Für IT-Dienstleister wird es hierzulande nicht einfacher. Nachdem viele Anbieter im vergangenen Jahr die konjunkturelle Abkühlung infolge von Handelskriegen und Zollstreitereien zu spüren bekamen, droht in diesem Jahr ein Geschäftseinbruch durch die Coronakrise. Die internationalen Handelskonflikte zwischen den USA, der EU und China hätten sich 2019 vor allem auf exportorientierte Branchen wie die Automobilindustrie sowie den Maschinen- und Anlagebau ausgewirkt, schrieben die Analysten von Lünendonk & Hossenfelder in ihrer jüngsten Analyse zum IT-Beratungs- und IT-Service-Markt in Deutschland.
"Eine Folge dieser Entwicklungen waren rückläufige Budgets für Digitalisierungsprojekte und gestoppte oder verschobene Projekte, was die Wachstumsdynamik der IT-Dienstleister beeinflusste", beschrieb Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder, das Marktumfeld.
Insgesamt errechneten die Analysten 2019 für alle IT-Dienstleister in Deutschland ein Plus von 7,8 Prozent. Das ist deutlich weniger als das Wachstum im Jahr zuvor (11,9 Prozent). Auch ihre eigene Prognose haben die Anbieter damit klar verfehlt. Im vergangenen Jahr rechneten sie für 2019 noch mit einem Plus von 10,6 Prozent. 2020 sollten die Geschäfte um 10,8 Prozent zulegen – mit der Möglichkeit einer Virus-Pandemie konnte zu diesem Zeitpunkt niemand rechnen.
Cloud macht IT-Service-Anbietern zu schaffen
Die Herausforderungen im Markt wirkten sich unterschiedlich auf die IT-Dienstleister aus. So konnten die IT-Berater ihren Wachstumskurs der letzten Jahre in Deutschland fortsetzen und legten 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 9,3 Prozent zu. Das Wachstum der IT-Service-Unternehmen fiel dagegen mit gerade einmal plus zwei Prozent deutlich geringer aus. Dies lag aus Sicht der Lünendonk-Analysten vor allem daran, dass sich das Marktumfeld sehr stark in Richtung Cloud Sourcing gewandelt hat und infolgedessen auch von variableren und teilweise geringeren Service-Einnahmen geprägt war.
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Zu den Lichtblicken für die IT-Dienstleister zählt Zillmann Projekte rund um S/4-HANA-Umstellungen, die Entwicklung und Einführung von neuer Software zur Umsetzung von Digitalisierungsstrategien, die Modernisierung von veralteten IT-Landschaften, die Migration von IT-Anwendungen und IT-Infrastruktur in die Cloud oder auch Aufbau und Betrieb hybrider IT-Infrastrukturen.
Lünendonk & Hossenfelder hat zur Analyse des deutschen IT-Dienstleistungsmarkts wieder Rankings der größten Anbieter vorgelegt. Im Geschäft mit IT-Beratung und Systemintegration bleibt Accenture mit einem geschätzten Deutschlandumsatz von 2,4 Milliarden Euro unangefochten an der Spitze. Das entspricht einem Plus von knapp sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auf dem zweiten und dritten Platz folgen T-Systems (1,6 Milliarden Euro) und IBM (1,5 Milliarden Euro).
Den Abstand zum Führungs-Trio konnte Capgemini mit einem Wachstum von über zehn Prozent auf 1,2 Milliarden Euro deutlich verkürzen. Die Top Five komplettiert NTT Data, die allerdings nicht mehr in der Milliarden-Liga mitspielen. Der IT-Dienstleister – die Analysten fassen damit die Itelligence AG und die NTT Data Deutschland GmbH zusammen – kam hierzulande 2019 auf Einnahmen in Höhe von 795 Millionen Euro nach 754 Millionen Euro im Jahr zuvor.
Im Ranking der IT-Berater und Systemintegratoren wurden Unternehmen aufgenommen, die mehr als 60 Prozent ihres Umsatzes mit Management- und IT-Beratung, Systemintegration, Softwareentwicklung und -einführung erzielten. Beim Ranking der IT-Service-Anbieter lag die Messlatte bei mehr als 50 Prozent des Umsatzes mit IT-Outsourcing und Managed Services, zum Beispiel Desktop Management, Application Services oder Cloud Hosting.
Unter den IT-Service-Unternehmen verteidigte T-Systems mit einem Umsatz von knapp 3,4 Milliarden Euro die Pole Position. Mit deutlichem Abstand folgen die französische Atos (1,5 Milliarden Euro) und IBM (1,1 Milliarden Euro). Das Spitzentrio musste allerdings im Vergleich zum Vorjahr Federn lassen – am deutlichsten IBM mit einem Minus von fast 15 Prozent im Vergleich zu 2018. Auch die viertplatzierte DXC Technology beklagte rückläufige Umsätze – von 930 auf 800 Millionen Euro. Zulegen konnten dagegen die kleineren Anbieter wie HCL Technologies, Datagroup und die Controlware Gruppe.
Corona-Pandemie lässt keine Prognosen zu
Verlässliche Aussagen darüber, wie sich die IT-Dienstleistungsgeschäfte in den kommenden Monaten weiter entwickeln werden, sind aus Sicht der Analysten kaum möglich. Prognosen der Anbieter aus den Tagen vor der Coronakrise sind Makulatur. Man muss allerdings kein Prophet sein, um eine deutliche Abschwächung des Marktes zu prognostizieren. "Unsere Daten der letzten 30 Jahre zeigen, dass eine hohe Korrelation zwischen der Entwicklung des IT-Dienstleistungsmarktes und dem deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) besteht", sagte Zillmann. Ein derzeit prognostizierter Rückgang des deutschen BIP 2020 um 6,5 Prozent werde nicht ohne Auswirkungen auf die Geschäfte der meisten IT-Dienstleister bleiben.
Der Analyst versucht dennoch Optimismus zu verbreiten. Sobald die Konjunktur wieder anspringt, werde dies auch den IT-Dienstleistungsmarkt wieder stärker beleben. "Darüber hinaus werden viele Kundenunternehmen weiterhin in ihre digitale Transformation, den Umbau ihrer IT-Landschaft sowie die Einführung neuer Digitaltechnologien wie künstliche Intelligenz oder IoT investieren und dafür aufgrund des Fachkräftemangels auf externe IT-Dienstleister angewiesen sein", prognostizierte Zillmann.