Spätestens in drei Jahren werden weltweit über 20 Milliarden Dinge über das Internet verbunden sein, das prognostizieren die Marktauguren aus dem Hause Gartner. Neben dem Consumer-Umfeld mit seinen Web-Gadgets spielt das Internet of Things vor allem in der industriellen Fertigung eine Rolle: Nachdem die vom Bundeswirtschaftsministerium initiierte Plattform Industrie 4.0 und das US-amerikanische Industrial Internet Consortium (IIC) angekündigt haben, ihre Referenzarchitekturen RAMI respektive IIRA zusammenzuführen, zeigen sich immer mehr Anwenderunternehmen einer IoT-Initiative gegenüber aufgeschlossen.
Derzeit ist das IoT-/Industrie-4.0-Terrain noch unübersichtlich und voller Stolpersteine. Denen, die sich trotzdem hinein wagen, bieten Hersteller und Beratungsunternehmen wie Gartner kostenpflichtige Hilfe an. Ein paar unentgeltliche Empfehlungen gab jedoch der Gartner-Analyst und Research Director Alexander Höppe auf einem exklusiven Workshop für Kunden und Interessenten.
Das Reifegradmodell zeigt Handlungsbedarf auf
Welche Bedeutung und welche Konsequenzen IoT beziehungsweise Industrie 4.0 für ein bestimmtes Unternehmen haben, ist nur im Einzelfall ermittelbar. Grundlegend für das Verständnis ist laut Höppe immer eine klare "Value Proposition" (Aussicht auf Nutzen oder Vorteile). Dazu gehöre aber auch eine kritische Bestandsaufnahme der eigenen Möglichkeiten. Dafür hat Gartner denn auch ein "Reifegradmodell" entwickelt. Seine fünf Stufen heißen:
1. (rein) reaktiv;
2. explorativ (ausprobierend);
3. emerging (sich entwickelnd);
4. nach innen voll integriert;
5. nach außen voll integrationsfähig.
Um den IoT-Reifegrad eines Unternehmens zu bestimmen, sollen dessen Entscheidungsträger abschätzen, wie es um die interne Kommunikation, um Architektur-, Beschaffungs- und Projekt-Management, um den "menschlichen Faktor" (Skills und Firmenkultur) sowie um das Bewusstsein für den "Business Outcome" bestellt ist. Sinnvollerweise nutzen sie dazu eine Skala von 0 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut). Der ermittelte Istzustand lässt sich in Form einer Spinnennetz-Grafik darstellen. Vergleicht man die Ist-Linie mit dem selbst definierten Soll, wird der Handlungsbedarf deutlich.
Value Proposition als Argumentationshilfe
Industrie 4.0 bedingt die Integration von Informationstechnik (IT) und Operational Technology (OT) auf allen Stufen der Wertschöpfungskette. Auch Marketing und Vertrieb sind zur Party eingeladen. Es gilt, Silos aufzulösen und Interoperabilität zu fördern. Auf der technischen Ebene bedeutet das: Domain-übergreifendes Daten-Management, Abstraktion der Daten von Altsystemen und proprietären Schnittstellen, Management der "cyber-physikalischen" Sicherheit von Anfang bis Ende sowie integrierte Governance-Strukturen.
Idealerweise bringt der CIO seine Einschätzung der technischen Möglichkeiten ein und koordiniert die "Roadmap" für die gesamte IoT-Initiative sowie die Umsetzung der Einzelprojekte. Aus den Fachbereichen (der OT) kommen in den meisten Fällen die Projektideen. Und das ist richtig so, denn das "Buy-in" (die uneingeschränkte Unterstützung) der Geschäftsleitung lässt sich nur durch ein überzeugendes Wertversprechen erringen. Das ergibt sich häufig aus dem "Business Moment" (Gartner-Diktion), beispielsweise einem Systemausfall oder einer Kundenbeschwerde, die konkretes Verbesserungspotenzial signalisieren. Die daraufhin entwickelten IoT-Szenarien sollten sich strikt an der Wertschöpfungskette ausrichten, raten die Analysten.