Sprachkenntnisse reichen nicht

Interkulturelle SAP-Projekte erfordern viel Geduld

07.10.2014
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Die SAP-Welt ist international, interkulturell und oft in virtuellen Teams vernetzt. Welche Herausforderungen sich dadurch ergeben, beschreibt Veronika Blaskova, Teamleiterin beim SAP-Beratungsunternehmen DataVard, im CW-Gespräch.

Teil eines interkulturellen Teams zu sein ist eine bereichernde Erfahrung, sofern man gut vorbereitet ist und die kulturellen Gepflogenheiten kennt. „Das Wissen um kulturelle Unterschiede ist das eine. Im Arbeitsalltag Geduld und Toleranz für die oft sehr unterschiedlichen Arbeitsstile aufzubringen ist das andere“, so die Erfahrung von Veronika Blaskova. Die SAP-Beraterin begleitet seit elf Jahren Projekte in Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und den USA. Seit 2011 führt die Slowakin als Solution Center Lead ERP beim Software- und Beratungsunternehmen DataVard internationale Teams in System-Landscape-Optimization (SLO)-Projekten in Europa und Amerika.

Small Talk und Dresscode

Veronika Blaskova arbeitet als SAP-Beraterin bei Datavard. Sie betreut inzwischen seit elf Jahren internationale Projekte.
Veronika Blaskova arbeitet als SAP-Beraterin bei Datavard. Sie betreut inzwischen seit elf Jahren internationale Projekte.
Foto: Privat

Der IT-Dienstleister unterhält sieben Niederlassungen in Deutschland, Italien, der Slowakei, den USA und dem Vereinigten Königreich (UK). Die Zusammenarbeit in den Teams verläuft häufig virtuell, die Hauptsprache ist Englisch. Für die interkulturelle Zusammenarbeit reichen virtuelle Treffen nicht aus. Deshalb finden zweimal jährlich mehrtägige Team-Events statt, auf denen sich die DataVard-Mitarbeiter austauschen und besser kennenlernen können. Regelmäßig angebotene Sprachkurse in Englisch und Deutsch sowie Kommunikationstrainings unterstützen die Verständigung der Mitarbeiter. „Hier lernen wir wichtige Nuancen im Umgang mit den Kollegen im Ausland kennen. Etwa welche Themen für den Small Talk infrage kommen und welche tabu sind“, erzählt Blaskova. Auch der richtige Dresscode oder die verschiedenen Essgewohnheiten werden thematisiert, um sich im jeweiligen Land angemessen zu verhalten. Interkulturelle Trainings machen den Mitarbeitern ihre eigene 'kulturelle Brille' bewusst und bringen sie dazu, die Perspektive einer anderen Kultur einzunehmen. „Das bereichert die Persönlichkeit enorm“, ist die SAP-Spezialistin überzeugt.

Direkte oder indirekte Kritik?

Kulturelle Besonderheiten begegnen Blaskova täglich: „Gerade im Kommunikations- und Arbeitsstil gibt es selbst innerhalb Europas große Unterschiede. Im deutschen Sprachraum oder in der Slowakei ist es selbstverständlich, dass die Projektbeteiligten darauf achten, alle Daten und Dokumente im Rahmen des Zeitplans abzuliefern.“ Dies sei aber in Südeuropa nicht die Regel. Hier werde es als Aufgabe des Projekt-Managements angesehen, regelmäßig proaktiv an Termine zu erinnern. „Solche Dinge muss man wissen und im Projekt-Management berücksichtigen, sonst gerät der Zeitplan schnell aus den Fugen“, ergänzt sie.

Kompliziert könne es auch im sozialen Miteinander werden, wenn man Kollegen unbeabsichtigt „auf die Füße tritt“. Direktes Formulieren von Kritik, wie in Deutschland oder Osteuropa üblich, werde in Ländern wie den USA, die eher einen indirekten Kommunikationsstil pflegen, als unhöflich oder gar beleidigend empfunden. Hier braucht es neben sehr guten Sprachkenntnissen Feinfühligkeit und Erfahrung, um Missverständnisse zu vermeiden. „Dieses Gespür entwickelt nur, wer gut beobachtet, zuhört und sich aufmerksam mit dem Gegenüber beschäftigt“, ist Blaskova überzeugt.

Auch innerhalb der DataVard-Belegschaft kennt man solche Situationen. So waren die übrigen Teammitglieder anfangs über den Umgangston zwischen den slowakischen Kollegen irritiert, den sie als hierarchisch, direktiv und harsch wahrnahmen. Dank der Zusammenarbeit in den interkulturellen Teams, Trainings und Team-Events konnte sich eine Unternehmenskultur entwickeln, in der sich heute alle wiederfinden. „Die ständige Konfrontation mit diesen kulturellen Besonderheiten innerhalb der Belegschaft führte dazu, dass sich mit der Zeit eine gewisse Sensibilität entwickelt hat, die uns auch bei der Zusammenarbeit mit internationalen Kunden zugutekommt“, betont Blaskova.

Mail kann Telefongespräch nicht ersetzen

Bei der Arbeit in internationalen Teams sei vor allem Flexibilität hinsichtlich der Arbeitszeiten gefragt. „In den USA ist es aufgrund der verschiedenen Zeitzonen selbstverständlich, geschäftliche Termine auch in die frühen Morgen- oder späten Abendstunden zu legen und Telefontermine von zu Hause aus zu erledigen“, weiß Blaskova. Ohne die Bereitschaft der Mitarbeiter, ihre Arbeitszeit anzupassen, sei eine Kommunikation in virtuellen Teams über verschiedene Zeitzonen hinweg aber nicht fruchtbar, denn gemeinsame Gespräche via Telefon seien auch durch Mails nicht zu ersetzen. Mitarbeiter können in den internationalen Projekten häufig notwendige Wochenend- oder Feiertagsarbeit mit einem Zeitausgleich kompensieren.

Veronika Blaskova startet internationale Projekte immer mit einem persönlichen Treffen, um eine gute Basis zu schaffen. So entsteht meist schon zu Beginn ein angeregter Austausch.

Gerade bei internationalen Projekten ist es wichtig, daß sich alle Beteiligten auch persönlich kennen. Hier das Team des Beratungsunternehmens Datavard, bestehend aus fünf verschiedenen Nationalitäten.
Gerade bei internationalen Projekten ist es wichtig, daß sich alle Beteiligten auch persönlich kennen. Hier das Team des Beratungsunternehmens Datavard, bestehend aus fünf verschiedenen Nationalitäten.
Foto: Datavard