Nach Fertigungsproblemen

Intel baut Management um

28.07.2020
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Intel-Chef Bob Swan räumt im Management auf, nachdem Probleme in der Prozessorfertigung für negative Schlagzeilen gesorgt hatten.
Intel strukturiert um im Management: Nach Fertigungsproblemen setzte CEO Bob Swan zum Befreiungsschlag an.
Intel strukturiert um im Management: Nach Fertigungsproblemen setzte CEO Bob Swan zum Befreiungsschlag an.
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Obwohl Intel gute Zahlen für sein drittes Geschäftsquartal vorlegte, strafte die Börse den Chipprimus heftig ab, denn der Ausblick für die nächsten Monate fiel nur mäßig aus. Außerdem stieß den Investoren sauer auf, dass Intel mit seiner kommenden Generation der im 7-Nanometer(nm)-Verfahren gefertigten Prozessoren nur schleppend vorankommt. Entsprechende CPUs sollen nun nicht mehr 2021, sondern ab Mitte 2022 (Client-CPU Meteor Lake) beziehungsweise sogar erst Anfang 2023 (Server-CPUs Granite Rapids) herauskommen.

Hintergrund ist ein gravierendes Problem in der Produktion, das zu einer viel zu hohen Ausschussrate führt. Intel fertigt seine Prozessoren grundsätzlich selbst, doch CEO Bob Swan deutet nun an, dass er sich auch ein Outsourcing von Teilen der Fertigung vorstellen könne.

Intels Fertigungsprobleme

In den Jahren zuvor hatte Intel auch schon enorme Schwierigkeiten mit dem 10-nm-Fertigungsverfahren. Finanzchef George Davis sagte auf einer Analystenkonferenz im März diesen Jahres, das 10-nm-Produktionsverfahren sei für Intel bislang weniger produktiv als das 14-nm- und auch als das 22-nm-Verfahren. Nach jahrelanger Verzögerung kommen die Chips heute zwar in Ultrabooks und in Server-CPUs der Ice-Lake-Serie zum Einsatz, aber Chipausbeute und Taktraten entsprechen nicht den Erwartungen. Davis gab zu, dass Intel hinter dem Wettbewerb zurückliege. Mit dem 7-nm-Verfahren wolle man aber mit den Rivalen gleichziehen - und mit dem 5-nm-Verfahren in ein paar Jahren dann die Spitze zurückerobern.

Bislang hielt Intels klare Marktführerschaft bei PC- und Server-Prozessoren. Doch der Rivale AMD macht Boden gut.
Bislang hielt Intels klare Marktführerschaft bei PC- und Server-Prozessoren. Doch der Rivale AMD macht Boden gut.
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Beim Intel-Rivalen AMD scheint indes alles nach Plan zu laufen: Die Zen-3-Prozessoren (Ryzen 4000) werden im 7-nm-Verfahren gefertigt, der Desktop-Chip "Vermeer" soll noch vor Jahresfrist auf den Markt kommen. Auch der Nachfolger Zen 4 (Ryzen 5000), der in 5-nm-Fertigung produziert wird, scheint nach Plan voranzukommen. Vergleiche mit der Intel-Welt sind allerdings nicht angemessen: Das 7-nm-Verfahren bei Intel ist nicht der entsprechenden Produktion bei AMD beziehungsweise dessen Auftragsfertiger TSMC gleichzusetzen.

Intel-Manager Renduchintala muss gehen

Bei all den Problemen sah sich Intel-CEO Bob Swan nun zu einem Befreiungsschlag genötigt. Das Unternehmen kündigte an, die zuständige Technology, Systems Architecture and Client Group (TSCG) in fünf Bereiche aufzuteilen und den zuständigen Chief Engineering Officer Venkata ("Murthy") Renduchintala, den bis dato vielleicht wichtigsten Manager hinter Swan, zu entlassen. Aus der TSCG entstanden sind folgende fünf Gruppen:

  • Technologieentwicklung,

  • Herstellung und Betrieb,

  • Design Engineering,

  • Architektur, Software und Grafik sowie

  • Supply Chain.

Die Teams erhalten jeweils ein eigenes Management, das direkt an Swan berichtet. "Ich freue mich darauf, direkt mit diesen talentierten und erfahrenen Technologiespezialisten zusammenzuarbeiten", lässt sich Swan in einer Mitteilung zitieren. Renduchintala, der 2015 von Qualcomm zu Intel gekommen war, gehörte genauso wie der ehemalige AMD-Chipdesigner Jim Keller zum Kreis der Manager, die erst Ende 2018 symbolträchtig im Hause von Intel-Mitgründers Robert Noyce einen Neuanfang angekündigt hatten. Doch Keller, der mit vorherigen Stationen bei Apple, AMD und Tesla als Star der Branche gilt, trat Mitte Juni 2020 nach nur zwei Jahren "aus persönlichen Gründen" zurück.

Robert Swan, CEO von Intel, baut das Unternehmen im Bereich der Chipherstellung um.
Robert Swan, CEO von Intel, baut das Unternehmen im Bereich der Chipherstellung um.
Foto: Intel

Mit der nun veröffentlichten Meldung, den 7-nm-Produktionsprozess zu verzögern und eine Auslagerung oder eine Produktionspartnerschaft für die Herstellung in Betracht zu ziehen, schockierte Intel die Märkte. Eine Anwaltskanzlei hat bereits angekündigt, Aktionäre zu vertreten, die durch die Verzögerung des Fertigungsverfahrens und den dadurch ausgelösten Kurseinbruch zu Schaden kamen.

Starkes Quartal - trotz Corona

Trotz allem konnte Intel für sein zweites Geschäftsquartal sehr gute Zahlen vermelden. Der Umsatz stieg auf 19,7 Milliarden Dollar - ein Plus von 20 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode (16,5 Milliarden Dollar). Auch den Nettoertrag konnte der Konzern deutlich steigern: von 4,2 Milliarden Dollar im zweiten Quartal 2019 auf nunmehr 5,1 Milliarden. Intel wuchs vor allem mit Kunden aus dem Rechenzentrums-Spektrum (plus 43 Prozent) sowie mit Cloud-Providern (plus 47 Prozent). Deutlich langsamer ging es im PC-Geschäft voran (plus sieben Prozent).