Millionenstrafe

Intel bläst Übernahme von Tower Semiconductor ab

16.08.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Nachdem offenbar chinesische Behörden ihre Zustimmung verweigerten, hat Intel die Übernahme von Tower Semiconductor aus Israel abgesagt.
Aus dem Deal zwischen Intel und Tower Semiconductor wird nichts.
Aus dem Deal zwischen Intel und Tower Semiconductor wird nichts.
Foto: Andrii Yalanskyi - shutterstock.com

Die Akquisition von Tower Semiconductor durch Intel ist geplatzt. Der US-Konzern hatte Mitte Februar 2022 bekannt gegeben, den israelischen Auftragsfertiger für 5,4 Milliarden US-Dollar übernehmen zu wollen. Dieser Plan ist eineinhalb Jahre später nicht aufgegangen.

Die Intel-Verantwortlichen erklärten, man habe sich mit Tower Semiconductor darauf verständigt, die Übernahmevereinbarung zu kündigen. Der Grund: Die im Rahmen der Fusionsvereinbarung erforderlichen behördlichen Genehmigungen konnten nicht alle rechtzeitig eingeholt werden. Am 15. August war eine entsprechende Frist abgelaufen.

Bereits im Vorfeld hatten die Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters unter Berufung auf interne Quellen berichtet, dass offenbar die Zustimmung der Regulierungsbehörden aus China fehle. Die Möglichkeit, die Zustimmungsfrist inklusive der damit verbundenen Unsicherheiten noch einmal zu verlängern, war für die Intel-Verantwortlichen keine Option. Stattdessen zogen sie die Reißleine und kündigten den Übernahme-Deal. Damit wird auch eine Strafgebühr in Höhe von 353 Millionen US-Dollar an Tower Semiconductor fällig.

Intel will weiter investieren

Mit dem Zukauf wollte Intel seine Auftragsfertigung stärken. Im Frühjahr 2021 hatte Konzernchef Pat Gelsinger angekündigt, die Chip-Produktion in den USA und Europa mit Milliardeninvestitionen hochfahren zu wollen. Zu der Strategie gehörte auch, sich mit den Intel Foundry Services (IFS) als Auftragsfertiger im Markt gegen andere Schwergewichte wie TSMC aus Taiwan zu positionieren.

Intel träumt vom goldenen Halbleiter-Zeitalter

Tower Semiconductor betreibt in Israel, Italien, Japan sowie den USA mehrere Werke für 150-Millimeter- und 200-Millimeter-Wafer, während Intel selbst ausschließlich 300-Millimeter-Wafer verarbeitet. Darüber hinaus ist der Halbleiterproduzent aus Israel auf analoge Chips spezialisiert, die vor allem in der Automobil-, Mobilfunk-, Medizin- und Luftfahrtindustrie eingesetzt werden.

Für Intel-CEO Pat Gelsinger bleibt auch nach dem abgesagten Deal mit Tower Semiconductor die Foundry-Strategie rund um IFS ein Grundpfeiler seiner Pläne.
Für Intel-CEO Pat Gelsinger bleibt auch nach dem abgesagten Deal mit Tower Semiconductor die Foundry-Strategie rund um IFS ein Grundpfeiler seiner Pläne.
Foto: Intel

Intel-Chef Gelsinger will sich von dem gescheiterten Deal allerdings nicht entmutigen lassen. "Unsere Foundry-Bemühungen sind von entscheidender Bedeutung und wir treiben weiterhin alle Facetten unserer Strategie voran", sagte der Manager. Es gelte weiter zu investieren, um eine geografisch vielfältige und belastbare Fertigungspräsenz zu schaffen. Intel werde auch in Zukunft nach Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit Tower Semiconductor suchen. ?

Intel - ein Opfer geopolitischer Spannungen?

Gelsinger hatte bis zuletzt versucht, den Deal zu retten. Im Juli war der Manager zu Gesprächen mit chinesischen Politikern ins Reich der Mitte gereist - allerdings ohne Erfolg, wie sich jetzt herausstellte. Der US-amerikanische Halbleiterriese könnte Opfer der wachsenden Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China geworden sein. Zwischen den beiden Supermächten schwelen viele Streitherde - das reicht von der Taiwan-Frage bis zum Handel mit Hightech-Produkten.

Die Biden-Administration hatte zuletzt die Ausfuhrverbote von Chiptechnologien nach China weiter verschärft. Das kommunistische Regime in Peking hatte daraufhin Gegenmaßnahmen angekündigt, ohne diese jedoch weiter zu konkretisieren.

CHIPS and Science Act: Biden belebt US-Chipindustrie wieder

Für Intel kommt der geplatzte Deal zu einer Unzeit. Der Konzern leidet nach wie vor unter den massiven Einbrüchen im weltweiten PC-Geschäft. Nach dem Boom der Corona-Jahre war der Absatz in den vergangenen Quartalen deutlich zurückgegangen. Dazu beigetragen hat, dass Unternehmen weltweit angesichts der mauen Konjunkturaussichten auf die Sparbremse treten und auch bei den Konsumenten angesichts der grassierend hohen Inflationsraten das Geld längst nicht mehr so locker sitzt.

Auch Intel muss sparen und hat angekündigt, bis 2025 seine Kosten um acht bis zehn Milliarden Dollar zu drücken. Auf der anderen Seite muss der Konzern allerdings auch in neue Fabrikationsanlagen investieren, um das künftige Geschäft zu sichern. Dazu gehören unter anderen auch Fabs in Magdeburg, für die sich der US-Konzern Milliarden Subventionen des deutschen Staates gesichert hat.