Studie von Crisp Research und Lufthansa Industry Solutions

IoT: Make or Buy?

06.09.2019
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
IT-Entscheider erwarten, dass das Internet of Things einen großen Einfluss auf das Kerngeschäft deutscher Unternehmen hat. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „IoT – Make or Buy“ von Crisp Research in Zusammenarbeit mit Lufthansa Industry Solutions.
IoT ist zum Mainstream in den Unternehmen geworden. Doch viele Fragen sind noch immer offen - etwa ob IoT-Lösungen selbst gebaut oder einfach gekauft werden können?
IoT ist zum Mainstream in den Unternehmen geworden. Doch viele Fragen sind noch immer offen - etwa ob IoT-Lösungen selbst gebaut oder einfach gekauft werden können?
Foto: everything possible - shutterstock.com

Die Frage, ob IoT in den deutschen Unternehmen genutzt wird und ein Thema ist, beantwortet sich rund 20 Jahre nachdem der Begriff 1999 von Kevin Ashton erstmals geprägt wurde, fast von alleine. So gaben von den 129 befragten IT-Entscheidern der Studie "IoT - Make or Buy" von Crisp Research und Lufthansa Industry Solutions lediglich 9 Prozent an, sich weder mit IoT zu beschäftigen, noch dies konkret zu planen.

Gut drei von vier Unternehmen (78 Prozent) sind mit einzelnen IoT-Lösungen bereits seit mindestens einem Jahr im Produktivstadium und haben damit einen Teilbereich ihres Geschäfts hochgradig vernetzt und automatisiert. IoT hat mittlerweile strategische Relevanz und wird von den meisten Unternehmen sehr ernst genommen. So beschäftigen fast 60 Prozent der befragten Unternehmen einen dedizierten IoT-Verantwortlichen - Full Time.

IoT ist kein reines IT-Thema mehr - auch bei den Investitionen.
IoT ist kein reines IT-Thema mehr - auch bei den Investitionen.
Foto: Crisp Research

Dennoch stellen sich die Unternehmen die Frage nach dem Business Value und der richtigen Strategie in Sachen IoT. Sollten IoT-Anwendungen zugekauft oder inhouse selbst entwickelt werden? Auf den ersten Blick gibt es hierzu eine einfache Antwort: Für nicht-differenzierende IoT-Lösungen gilt der Leitsatz "Buy IoT". Für differenzierende IoT-Plattformen gilt dagegen "Make IoT". Zwei Leitsätze, die in ihrer Reinform allerdings meist nicht die Unternehmensrealität und die unterschiedlichen Aspekte des IoT-Einsatzes widerspiegeln. Mal gehören die Optimierung von Abläufen und Prozessen zu den Haupttreibern für die Umsetzung von IoT-Projekten, mal ist der Aufbau eines Portfolios für neue Geschäfts- und Umsatzpotenziale sowie die Einführung neuer Produkte der Treiber - oder beide Bereiche sollen abgedeckt werden. So verwundert es nicht weiter, dass von mehr als 50 Prozent der befragten Entscheider das Vorgehensmodell "Buy and Create IoT" als künftige Strategie bevorzugt wird. Soll heißen, die Unternehmen setzen auf gängige Standards und Lösungen, verantworten die Differenzierung der Plattformen aber selbst.

Oft fehlen die digitalen Umsätze noch

Make or Buy - so denken deutsche Unternehmen darüber.
Make or Buy - so denken deutsche Unternehmen darüber.
Foto: Crisp Research

Schwer fällt vielen Unternehmen auch, konkrete digitale Umsätze zu erwirtschaften. Während die Hälfte angibt, bereits ein erstes Business zu haben, stellt der Aufbau eines solchen für die restlichen 51 Prozent der Unternehmen noch eine Herausforderung dar. Beispiele wie Bosch, Stihl oder auch Osram zeigen, wie unterschiedlich IoT-Business-Strategien und die zugehörigen Produkte und Services aussehen können. Dank der zahlreichen Optionen und Handlungsfelder können auch Unternehmen, die erst kürzlich ins IoT Business eingestiegen sind, direkt substanzielle Erträge vorweisen, während die langjährigen Thought Leader rund um IoT schon damit beschäftigt sind, ihre Plattformstrategie weiter zu diversifizieren.

Für den Sprung aus der Optimierung der Prozesse (Produktivstadium) zum echten Business Case braucht es meist einen radikalen Umbruch vom Prozess- zum Produkt- und Lösungsdenken. Erfahrungswerte aus dem bisherigen Technologieeinsatz, Betrieb und Geschäft können den Unternehmen helfen. Um jedoch einen eigenen Platz in diesem zunehmend aggressiven Wettbewerbsumfeld zu finden und behaupten zu können, sind digitales Produktdesign und problemorientierte LösungsentwicklungenMust-Have-Skills, die nicht alle Unternehmen besitzen. Daher werden langfristig auch nicht alle Unternehmen erfolgreiches Business mit dem Internet of Things machen können.

Prozessoptimierung dominiert noch

Diese Strategien verfolgen Unternehmen bei der Umsetzung von IoT-basierten Produkten für ihre Kunden.
Diese Strategien verfolgen Unternehmen bei der Umsetzung von IoT-basierten Produkten für ihre Kunden.
Foto: Crisp Research

Die These der Autoren wird durch die Verteilung der heutigen und zukünftigen Use Cases rund um IoT gestützt. Noch liegen die prozessoptimierenden Handlungsfelder Smart Logistics (42 Prozent) und Smart Manufacturing / Industrie 4.0 (41 Prozent) an der Spitze der Einsatzbereiche. Während Smart Logistics auch in Zukunft - wohl aufgrund des Ausbaus von Internethandel & Co. - weiter zunehmen werden (45 Prozent), erreicht Smart Manufacturing (35 Prozent) bereits eine Sättigung: Dies kann daran liegen, dass einige Unternehmen mit kleineren Produktionsbereichen ihre Aktivitäten weitgehend ausgerichtet haben und nicht mehr "neu vorantreiben" müssen.

Neben den nicht-differenzierenden internen Bereichen investieren die Unternehmen branchenunabhängig in zahlreiche neue, differenzierende Use Cases. Connected Car (41 Prozent), Digital Insurance / Banking (38 Prozent), Connected Retail (36 Prozent) oder auch Smart Home (35 Prozent) gehören in Zukunft ebenfalls zu den Wachstumsbereichen. Gerade in Branchen mit stagnierendem oder rückläufigem Kerngeschäft sind diese Technologien und das IoT nach Ansicht der Studienautoren ein wichtiger Faktor. Nach der ersten Anlaufphase können sie auf Basis eigener Projekte neue Geschäftsbereiche begründen und Business-Modelle erschaffen. Somit gehen die kontinuierlichen und taktischen UseCases rund um das Internet of Things zukünftig eher zurück, disruptive Bereiche gewinnen dagegen massiv an Boden.

Innovation muss finanziert werden

So urteilen (Schulnoten 1 - 6) die Anwender über die großen IoT-Anbieter. Auffallend ist das mäßige Abschneiden der Cloud-Anbieter.
So urteilen (Schulnoten 1 - 6) die Anwender über die großen IoT-Anbieter. Auffallend ist das mäßige Abschneiden der Cloud-Anbieter.
Foto: Crisp Research

Allerdings müssen diese Investitionen auch finanziert werden. Auffallend ist dabei, dass über 60 Prozent des Budgets für IoT-Projekte nicht unmittelbar aus der IT stammen. Für die Autoren ist das ein Beleg dafür, dass IoT auch monetär ein interdisziplinäres Projekt ist. Alle Abteilungen leisten ihren Buy-In für den IoT-Marathon um in allen Bereichen erfolgreich sein zu können.

IoT-Architektur kostet Geld

Dabei fressen Planung und Aufbau einer IoT-Architektur einen wesentlichen Teil des Gesamtbudgets (68 Prozent). Damit wird mehr in die Konzeptionierung und den initialen Aufwand als in Hardware und Weiterentwicklung des Business Case gesteckt.

Respekt vor Internetgiganten und Start-ups

Die Vielzahl an Herausforderungen und der Mangel an Erfahrung mit den neuen IoT-Geschäftsmodellen, lässt auch führende Konzerne und "Hidden Champions" Respekt vor digitalen Wettbewerbern haben. So sehen die befragten Unternehmen vor allem Internetunternehmen und Start-ups als ihre zentralen Wettbewerber im IoT Business.

Die Studie zum Download finden Sie auf den Webseiten der Lufthansa Industry Solutions.