Man könnte meinen, kleine und mittlere Unternehmen haben es schwieriger, bei digitalen Innovationen mitzuhalten. Tatsächlich kommt aber ein großer Teil der Patentanmeldungen aus dem Mittelstand. An der Innovationsfähigkeit kann es daher nicht liegen. Die Gründe liegen woanders. KMU stehen zum Beispiel der Hürde gegenüber, dass häufig weniger Mitarbeitende zur Verfügung stehen, um sich schon rein zeitlich mit Neuerungen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig sind die Strukturen und Freigabeprozesse weniger komplex. Das Management muss weniger Mitarbeitende von einem neuen Konzept überzeugen und kann einfacher einen anderen Weg einschlagen, wenn etwas nicht gelingen sollte.
Es ist die Aufgabe der Führungskräfte, Mitarbeitende beim Prozess miteinzubeziehen und ihnen durch transparente Kommunikation Ängste zu nehmen. Denn die digitale Transformation ist nur so gut wie das Team, das das Projekt genauso antreiben wie bremsen oder gar ganz blockieren kann.
Unterschätzen Sie dabei nicht, wie schnell die Fortschritte bei Entwicklungen tatsächlich voranschreiten und nutzen Sie als KMU die Gunst der Stunde, um als Vorreiter mutig voranzugehen.
KMUs erhalten an vielen Stellen Unterstützung und können Förderungen beantragen. Eine Anlaufstelle ist zum Beispiel das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit den KI-Trainern.
Use Cases und Einsatzmöglichkeiten von KI
Mittlerweile ist Vorsicht geboten, weil viele Firmen ihre Lösungen als intelligent bezeichnen, um damit auf den Hype aufzuspringen. Hier wollen wir deshalb auf ein paar Beispiele eingehen, in welchen Bereichen KI eingesetzt wird.
KI in der Industrie: Die Industrie ist schon seit Längerem bestrebt, möglichst effizient und intelligent zu arbeiten. Sie ist ein Paradebeispiel dafür, wie Maschinen Routinearbeiten abnehmen können. Und so finden sich dort zahlreiche Beispiele für Roboter im Lager- oder Service-Umfeld und Künstliche Intelligenz, die Fehler in den Fertigungsprozessen aufdeckt. Dort mag die Herausforderung sein, diesen Hang zur Innovation auch auf die anderen Bereiche im Unternehmen zu übertragen, beispielsweise intelligente Gebäudetechnik in den Büroräumen zu nutzen oder KI für Serviceanfragen einzusetzen.
Lesetipp: 3 Anwendungsfälle - KI als Gamechanger für die Industrie
Daten, Daten, Daten: Giganten wie Google und Meta stützen ihr gesamtes Geschäftsmodell auf Daten. Während die Nutzer den Eindruck haben, sie seien die Kunden, sind die Daten über ihr Nutzungsverhalten die eigentliche Ware. Vielleicht spielt das Nutzungsverhalten von Kunden auch in Ihrem Unternehmen eine Rolle. Beispielsweise basiert das Vorschlagen von anderen Produkten in einem Online-Shop, die interessant sein könnten, teilweise auf Künstlicher Intelligenz.
Künstliche Intelligenz für Ihren Kundenservice: Mitarbeitende für den Kundenservice sind schwer zu finden, weil sie teilweise großen Belastungen ausgesetzt sind. KI kann einerseits dabei unterstützen, indem sie, noch viel durchdachter als Chatbots, eigenständig Anfragen bearbeitet. Sie kann andererseits sogar Muster darin erkennen, wie sich Kunden verhalten, von ihrer Tonlage auf Emotionen schließen und welche Auslöser jeweils dahinterstecken.
Wir tendieren dazu, zu unterschätzen, was KI alles kann. Und was wir heute darüber denken, mag in zwei Wochen schon wieder veraltet sein. Das Periodensystem KI vom Bitkom ist eine Möglichkeit, sich darüber auf dem Laufenden zu halten und einen Überblick zu bekommen.
- KI im Unternehmen und Personalmanagement
Künstliche Intelligenz (KI) birgt ein enormes Potenzial für Unternehmen, zum Beispiel beim Einsatz im Personalmanagement. Joachim Skura, Thought Leader Human Capital Management bei Oracle, nennt Vorteile der KI sowie wichtige Faktoren, die bei der Planung sowie Nutzung zu beachten sind. - Kooperation der Führungskräfte
Da die KI-Technologie heute alle Unternehmensebenen durchdringt, müssen HR-Verantwortliche mit den anderen Führungskräften zusammenarbeiten, um Automatisierungsstrategien für die einzelnen Teams zu entwickeln. - Intelligenz kombinieren
KI muss zu einem Umdenken in Bezug auf die Belegschaft führen: Es geht nicht mehr nur darum, Mitarbeiter einzustellen. Vielmehr müssen menschliche und künstliche Intelligenz kombiniert werden, um die Produktivität zu maximieren. - Sinnvolle Prozessautomatisierung
Ein ganz wesentlicher Aspekt der Nutzung von KI ist, das Streben nach mehr Effizienz in Relation zu den tatsächlichen Möglichkeiten zu setzen. Nur weil sich ein Prozess automatisieren lässt, heißt das noch lange nicht, dass man das auch tun sollte. Das gilt auch im Personalwesen. - Keine Big-Brother-Atmosphäre schaffen
KI kann für die Sicherheit des Unternehmens sehr hilfreich sein. Viele Betriebe nutzen KI-Technik, um Anwendungen, Systeme und Infrastruktur ständig zu überwachen und anomales Verhalten in Echtzeit zu erkennen und zu bewerten. Hier sollten Unternehmen aber unbedingt darauf achten, dass keine „Big-Brother-Atmosphäre“ geschaffen wird. Der Personalabteilung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. - Daten und Technik ausschöpfen
KI sollte bei Einstellungs- und Besetzungsplänen zur Anwendung kommen. Der Grund: Es gilt, kontextbezogene Daten und Technologien auszuschöpfen, um Probleme wie hohe Fluktuationsraten in Angriff zu nehmen, Mitarbeiter besser zu verstehen und den vorhandenen Pool an Talenten effektiver zu nutzen. Nur so lässt sich Arbeit intelligenter, angenehmer und kollaborativer gestalten – und letztendlich auch wertschöpfender. - KI im Recruiting nutzen
Künstliche Intelligenz wird derzeit auch im Recruiting immer wichtiger. Recruiter nutzen KI, um herauszufinden, welche Skills das Unternehmen aktuell benötigt, und wo passende Kandidaten zu finden sind. - Bewerbungsmanagement automatisieren
Mit Hilfe von KI lassen sich zeitaufwendige Aufgaben wie das manuelle Screening von Lebensläufen und Bewerber-Pools automatisieren. - Candidate Experience aufbauen
Leistungsstarke und integrierte KI-Funktionen sowie klare Abläufe helfen, im Personalmanagement eine benutzerfreundliche und personalisierte Candidate Experience vom Erstkontakt bis hin zur Einstellung und Eingliederung zu schaffen. - Mehr Effizienz durch Machine Learning
Modernste Machine-Learning-Anwendungen unterstützen das Personalwesen, die Time-to-Hire zu verkürzen, indem sie proaktiv eine Vorauswahl der geeignetsten Kandidaten treffen und Empfehlungen geben. - Chatbots einsetzen
Ein Chatbot kann eine Datenquelle sein, mit deren Hilfe Unternehmen mehr über ihre Mitarbeiter erfahren. Machine-Learning-Analysen von Fragen und Gesprächen können einzigartige und bisher nicht mögliche Einblicke liefern. So lassen sich zugrundeliegende Probleme aufdecken – und das vielleicht noch, bevor sich der Mitarbeiter dieser überhaupt bewusst ist.
Schritte auf dem Weg zur digitalen Transformation mit KI
So kann ein sinnvoller Prozess auf dem Weg zur digitalen Transformation aussehen:
1. Zustandsanalyse & Potenzial
In einer Potenzialanalyse solltenb die Stakeholder Antworten auf folgende Fragen finden:
Wie steht es um die Nutzung von KI im Unternehmen?
Sind Voraussetzungen für den Einsatz der Systeme, wie beispielsweise eine gute Internetverbindung gegeben?
Werden bereits Daten digital in Data Lakes oder proprietären Datenpools gesammelt?
Wie groß ist das Know-how der Geschäftsführung und der Belegschaft?
In welchen Bereichen profitiert das Unternehmen am meisten von KI, weil man dort am ehesten die gesetzten Ziele erreichen kann oder es dort Schwächen gibt?
Zur Potenzialanalyse gehört ebenso, sich über die gewünschten Ziele Gedanken zu machen: Geht es eher darum, Routinearbeiten durch KI zu ersetzen oder soll ein System das Management dabei unterstützen, Geschäftsentscheidungen zu treffen? Hilft KI ihren kreativeren Abteilungen bei der Erstellung von Marketingmaterial und der Ideenfindung? Anhand der gesetzten Zielen lassen sich KPIs ausarbeiten, um im Nachhinein quantifizieren zu können, ob das Projekt erfolgreich war.
- Die 7 schlimmsten KPI-Sünden
Kennzahlensysteme sind beim ITSM erfolgskritisch. Doch KPIs sind nicht aus dem Business abgeleitet und werden zudem falsch definiert und interpretiert. - 1. KPIs werden nicht aus dem konkreten Business-Bezug abgeleitet:
Da die IT-Prozesse sich nach den Business-Anforderungen richten, müssen auch die ITSM-Kennzahlen geschäftsbezogen sein. Eine solche geschäftliche KPI-Orientierung ist in IT-Organisationen selten. Stattdessen sind ITSM-Kennzahlenkonzepte oft selbstbezogen und dienen der eigenen Qualitätslegitimation. - 2. KPI-Systeme ufern aus:
Die Entwicklung und der Einsatz von Kennzahlensystemen gewinnen oft eine Eigendynamik, aus der eine selbstverliebte Beschäftigung mit dem Hang zu immer mehr KPIs entsteht. Die Erfassung, Verarbeitung und Analyse von Messgrößen ist sehr aufwendig, der Nutzen für das Business jedoch gering. CIOs sollten sich daher auf eine begrenzte Anzahl gut beherrschbarer KPIs beschränken. - 3. KPIs werden nicht zielorientiert und praxisbezogen festgelegt:
Manchmal übertreiben Firmen es bei der Analyse von Leistungswerten der IT-Prozesse mit der Transparenz, denn schlechte KPIs sorgen für Kritik und einen hohen Rechtfertigungsdruck. Zwar werden Kennzahlensysteme für das ITSM eingeführt, doch aufgrund der fehlenden Akzeptanz kaum ernsthaft genutzt. Wichtig ist, dass Kennzahlen mit allen Beteiligten fair und zielorientiert festgelegt und vereinbart werden. - 4. KPI-Veränderungen werden nicht geprüft:
Die Leistungswerte in der IT-Organisation verändern sich dynamisch durch den Einsatz neuer Technologien, durch Reorganisation, aufgrund steigender Anforderungen aus dem Fachbereichen oder wegen technischer Probleme. CIOs führen KPI-Analysen in der betrieblichen Praxis häufig nur ungenau und wenig systematisch durch, was zu falschen Schlussfolgerungen führt. - 5. Kennzahlenzusammenhänge werden nicht transparent dargestellt:
CIOs können die Gesamtsituation nicht richtig bewerten, weil einzelne Leistungs- und Qualitätswerte isoliert betrachtet werden statt in Wechselwirkung mit anderen KPIs. Dadurch ist die Aussagekraft im Hinblick auf eine effiziente ITSM-Leistungssteuerung begrenzt. - 6. KPI-Abweichungen werden nicht nachverfolgt:
IT-Abteilungen gehen Inkonsistenzen oder Widersprüchen bei Leistungsdaten zu IT-Prozessen, die aufgrund unzureichender Definitionen entstehen können, oft nur halbherzig nach. Oder sie ignorieren diese gleich ganz.. Das birgt erhebliche Risiken, insbesondere wenn es sich um KPIs zu geschäftskritischen Prozessen handelt. - 7. Bei KPI-Analysen fehlen praktische Maßnahmenkataloge:
Meist werden Mitarbeiter mit den KPI-Analysen zum ITSM allein gelassen. Es fehlen weiterführende Handlungsempfehlungen, die die Auswertungen ergänzen, und Verbesserungsmaßnahmen aufzeigen.
2. Strategieentwurf
Anhand der Analyse des aktuellen Geschäftsmodells beziehungsweise der Erkenntnisse aus Phase 1 werden nun unterschiedliche Strategien entworfen. Diese bauen darauf auf, wo im vorherigen Schritt Schwächen identifiziert wurden, die mit KI bereinigt werden können, und an welchen Stellen am effektivsten die gewünschten Ziele erreicht werden können.
Daraufhin erfolgt die Bewertung der möglichen Business Cases und eine der möglichen Strategien wird ausgewählt.
3. Konzepterstellung und Bedarfsermittlung
Nach der Strategie geht es an das konkrete Konzept. Dazu gehört es, die Voraussetzungen zur Umsetzung der Strategie zu schaffen, beispielsweise:
umfangreiche Schulungen aller Mitarbeitenden,
Anpassen der Infrastruktur (wo nötig),
Festlegen des Zeitrahmens für die Implementierung, und
Analysieren und Festlegen der nötigen personellen Ressourcen.
An dieser Stelle ist es in vielen Fällen ratsam, unterschiedliche Strategien des Talent Sourcings in Erwägung zu ziehen. Ohne eine Sourcing-Strategie steht die Digitalstrategie auf wackligen Beinen.
Lesetipp: Talent Hub - Mit Talent-Management gegen den IT-Fachkräftemangel
4. Organisationsaufbau
Die folgenden Schritte sind ziemlich selbsterklärend: Im Anschluss geht es jetzt darum, die Organisation schrittweise so umzubauen, dass sich das Projekt realisieren lässt. Möglich sind Mitarbeitende oder Teams, die zunächst die neue Struktur oder das neue System testen. Diese können als Keyuser der ersten Stunde im Anschluss auch weiteren Mitarbeitenden für Fragen zur Verfügung stehen.
5. Ausführung
Indem die Lösung der Zielgruppe offiziell zur Verfügung gestellt wird, geht das Projekt "live". Die Lösung wird in dem betroffenen Bereich eingesetzt, wo sie entweder eine nicht KI-basierte ersetzt oder einen neuen Nutzen bringt, den vorab ein Mensch erbringen musste.
6. Überwachung & Bewertung
Begleitend und nach einem festgelegten Zeitraum darf nicht vergessen werden, zu überprüfen, welchen Nutzen das KI-Projekt bringen konnte. Das muss nicht immer sofort ein Mehr an Kunden bedeuten. Es lassen sich vielmehr Skaleneffekte durch Effizienzsteigerung beobachten, die durch die Nutzung von KI-Lösungen erzielt werden können.
Es ist wichtig, dass die einzelnen Schritte den spezifischen Bedürfnissen und Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens angepasst werden. Tatsächlich könnte KI auch bei diesem Prozess bereits unterstützen. Verlässlicher ist allerdings eine Gruppe von Experten, die die Möglichkeit haben, sich ständig über die Entwicklungen und Möglichkeiten im Bereich KI auf dem Laufenden zu halten.
Was bedeutet der KI-Aufschwung für KMUs?
Prognosen von PWC gehen davon aus, dass KI für mehr als elf Prozent des Wachstums verantwortlich sein wird. Die Europäische Kommission sprach 2019 sogar von 20 Prozent. Dabei sorgt die Schlüsseltechnologie auf vielfältige Art für eine Verbesserung von Betriebsergebnissen und Geschäftswachstum. KI ist zweifelsohne eine disruptive Technologie und Führungskräfte sollten sich damit auseinandersetzen und zeitig eine Unternehmensrichtlinie für die Nutzung von KI im Unternehmen (AI-Policy) aufsetzen. Dazu benötigt es ein möglichst diverses Team, das permanent die KI-Landschaft begutachten kann und bei der Transformation hilft. Nur so wird die Wettbewerbsfähigkeit trotz des rasanten Umschwungs durch die Künstliche Intelligenz auf Dauer erhalten. (bw)