So bewerten Sie die Situation

IT-Konsolidierung mit Nebenwirkungen

20.03.2017
Von  und


Axel Keller ist Management Consultant bei Cassini und spezialisiert auf die IT-Programm- und Projektsteuerung sowie IT-Governance. Sein Fokus liegt  auf dem öffentlichen Sektor sowie auf  Banken und Versicherungen. 

 
Jan Alexander Linxweiler ist Senior Consultant bei PD – Berater der öffentlichen Hand. Er fokussiert die Themen Organisationsentwicklung und Datenschutz aus einer strategischen wie organisatorischen Perspektive.

Das Indikatoren-Modell als Entscheidungsgrundlage

Das nachfolgend beschriebene Indikatoren-Modell soll dazu dienen, die Entscheidung für oder gegen eine IT-Konsolidierung in einem konkreten Fall sachgerecht treffen zu können. Dazu ziehen wir fünf Indikatoren heran, die es in ihrer Bedeutung für die jeweilige Organisation einzuschätzen gilt:

  1. Innovationsnotwendigkeit: Handelt es sich um IT-Funktionen mit kurzen Innovationszyklen, ist anzunehmen, dass diese nach einer IT-Konsolidierung gegebenenfalls nicht mehr abbildbar sind beziehungsweise einer Standardisierung entgegenstehen.

  2. Fachlich geprägte Funktionalität:Wenn es ein hohes Maß an fachlichem Know-how in den IT-Funktionen gibt, ist deren Nähe zu eben diesen Fachexperten unerlässlich. Im Ergebnis kann eine IT-Konsolidierung aber dazu führen, dass diese Nähe nicht mehr gegeben ist.

  3. Flexibilität in Entwicklung und Bereitstellung: Wenn IT-Funktionen flexibel entwickelt und bereitgestellt werden müssen, besteht die Gefahr, dass diese Beweglichkeit durch eine IT-Konsolidierung verlorengeht.

  4. Spezifische Nutzergruppen:Handelt es sich lediglich um eine spezifische Zielgruppe, wird sie tendenziell eher klein sein. In solch einem Fall kann eine IT-Konsolidierung kaum zu positiven Skalierungseffekten führen.

  5. Bedarfskontinuität:Wenn die Nutzerzahlen stabil und die Ressourcen bereits allokiert sind, ergibt sich kaum die Notwendigkeit für eine Skalierung. Auch dann ist gegebenenfalls die Fortsetzung des bestehenden Betriebs sinnvoller als eine Konsolidierung.

Beispiele für eine erste Konsolidierungs-Einschätzung anhand des Indikatoren-Modells.
Beispiele für eine erste Konsolidierungs-Einschätzung anhand des Indikatoren-Modells.
Foto: Cassini Consulting

Vorgehen und Auswertung

Im Indikatoren-Modell lässt sich die Relevanz der genannten fünf Dimensionen beurteilen, indem man ihnen einen Wert zwischen 0 und 5 zuweist. Sollten einzelne Indikatoren stark ausgeprägt sein (wie es in der Grafik beim Konsolidierungsgegenstand 1 durchgehend der Fall ist), besteht weiterer Untersuchungsbedarf. Erst tiefergehende Analysen werden in solch einem Fall abschließend klären können, ob eine Konsolidierung wirklich sinnvoll ist oder nicht. Die Indikatoren weisen hier auf Risiken hin: Eine Konsolidierung könnte zur Bremse der IT-Entwicklung werden, und es wäre gegebenenfalls besser, die betroffenen IT-Funktionen weiterhin dezentral zu entwickeln und zu betreiben.

Eine erste Bewertung der fünf Dimensionen im Indikatoren-Modell erfolgt idealerweise zweifach, aus verschiedenen Perspektiven: einmal aus Sicht der potenziell zu konsolidierenden IT und einmal aus Sicht der Ziel-IT-Verantwortlichkeiten. Wenn die Einschätzungen zu den einzelnen Indikatoren aus diesen beiden Perspektiven heraus stark differieren, ist das ein Hinweis auf weiteren Analysebedarf. Erst nach einer ersten Risikoeinschätzung mithilfe des Indikatorenmodells und gegebenenfalls nach einer tiefergehenden Analyse - ist eine sachgerechte Entscheidung möglich, ob die IT-Konsolidierung sinnvoll ist. Diese Ergebnisse lassen sich auch für strategische Überlegungen mit Blick auf die IT nutzen. Sie geben Hinweise darauf, ob die Ausrichtung der IT mit der grundsätzlichen strategischen Ausrichtung der Organisation übereinstimmt.

Unerwünschte Nebenwirkungen verhindern

IT-Konsolidierung ist für viele Unternehmen und auch in der öffentlichen Verwaltung ein wichtiges und sinnvolles Instrument, wenn es darum geht, Synergien und Skaleneffekte zu nutzen und Kosten zu senken. Dennoch kann es unangenehme Folgen haben, kritiklos diesen Weg zu gehen. Die Konsolidierung ist kein Allheilmittel, und es gilt, alle Auswirkungen zu durchdenken. Es ist wichtig, sich über die Konsequenzen in jedem konkreten Fall im Klaren zu sein und auch die konzeptionelle Vereinbarkeit mit der Unternehmensstrategie zu prüfen. Hier gestattet das Indikatoren-Modell eine erste Bewertung. Es hilft, einen sinnvollen Umfang zu bestimmen und insbesondere Einschränkungen zu identifizieren. Auf dieser Grundlage wird eine IT-Konsolidierung tatsächlich die beabsichtigten Effekte entfalten - ohne unerwünschte Nebenwirkungen.