Kaum ein Mitarbeiter ist so begehrt und so rar wie IT-Berater, die Know-how in Sachen Branchen, Prozesse sowie Technik in einer Person vereinen - siehe SAP-Berater. Doch wer glaubt, mit diesen Qualifikationen und Kenntnissen die Karriereleiter spielend erklimmen zu können, erlebt oft ein böses Erwachen. IT-Berater dieses Kalibers sind nicht umsonst hochbezahlt. Sie werden in einem mehrstufigen Bewerbungsverfahren besonders genau ausgewählt. Thomas Biber, Geschäftsführer der auf SAP-Positionen spezialisierten Personalberatung Biber & Associates, beschreibt den typischen Verlauf von Bewerbungsprozessen und gibt die entscheidenden Tipps zum Vorstellungsgespräch.
Bewerbungsprozess in drei Akten
In den meisten Fällen läuft der Bewerbungsprozess für einen gehobenen IT-Beraterjob laut Biber in drei Gesprächen ab: Ein erstes Telefonat führt ein Personalberater, anschließend folgt ein Telefonat mit dem Fachvorgesetzten der offenen Stelle. Das Finale bildet das persönliche Vorstellungsgespräch beim Arbeitgeber. Daran nehmen neben dem Fachvorgesetzten auch die Personalabteilung und oft auch ein Vertreter des Managements teil.
Der Charakter des ersten Gesprächs mit dem Personalberater ist eher informell. "Bewerber sollten sich aber bewusst sein, dass dieses Gespräch bereits mitentscheidet, ob sie für zukünftige Jobangebote erste Wahl sein werden", gibt Biber zu bedenken. Es ist also sehr viel besser, einen Rückruf oder Termin auszumachen, um das Gespräch konzentriert zu führen, als in einem ungeeigneten Augenblick zu telefonieren.
Personalberater mit von der Partie
Wichtig ist schon hier die absolute Verlässlichkeit. Das heißt: Einen versprochenen Rückruf muss man wirklich vornehmen und zum vereinbarten Termin bereit sein. Ein seriöser Personalberater wird Bewerber, die bereits hier Schwierigkeiten machen, eher nicht für einen Topjob ansprechen und seinem Kunden vorschlagen. Ebenso ist es möglich, als stellensuchender IT-Berater selbst die Initiative zu ergreifen und einen auf IT-Beraterjobs spezialisierten Personalberater auf sich aufmerksam zu machen.
Inhaltlich geht es in einem solchen Gespräch in rund 15 bis 20 Minuten um die Eckpunkte des eigenen Lebenslaufs, fachliche Skills sowie berufliche Karrierevorstellungen. Der Personalberater sendet dann unter Rücksprache mit dem Bewerber die Bewerbungsunterlagen an das Zielunternehmen weiter. Tipps für die Erstellung der Bewerbungsunterlagen, speziell für SAP-Berater, finden Sie hier.
Kurze und präzise Antworten am Telefon
Der erste direkte Kontakt mit dem ausschreibenden Unternehmen findet heute oft als Telefonat statt. Hier klärt in der Regel der Fachvorgesetzte, in selteneren Fällen die Personalabteilung, ob das notwendige fachliche Wissen über die Branche, die Prozesse sowie die eingesetzten Technologien, zum Beispiel Module von SAP, vorhanden ist. "Es geht darum, ob der Berater grundsätzlich zur offenen Stelle passt", erklärt Biber. Ein solches Gespräch dauert rund eine halbe bis maximal eine Stunde.
Bewerber sollten die Gesprächsführung ihrem Ansprechpartner überlassen und sich bei Antworten auf das Wesentliche konzentrieren. Bei Telefonkonferenzen entstehenden durch technische Gegebenheiten und die ungewohnte Gesprächssituation oft Pausen. Hier schadet es nicht, diese anzusprechen und beispielsweise nachzufragen, ob man mit seinen Ausführungen fortfahren soll. Ansonsten kommen kurze, präzise Antworten zu den eigenen Qualifikationen und Erfahrungen am besten an; der Bewerber kann anbieten, weiter ins Detail zu gehen. Wichtig ist es, von einem ungestörten Ort mit guter Verbindung zu telefonieren, um Irritationen aufgrund technischer Probleme auszuschließen.
Wenn diese zweite Stufe genommen ist, lädt das Unternehmen zum persönlichen Vorstellungsgespräch. Dazu treffen sich die Beteiligten in der Regel vor Ort beim Unternehmen. Anwesend sind von Unternehmensseite meist ein Verantwortlicher der Personalabteilung und der potenzielle zukünftige Vorgesetzte. Oft ist auch der Geschäftsführer oder jemand aus der Führungsebene zugegen.
Im Bewerbungsgespräch mit Vorbereitung und Interesse punkten
Die zwei wichtigsten Regeln für das Vorstellungsgespräch lauten: "Seien Sie vorbereitet" und "Zeigen Sie Interesse":
Vorbereitet sein heißt in diesem Zusammenhang, dass man sich mit dem Unternehmen auseinandergesetzt hat. Es ist zum Beispiel unverzichtbar, die Webseite angesehen zu haben. "Der Bewerber muss das Geschäftsmodell des Unternehmens verstehen beziehungsweise Fragen hierzu im Gespräch klären", mahnt Biber. Bei Rückfragen im Vorfeld des Gesprächs kann hier auch gerne der zuständige Personalberater angesprochen werden. Vorbereitete Anwärter bringen zu dem Gespräch vollständige Bewerbungsunterlagen und einen Stift für Notizen mit. Sie haben sinnvolle Fragen vorbereitet, beispielsweise nach den Details der Tätigkeit oder der organisatorischen Eingliederung der Stelle.
Interesse zeigen bedeutet in erster Linie: pünktlich sein. Es geht um viel bei einem Beraterjob. Da ist man besser eine Stunde zu früh als fünf Minuten zu spät vor Ort. Ein weiteres Zeichen für starkes Interesse ist die Kleidung. Kandidaten sollten zu Vorstellungsgesprächen immer im Business-Outfit erscheinen, unabhängig davon, welche Kleidung am späteren Arbeitsplatz üblich ist.
Bestimmte Fragen können Zweifel am ernsthaften Interesse des Bewerbers säen. Dazu gehören Forderungen nach komplizierten oder ungewöhnlichen Sonderkonstruktionen bei Urlaub, Heimarbeit, Kostenerstattungen oder Gehaltsbausteinen. Eine andere Stolperfalle sind übertriebene Ansprüche bei der Übernahme von Auslagen wie Umzugskosten oder Fahrtengeld beziehungsweise die Frage nach einem Firmenwagen, obwohl man die Tätigkeit komplett vom Büro aus erledigt.
- Die fiesesten Fragen im Vorstellungsgespräch
Wir haben Personalexperten gefragt, wie sie Kandidaten für Führungspositionen zwiebeln. Alle meinten, es gäbe bei ihnen keine gemeinen Fragen - wenn man sich denn vorbereitet. Aber natürlich hat jeder Personaler seine eigenen Spezialfragen.. - Christof Müller, Senior HR Manager von Immobilienscout24, ...
... hat einige Fragen zu bieten, mit denen Bewerber gelöchert werden. "Wichtig für uns ist, den Kandidaten so zu erfassen, wie er wirklich ist. Stichwort: Authentizität. Das ist letztlich die Herausforderung." - Den Bewerber will Müller genau kennen lernen und sieht ihn sich daher sehr gründlich an
"Gemeine Fragen stellen wir grundsätzlich nicht, es sei denn der Kandidat „schießt“ unter die Gürtellinie." Natürlich gibt es diverse Fragen wie etwa: "Was war die schwerste Entscheidung, die Sie in der Vergangenheit treffen mussten?" Oder "Wenn Sie jetzt wechseln, was würden Sie von Ihrer bisherigen Tätigkeit vermissen?"." - Vor allem die Führungsqualitäten klopft HR-Manager Müller ab:
Mit Fragen wie "Was macht für Sie eine wirklich überzeugende Führungskraft aus?", "Was ist der Unterschied zwischen einer guten und einer ausgewöhnlichen Führungskraft?" und "Was ist Ihr persönlicher Leitsatz?" Und schon ist Müller bei den etwas unbequemeren Fragen ... - ... wie etwa: "Wie lange dauert es, bis Sie bei uns einen signifikanten Beitrag leisten?",
"Bitte beschreiben Sie, wie es war, als Sie für Ihre Arbeit kritisiert worden sind?", - "Wovor haben Sie am meisten Angst?"
und "Was können Sie für uns tun, was andere nicht können?". Wer diese Fragen souverän beantworten kann, muss sich vor Müller nicht fürchten. Es sei denn, ein Kandidat schießt quer, dann stellt der Personaler unangenehme Fragen: - Wozu dient der Filz auf einem Tennisball?
- Wie oft am Tag überlappen sich die Zeiger einer Uhr?
- Wie würden Sie ohne Maßstab ein Flugzeug, etwa einen A380 vermessen?"
- Leonie Hlawatsch, Personalreferentin bei doubleSlash Net-Business GmbH...
... setzt bei Bewerbungsgesprächen eher auf die leisen Töne: "Wir setzen auf offene Gespräche in lockerer Atmosphäre mit unseren Bewerbern, anstatt sie unter Druck zu setzen und mit Standardfragen zu „beschießen“. Eine übermäßige Stresssituation ist nicht der richtige Weg, um etwas über den wahren Charakter des Bewerbers zu erfahren – und wie er sich in der Situation des Arbeitsalltags verhält. Doch gerade das ist uns wichtig. Ob der Bewerber fachlich fit ist und die Herausforderungen seiner angestrebten Stelle meistern kann, bekommt man auch in einem für beide Seiten angenehmen Gespräch heraus." Das heißt nicht, dass Hlawatsch auf die kniffligen Fragen verzichten würde ... - Die Frage nach der bisher größten Herausforderung im Studium ...
... oder Leben ist für Bewerber immer etwas knifflig (bei Praktikums-oder Thesisbewerbern). Hlawatschs Tipp: "Auf jeden Fall ehrlich zu sein und nicht extra eine Situation als Beispiel zu nennen, die man besonders bravourös gemeistert hat. Das ist zu glatt und gibt nichts über den Bewerber preis. Und die Chance, einen Pluspunkt, zum Beispiel in puncto Lernbereitschaft oder Reflektiertheit zu sammeln, ist vergeben." - Vor allem sollten Bewerber gut informiert sein über das Unternehmen.
Wer keine Informationen hat, hat auch keine Chance, meint Hlawatsch: "Generell kann man als Bewerber schwierige Fragen am besten meistern, wenn man sich vorab gut über das Unternehmen und die angestrebte Stelle informiert. Was genauso wichtig ist: Den eigenen Werdegang vorher nochmal Revue passieren zu lassen und sich klar sein, was man von dem neuen Job erwartet. Denn es ist nicht nur wichtig, dass man den Job bekommt, sondern dass das Unternehmen und die im Gespräch vorgestellte Stelle den eigenen Erwartungen entspricht. Als Beispiel zu diesem Punkt freue ich mich immer, wenn Bewerber mich während des Gesprächs fragen, wie es mir persönlich bei doubleSlash gefällt. Das finde ich toll und zeigt mir, dass diese Bewerber das „Gesamtpaket“ für Ihren neuen Job im Blick haben." - Marc-Stefan Brodbeck, Recruiting Leiter bei der Telekom, kann beruhigen:
Um dem Bewerber vorweg die Angst zu nehmen: bei uns gibt es keine gemeinen Fragen. Selbstverständlich machen wir uns ein umfangreiches Bild des Bewerbers: Fachliche Qualifikationen werden getestet, aber auch die Persönlichkeit und der Charakter. Das gilt natürlich genauso umgekehrt. Schließlich möchte auch der Bewerber wissen, ob das Unternehmen seinen Erwartungen entspricht, ob wir zu ihm passen." - Dass ein Bewerber die groben Strukturen des Konzerns kennt, darauf legt Brodbeck großen Wert.
Damit kann sogar punkten, wer gar keine Bewerbung schreibt, weiß der Recruiting-Leiter zu berichten. Als vor drei Jahren ein Student versuchte, einen Telekom-Anschluss zu bekommen, entpuppte sich das als Katastrophe. Nichts funktionierte. So schrieb der Student einen 15-seitigen Beschwerdebrief an ein Vorstandsmitglied, mit Verbesserungsvorschlägen für die Vertriebsstruktur. Prompt wurde er für ein Gespräch eingeladen und für ein Praktikum engagiert - ohne sich jemals beworben zu haben. - Ich habe heute leider kein Foto für Sie!
Herbert Wittemer, Personalleiter bei msg Systems, greift einen ganz besonderen Punkt bei Vorstellungsgesprächen heraus: "Führungskräfte sind häufig auf der Internetseite ihres bisherigen Arbeitgebers per Foto zu sehen. Wenn nun dasselbe Foto als Bewerbungsbild verwendet wird, ist das alles andere als vorteilhaft. Vermutlich wurde das Foto auf Kosten und Arbeitszeit und im Design des bisherigen Arbeitgebers angefertigt - und dieses Foto nun privat und für den nächsten Job zu verwenden, zeugt weder von Kreativität, noch von Loyalität. Beides Merkmale, die insbesondere bei Führungskräften stark ausgebildet sein müssen." - Block und Stift sind ein Muss
Ärgerlich ist für Wittemer auch, wenn "ein Kandidat weder Block noch Stift dabei hat. Jemand, der sich scheinbar alles merken kann und auch kein Blatt Papier und einen Stift parat haben muss, um ein Thema kurz mit einer Skizze zu erläutern, ist nicht glaubwürdig und scheint keinen Biss zu haben." - Hohe Erwartungen
Den Kandidaten aus der Reserve zu locken, darauf setzt Wittemer: "Die härteste Frage ist für mich ganz einfach: „Was erwarten Sie von mir persönlich als Ihre künftige Führungskraft?" Kandidaten werden dabei verlegen, oder haben keine ordentliche Frage vorbereitet, obwohl sie selbst als Führungskraft die besonderen Anforderungen an die Beziehung Mitarbeiter – Führungskraft kennen müssten. Frei nach dem Motto: Ein Mitarbeiter wechselt zu einer Firma und verlässt seinen Chef." - Nicole Mamier, Personalleiterin bei Realtech AG, berichtet:
"Meine Erfahrung ist, dass die Bewerber die größten Schwierigkeit mit Fragen haben, die eine gewisse Selbstreflektion erfordern. Zum Beispiel bei solchen Fragen wie: - "Was erwarten Sie sich persönlich von dem Jobwechsel?
An welchen Kriterien messen Sie Ihren eigenen Erfolg? Was wollen Sie in sechs Monaten erreicht haben? Welche Rahmenbedingungen benötigen Sie, um erfolgreich zu sein? Was erwarten Sie von Ihrem Vorgesetzten? Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern und wie fordern Sie das ein? In welcher Situation haben Sie in den letzten 6 Monaten etwas Neues gelernt? Und in welcher Situation konnten Sie das gelernte seither anwenden? - Wie steht Ihr Partner zu Ihrem Wunsch sich beruflich zu verändern?
Nicole Mamiers Tipp ist, sich auf solche Fragen vorzubereiten und sich über sich selbst und seine Wünsche, Ziele und Fähigkeiten bewusst zu werden." - Professor Gunther Olesch, Geschäftsführer der Phoenix Contact, ...
... setzt auf eine altbewährte Frage an Führungskräfte: - "Wo will der Kandidat in zehn oder zwanzig Jahren sein?
Dazu Manager Olesch:" Ich bin der Überzeugung, dass Führungskräfte, um visionäres Management zu betreiben, selbst eine Orientierung haben müssen. Wer mit einem Schiff in See sticht, muss das Ziel kennen. Die beste Antwort, die ich auf diese Frage bekomme habe, war: "Auf Ihrem Platz möchte ich in zehn Jahren sitzen." Den Kandidaten haben wir sofort eingestellt." - Aus Niederlagen lernen
Dass die Visionen nicht immer Realität werden, weiß auch Olesch: "Man muss auch Niederlagen hinnehmen können. Solche Führungskräfte suchen wir. Denn aus solchen Niederlagen lernt man am meisten." - Ein Monat für die Vorbereitung
Um herauszufinden, wie sich die Führungskraft einbringen möchte, hat Olesch eine umfangreiche Aufgabe. "Bewerber sollen sich konkrete Gedanken machen, wie sie eine bestimmte Abteilung in den nächsten fünf Jahren entwickeln möchten. Der Bewerber hat einen Monat Zeit, sich Gedanken über Maßnahmen zu machen, die er in einer Präsentation vorstellt. Erst danach wird eine Entscheidung getroffen. Dieses Verfahren wenden wir auch bei externen Kandidaten an - dank des Internets sind wir sehr transparent und merken schnell, wie sehr sich der Bewerber vorbereitet hat. Hat er sich nur unzureichend vorbereitet, fällt das sehr negativ auf." - Auf gehts in die Vorbereitung!
Mit all diesen Tipps steht einem erfolgreichen Bewerbungsgespräch nichts mehr im Wege. Viel Erfolg!
Diskussionen über nicht gängige Zusatzleistungen nehmen zu viel von der wertvollen Gesprächszeit in Anspruch und hinterlassen einen unangenehmen Eindruck. Hier ist dringend zu empfehlen, Augenmaß zu wahren. Biber weiß, dass Unternehmen alleine aus Gründen der Fairness all ihren Mitarbeitern ungefähr dieselbe Vertragskonstruktion anbieten müssen. Das bedeutet aber nicht, dass überhaupt kein Verhandlungsspielraum besteht. Was im Einzelfall realistische Forderungen sind, sollte man besser vorab mit dem Personalberater ausloten.