Freelancer-Markt

IT-Freiberufler – diese Fakten sollten Sie kennen

08.04.2020
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Der IT-Freiberufler ist im Schnitt 45, arbeitet 14 Jahre selbstständig und verdient 75 Euro die Stunde. Mehr Marktanalyse von freelance.de lesen Sie hier.

Die Mitarbeiter der Münchner Online-Plattform für Selbständige Freelance.de haben die Profile ihrer über 151.000 freiberuflichen Kandidaten genauer analysiert. Das Ergebnis ist ein recht transparentes Bild - vor allem unter demografischen Aspekten. Die Bandbreite der in der Freelance.de-Datenbank erfassten Freiberufler reicht von Ingenieuren über Dolmetscher und Kommunikationstrainer bis hin zu Management-Beratern. Der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf den IT-Experten, die rund 60 Prozent ausmachen.

Die erste gute Nachricht - vor allem für die Auftraggeber - gleich vorneweg: Der durchschnittliche Freiberufler ist mit 45 Jahren im besten leistungsfähigen Alter. Mit anderen Worten: Er verfügt bereits über genug Berufserfahrung und ist noch lange nicht alt genug, um sich mit Ruhestandsgedanken zu befassen. Ferner dürfte eine weitere Zahl die Auftraggeber erfreuen, denn mit 14 Jahren durchschnittlicher Berufserfahrung haben die Selbständigen schon einiges gesehen und erlebt. Die Mehrheit der Freelancer, so die Studie, bringt es auf neun Jahre Berufserfahrung.

IT-Freiberufler werden jünger

Sehr aufschlussreich ist eine weitere Erkenntnis der Auswertung. Freelance.de hat das Alter derjenigen, die schon seit Jahren in der Datenbank angemeldet sind, mit denjenigen verglichen, die sich 2019 neu registriert haben. Bei den Neuanmeldungen beträgt der Altersdurchschnitt 41 Jahre, sprich der IT-Markt ermutigt auch zunehmend jüngere Menschen, den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen. Frauen sind, um das Bild abzurunden, laut freelance.de-Statistik im Durchschnitt zwei Jahre jünger.

Ferner wollten die Analysten des Münchner Freelancer-Marktplatzes wissen, in welchem Verhältnis die freiberufliche Projekterfahrung zur Berufserfahrung in Festanstellung steht. Hier sagt die Statistik, dass fast die Hälfte der Selbständigen fünf bis acht Jahre Projekterfahrung mitbringt, und immerhin ein Viertel seit über 15 Jahren als Freelancer arbeitet. Das heißt, viele sind mit dem Berufsleben in Festanstellung vertraut. Im Durchschnitt wurde die Hälfte des Berufslebens als "Lohnabhängiger" und die andere als Freelancer zugebracht.

Die zweite gute Nachricht für Auftraggeber - vor allem, die global tätig sind - bezieht sich auf die Reisetätigkeit der Freelancer. Immerhin 41 Prozent davon sagen, dass sie weltweit einsetzbar sind, 20 Prozent "nur" europaweit und rund 20 Prozent im deutschsprachigen Raum. Allerdings gibt auch fast ein Fünftel an, den Wohnort nicht verlassen zu wollen. 88 Prozent beherrschen die englische Sprache, sind also auf jeden Fall für das internationale Geschäft gut geeignet.

IT Freelancer - Studienabschluss willkommen

Das Thema Ausbildung lässt sich unter zwei Aspekten interpretieren: Einerseits gibt fast die Hälfte der Freelancer an, ein Studium absolviert zu haben. Weitere 32 Prozent machen keine Angaben, es ist aber davon auszugehen, dass sich auch darunter einige Hochschulabsolventen befinden. Eine gute Ausbildung hilft jedenfalls, sich in der Selbständigkeit zu bewähren.

Stefan Oberdörfer: Freiberufler, die sich neu bei Freelance.de registrieren, fordern mehr als die "Alteingesessenen". Wer sich beispielsweise im vergangenen Jahr anmeldete, gab im Durchschnitt einen Stundensatz von 91 Euro an.
Stefan Oberdörfer: Freiberufler, die sich neu bei Freelance.de registrieren, fordern mehr als die "Alteingesessenen". Wer sich beispielsweise im vergangenen Jahr anmeldete, gab im Durchschnitt einen Stundensatz von 91 Euro an.
Foto: Oberdörfer - freelance.de

Richtig ist aber auch, dass 18 Prozent "nur" eine Ausbildung vorweisen. Das heißt, dass die Ausbildung ein gutes Sprungbrett in die Selbständigkeit vor allem für Praktiker ist, für "Bastler", für Mädchen und Jungen, die schon in ihrer Schulzeit gerne programmiert, aber weniger Lust auf den Schulstoff hatten - davon soll es einige geben. Nicht wenige Personaler halten viel von dieser Klientel, vor allem in mittelständischen Softwarehäusern. Sie sind oft auch diejenigen, die zunächst wenig Chancen haben, in einem großen Unternehmen unterzukommen, den zumindest in ihren Stellenanzeigen machen über 80 Prozent dieser Arbeitgeber ein Studium zur Bedingung, um als IT-Experte beschäftigt zu werden.

Nicht überraschen dürfte, dass die meisten Freiberufler ihren Wohnort in den beiden bevölkerungsreichsten Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen angeben - jeweils um die 20 Prozent. Es folgen Baden-Württemberg mit 13 Prozent und Hessen mit 11 Prozent. In Berlin, der Startup-Hochburg, sind es immerhin neun Prozent. Mau sieht es hingegen in den östlichen Bundesländern aus. Hier liegt der Anteil jeweils nur bei einem Prozent. Gleiches gilt im Westen für den Stadtstaat Bremen.

Wie der Gendergap wirkt

Interessant ist auch die Frage nach den Stundensätzen. Männer verlangen im Durchschnitt einen Stundensatz von 77 Euro, Frauen von 64 Euro. Auch hier bestätigt sich also das allseits - auch unter Festangestellten vieldiskutierte Gendergap - das hier 17 Prozent ausmacht. Freelance.de liefert mit der Studie noch eine Zusatzauswertung nur für Entwickler: In diesem Beruf fällt der Vergütungsunterschied zwischen männlichen und weiblichen Programmierern etwas geringer aus. Die Männer werden mit 75 Euro, die Frauen mit 68 Euro pro Stunde bezahlt.

Bleibt die Frage für den Auftraggeber, welche Altersgruppe wo am meisten verdient? Auch dazu liefert die Statistik einige Antworten. Am teuersten sind die 46- bis 55-jährigen IT-Spezialisten, die im Schnitt einen Stundensatz von 82 Euro fordern. Das Stundenhonorar der 30-Jährigen liegt der Studie zufolge bei rund 65 Euro, während die Altersgruppe der 36- bis 45-Jährigen 75 Euro für die Arbeitsstunde berechnet.

Honorar-Spitzenreiter unter den Städten ist Frankfurt am Main. Hier verlangen die IT-Selbständigen 84 Euro, was sicherlich nach wie vor mit den guten Stundensätzen zusammenhängt, die von den Finanzdienstleister gezahlt werden. Es folgen München und Hamburg mit rund 79 Euro, in Berlin sind es acht Euro weniger. Freelance.de-CSO Stefan Oberdörfer macht indes auf noch eine Beobachtung aufmerksam: Die neuregistrierten Freiberufler fordern mehr als die "Alteingesessenen". Wer sich beispielsweise im vergangenen Jahr anmeldete, gab im Durchschnitt einen Stundensatz von 91 Euro an.

Für die Liebhaber von Statistiken sei schließlich noch auf ein paar weitere Zahlen hingewiesen - und zwar wie sich die Honorare in den letzten zehn Jahren exemplarisch für drei Berufsgruppen entwickelt haben. So verdiente der SAP-Berater vor zehn Jahren 76 Euro, vor fünf Jahren 88 Euro, und heute ist er bei 95 Euro pro Stunden angekommen. Erwartungsgemäß liegt der Entwickler darunter, vor zehn und auch vor fünf Jahren rechnete er 57 Euro pro Stunde ab. Wie sehr er jetzt begehrt ist, zeigt der Zuwachs auf 74 Euro. Spitzenreiter ist - auch keine Überraschung - der Projektleiter, der vor zehn Jahren 70 Euro fakturierte, fünf Jahre später 84, und heute darf er im Schnitt 98 Euro pro Stunde nach Hause nehmen.