Das maschinelle Lernen ist einer der zentralen Bausteine für kognitive Analysen. Es bezeichnet spezielle Verfahren der statistischen und prognostischen Analytik, bei denen eine Applikation "lernt", ohne dass dazu eine Programmierung notwendig ist. Die Applikation nutzt die erfassten Daten, wertet sie aus und passt auf dieser Basis die eigenen Aktivitäten an.
Typische Anwendungsszenarien sind Zustandsüberwachung und Predictive Maintenance, Nachfrageprognosen in der Fertigungsindustrie oder im Handel, Prozessoptimierung und Telematik. Im Grunde genommen handelt es sich beim maschinellen Lernen um eine Prognosetechnologie, bei der betriebswirtschaftlich gesprochen die Kosten für eine Vorhersage aufgrund des technischen Fortschritts gesunken sind. Für Unternehmen lohnt es sich daher, Prognoseverfahren in immer mehr Anwendungsszenarien einzusetzen.
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Das Advanced Analytics Continuum
Mit dem Begriff Advanced Analytics werden üblicherweise neben dem maschinellen Lernen auch andere Verfahren in Verbindung gebracht, zum Beispiel Clustering, Cognitive Computing, künstliche Intelligenz, neuronale Netzwerke und Regression. Alle diese Methoden lassen sich auf einem sogenannten "Advanced Analytics Continuum" einordnen, das vier Stufen umfasst:
Die beschreibende Analyse (Descriptive Analytics) gehört im Grunde genommen nicht zu Advanced Analytics; sie wird aber benötigt, um zu dokumentieren, was beispielsweise in einer bestimmten Geschäftsperiode passiert ist. Descriptive Analytics gehört traditionell zur Domäne des klassischen Business Intelligence, das sich in erster Linie auf vergleichende Analysen konzentriert. Die wichtigsten Analyse-Tools sind Reports, Dashboards und Alerts.
Die prognostische Analytik (Predictive Analytics) konzentriert sich darauf, Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge sowie Muster und Trends in Daten aufzudecken, um daraus zukünftige Entwicklungen, Ergebnisse oder Ereignisse vorhersagen zu können. Im Bereich der prognostischen Analytik stehen Methoden wie Clustering, Klassifizierung und Regressionsanalyse bereit. Verfahren wie die Varianzanalyse, die Kovarianzanalyse und die Wahrheitsmatrix dienen dazu, die Güte eines Prognosemodells zu messen.
Die präskriptive oder "empfehlende" Analytik (Prescriptive Analytics) befasst sich mit dem Aufbau analytischer Modelle, die Anwendern anraten können, welche Maßnahmen Mitarbeiter ergreifen sollten, um zentrale Geschäfts- oder operative Prozesse zu optimieren. Zu den wichtigsten analytischen Algorithmen im Bereich der präskriptiven Analytik gehören kollaboratives Filtern (Collaborative Filtering), neuronale Netzwerke, Deep Learning und maschinelles Lernen.
Die kognitive Analytik (Cognitive Analytics) fokussiert sich darauf, Programmierumgebungen, Systeme oder Applikationen zu schaffen, die sich selbst überwachen, diagnostizieren, reparieren und schließlich selbst lernen sowie sich weiterentwickeln können. Diese Programmierumgebungen messen kontinuierlich die Effektivität von Entscheidungen anhand von Resultaten und Folgen, und aktualisieren oder verfeinern die analytischen Modelle. Ein Beispiel dafür ist ein autonomes Fahrzeug, das sich durch eine neue Umgebung bewegt und schnell die Feinheiten dieser Umgebung, wie zum Beispiel Verkehrsmuster, Schlaglöcher, Wartungsarbeiten, Temperaturschwankungen, Windböen und Niederschläge, kennenlernen muss. Zu den aktuellen Analyse-Tools der Wahl im Bereich der kognitiven Analytik gehören bestärkendes Lernen (Reinforcement Learning), künstliche Intelligenz und Cognitive Computing.
Wie aber kann maschinelles Lernen die Geschäftsprozesse und -modelle von Unternehmen positiv beeinflussen, die Entscheidungsprozesse verbessern und die Effizienz steigern? Eine Orientierungshilfe dabei kann der Big Data Business Model Maturity Index liefern. Das Framework besteht aus den fünf Stufen
Business Monitoring,
Business Insights,
Business Optimization,
Insight Monetization sowie
Business Metamorphosis,
und hilft Unternehmen zu verstehen, wie und wo sie mit Data Analytics und vor allem mit Advanced Ana-lytics ihre gesamtes Geschäftsmodell optimieren und zukunftsfähig gestalten können.
Die Kombination des Big Data Business Model Maturity Index und des Advanced-Analytics-Kontinuums liefert Unternehmen darüber hinaus eine Orientierung, wie sie ihre digitale Transformation zielgerichtet vorantrei-ben können. Auch wenn die Abbildung des Advanced Analytics Continuum auf den Big Data Business Model Maturity Index nicht lückenlos gelingt, erhalten Unternehmen doch nützliche Hinweise, in welche aktuellen Analyseverfahren sie investieren sollten. Es verhilft auch zu einem besseren Verständnis der Vorteile dieser Analysen für einen Fortschritt entlang des Reifegradindex.
Aktuelle Analytik im praktischen Einsatz
An einem Beispiel der Auswertung von Daten zu schweren Unfällen im Straßenverkehr einer Großstadt lässt sich der Nutzen der verschiedenen Analytik-Verfahren demonstrieren.
• Beschreibende Analysen: Den Ausgangspunkt bildet eine beschreibende Analyse des Geschehenen, beispielsweise ein Stadtplan, auf dem alle schweren Unfälle im Verlauf eines Jahres abgebildet sind. Das ist die typische Aufgabe einer Business-Intelligence-Applikation.
• Prognostische Analytik: Durch die Anwendung statistischer Verfahren wie Clustering, Klassifikation und Regressionsanalysen lassen sich bestimmte Faktoren, wie Jahreszeiten, Wochentage, Tageszeiten, Lkw-Verkehr, Baustellen oder Straßenbauarbeiten identifizieren, die bei den Unfällen eine ursächliche Rolle spielten. Auf Basis dieser Erkenntnisse entstehen Prognosen, wann und wo die Wahrscheinlichkeit schwerer oder gar tödlicher Unfälle besonders hoch ist.
• Präskriptive/Empfehlende Analytik: Ziel dabei ist es, die Faktenlage zur Vorbereitung von Entscheidungen zu verbessern sowie die zentralen Prozesse, Einsatzpläne und Stationierungsstandorte von Behörden und Rettungskräften zu optimieren. Es ist wichtig, dass die Applikation die tatsächlichen Entscheidungen über den Ort und den Zeitpunkt des Aufenthaltsortes der Polizei- und Rettungskräfte erfasst, um die Wirksamkeit der präskriptiven Analytik und deren Empfehlungen zu messen. Die Fakten zu den Entscheidungen und den damit verbundenen Ergebnissen liefern den Grundstock für die nächstfolgende Stufe auf dem Advanced-Analytics-Kontinuum.
• Kognitive Analytik: Hier geht es darum, eine intelligente, selbstlernende Applikation zu entwickeln, um die Zahl der schweren Unfälle dauerhaft zu reduzieren. Die Applikation muss kontinuierlich neue Fakten aus den verschiedenen Datenquellen verarbeiten und das Modell weiter verfeinern. Es sollte einem Data Scientist beispielsweise mitteilen, welche Variablen die höchste Prognosewahrscheinlichkeit besitzen. Der ent-scheidende Punkt dabei ist die Lernfähigkeit, um die Prognosegenauigkeit zu erhöhen.
Die Führungskräfte von heute können sich allerdings nicht damit begnügen, das Verständnis der aktuellen Analytikmöglichkeiten nur ihren Data-Science- oder Business-Analyst-Teams zu überlassen. Sie sollten selbst die Grundlagen moderner Analytik verstehen, damit sie bestimmen können, wo und wie sie diese im Unternehmen einsetzen können, um ihr Geschäftsmodell zu optimieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Nicht zuletzt geht es darum, wie Unternehmen ihre Geschäftsmodelle mithilfe aktueller Analytik neu erfinden können.
IDG Business Research hat rund um die Themen Analytics und Machine Learning eine Reihe von Studien herausgebracht: