Mehrere Entwicklungen machen derzeit den Retail-Banken zu schaffen. Zum einen, so Alexander Mädche, Wirtschaftsinformatikprofessor an der Universität Mannheim, verursachen neue Geschäftsmodelle im Internet einen steigenden Wettbewerbs- und Innovationsdruck. Dieser wird durch die zunehmenden regulatorischen Anforderungen verschärft. Zum anderen verfügen die meisten Finanzinstitute über heterogene IT-Landschaften, die zu schwerfällig sind, um auf die neuen Marktanforderungen zu reagieren und laufend innovative Bankenprodukte umzusetzen.
Hinzu kommt, dass es vielen Banken an qualifizierten IT- und speziell SAP-Beratern mangelt. So stellt Stefan Schmidt, einer der Firmengründer des international tätigen SAP-Partners b2tec, eine Überalterung der Bankenmitarbeiter fest, die sich mit SAP-Systemen auskennen. Mit der globalen Verbreitung von SAP-Bankensoftware sei gerade in den BRIC-Staaten ein Mangel an SAP-Bankenberatern spürbar, der sich durch die am Arbeitsmarkt existierenden Experten längst nicht decken lässt.
Der nun an der Universität Mannheim entwickelte SAP-Kurs soll den Nachwuchs mit den Möglichkeiten vertraut machen, die eine Standardplattform wie SAP für Retail-Banken leisten kann. Er wendet sich vor allem an Studierende der Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, die in einer viermonatigen Veranstaltungsreihe theoretische und praktische Kenntnisse über Enterprise Systeme im Retailbanking erhalten.
b2tec, seit mehr als zehn Jahren als SAP-Beratungs- und -Softwareunternehmen für Banken aktiv, steuert das praktische Wissen bei, wie sich diese Prozesse in der SAP-Welt abbilden lassen. Dazu gehört eine Einführung in die Modulwelt der aktuellen Version 8.0 der SAP-Lösung für das Kernbankengeschäft, in mögliche Architekturkonzepte und in die Integration weiterer Funktionen, etwa zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs oder zur Erstellung von Jahresendbescheinigungen für das Finanzamt. b2tec hat dazu die entsprechenden Schulungsunterlagen von SAP auf die Anforderungen des Curriculums zugeschnitten und lässt die Studierenden zusätzlich an einem SAP-Bankensystem üben, das vom University Competence Center an der Technischen Universität München betrieben wird. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen dabei, wie sie die Bankenprodukte selbst anlegen, entwickeln und Zahlungsverkehrsthemen abwickeln.
Am ersten Kurs, der von März bis Juni dieses Jahres stattfand, nahmen rund 40 Studierende teil, die zu je einem Drittel aus Lateinamerika, Asien und Europa kamen - für die erste Veranstaltung eine hervorragende Quote. Den Abschluss bildeten eine schriftliche Prüfung und so genannte Design Thinking Innovation Cases, in die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kreative Ideen für neue Bankenprodukte auf Basis der Standardplattform konzipierten.
Die Universität Mannheim plant, das SAP Banking Curriculum zusammen mit b2tec und SAP fortzusetzen; nächster Veranstaltungstermin wird das Frühjahrsemester 2014 sein. Dabei wollen die Initiatoren verstärkt auch das Thema SAP HANA einbinden. Damit noch mehr angehende Fachkräfte von dem neuen Lehrangebot profitieren können, werden die Kursunterlagen darüber hinaus dem SAP University Alliances Programm zur Verfügung gestellt. Dieses bietet Lehrenden und Studierenden international Zugang zu den neuesten SAP-Technologien. Weltweit versorgen die University Alliances derzeit mehr als 1300 Hochschulen und Schulen mit insgesamt 270.000 Studierenden mit Informationen. Die Hochschulen können das SAP Banking Curriculum als Rahmenwerk nutzen, um ihren Nachwuchs auf die neuen Aufgaben im Retailbanking vorzubereiten.
Viel Pionierarbeit
"Bislang gibt es kein Curriculum im Retail-Banking, das Management-, Prozess- und SAP-Technologiewissen in theoretischen und praktischen Lehrblöcken kombiniert." Mädche ist sicher, dass der Kurs dazu beiträgt, Banken und IT weiter zu verschmelzen, weil vielen Finanzinstituten der Sprung in eine standardisierte Prozess- und Systemwelt noch bevorsteht.
Für b2tec-Firmenmitgründer Stefan Schmidt würde die internationale Verbreitung des Curriculums die Chance bedeuten, möglichst viele junge Fachkräfte für einen Bereich heranzubilden, der hohe Anforderungen stellt: "Meine langjährige Projekterfahrung im Core Banking zeigen, dass die Prozess- und IT-Berater der Banken deutlich mehr Stress ausgesetzt sind als die anderer Branchen." Ständige Flugreisen und damit verbundene Zeitumstellungen, laufend veränderte Projektparameter zerren ebenso an den Nerven der Mitarbeiter wie die komplexen Strukturen im Bankenwesen.
- Tipps für den Umstieg auf SAP Business One 9.0
Die Migration bedeutet eine ganze Reihe von Änderungen. Gleichzeitig ist sie eine Gelegenheit, Systeme und Strategie mal wieder zu prüfen. - Lagerplätze
Ein besonderes Augenmerk sollte im Planungsprozess auf die Lagerplätze gelegt werden. Sie müssen definiert und fixiert werden, damit die optimale Ausnutzung von vorhandenen Lagerkapazitäten durch die „chaotische Lagerführung“ überhaupt möglich wird. - Maß- und Mengeneinheiten
Release 9.0 bietet nun auch die Möglichkeit, Maß- und Mengeneinheiten bei Artikeln für den Ein- und Verkauf festzulegen. Hier sollten die Anwender aber genau hinschauen und prüfen, ob dieses Feature in ihren Geschäftsmodellen eigentlich sinnvoll ist oder nicht. - Compliance-Vorgabe
Die gesetzlichen Vorgaben wie SEPA, E-Bilanz oder Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) erfordern einige Vorarbeit: Neben inhaltlichen Voraussetzungen müssen auch organisatorische, technische und fachliche Anforderungen im Vorfeld geklärt werden. - Anlagenbuchhaltung
Die Prozesse der Anlagenbuchhaltung sind in Business One 9.0 komplett neu gestaltet. Dieser grundsätzliche Charakter der Änderung macht es notwendig, hierfür ein separates Migrationsprojekt zu planen, das sich am Zeitpunkt des Jahresabschlusses orientiert. - EDI-Integration und Edifact
Das neue Release unterstützt den elektronischen Datenaustausch mit Kunden und Lieferanten. Darauf muss die vorhandene Datenbasis vorbereitet werden. Es gilt zu prüfen, ob es sich um eine der zentralen Anforderungen für den Release-Wechsel hndelt, oder ob eher ein nachgelagertes EDI-Projekt sinnvoll ist. - Prozesse und Altsysteme
Das bestehende System muss auf Abhängigkeiten von bereits ausgeführten Modifikationen untersucht werden. Dasselbe gilt für die vorhandenen Datenstrukturen und Prozesse. Visualisierungstechniken helfen hier, sich einen Überblick zu verschaffen. - Unternehmensanalyse
Im Rahmen der Untersuchung lassen sich organisatorische Besonderheiten und Schwerpunkte identifizieren, die von dem Release-Wechsel besonders betroffen sind. - Datenqualität
Mit den neuen Funktionen gehen teilweise gravierende Veränderungen in der Datenstruktur einher. Die machen eine Anpassung der Altsysteme beziehungsweise Drittanwendungen notwendig. Darin liegt eine Chance, die ergriffen werden sollte, um die Qualität der Daten zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern. - Autarkes Testsystem
Auf diese Weise kann das neue Release vor seinem Live-Betrieb ausführlich auf Funktionen und Prozesse getestet werden. An diesern Tests sollten auch die Key User des Unternehmens teilnehmen. „Die Komplexität des Release-Wechsels erfordert auch, dass der nachfolgende Support vom Projektberater wahrgenommen wird“, hebt Lembgen abschließend hervor.