrigbleibt.
Einen Trend, der sich bereits im vergangenen Jahr angedeutet hatte, sehen die Marktforscher nun als bestätigt an: IT-Dienstleister generieren einen wachsenden Anteil ihrer Einnahmen aus der Beauftragung durch Fachabteilungen und nicht der Corporate IT. 34 Prozent hatte der Anteil 2017 betragen, bereits 38 Prozent waren es im vergangenen Jahr. Da Business und IT zusammenwachsen, halten die Dienstleister diesen Trend für folgerichtig: "Die Differenzierung Fachbereich und IT wird es in ein paar Jahren wahrscheinlich gar nicht mehr geben", sagte NTT-Data-Manager Loewe.