Seit 2020 untersucht das Institut der deutschen Wirtschaft (IW), wie es um die Digitalisierung der hiesigen Wirtschaft bestellt ist. Die Ergebnisse für 2023 sind ernüchternd, heißt es in einer Mitteilung zu den jüngsten Untersuchungsergebnissen. In dem 2020 auf 100 Punkte normierten Digitalisierungsindex erreichte die Wirtschaft hierzulande im vergangenen Jahr einen Wert von 108,6 Zählern - das sind knapp zwei Punkte weniger als noch im Jahr zuvor (2021: 110,5).
Das Jahr 2023 sei für die Unternehmen in Deutschland schwierig gewesen, stellten die Marktforscher des IW fest. Sie verweisen auf stark gestiegene Kosten, anhaltende Lieferengpässe und politisch bedingte Unsicherheiten. Dadurch sei offenbar für viele Betriebe die Digitalisierung in den Hintergrund gerückt.
Betrachtet man einzelne Kategorien beziehungsweise Branchen, zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede. Dem IW zufolge war 2023 vor allem bei der Digitalisierung von Produkten ein deutlicher Rückschritt zu beobachten (minus 15 Punkte auf 87,9 Zähler). Möglicherweise hätten viele Unternehmen aufgrund des allgemeinen Kostendrucks Investitionen in digitale Produkte zurückgestellt, vermuten die Marktbeobachter.
Deutliche Fortschritte seien dagegen in der Kategorie Qualifizierung zu verzeichnen gewesen - von knapp 88 auf gut 97 Punkte. Dieser Wert sei ein Beleg dafür, dass die Unternehmen verstärkt Weiterbildungen für IT-Fachkräfte und -Anwender anbieten, hieß es. Damit reagierten die Firmen auf die weiter gewachsene Fachkräftelücke in Digitalisierungsberufen. Diese spiegelt sich in der unternehmensexternen Kategorie Humankapital wider, die fast 17 Punkte auf 95,7 Zähler einbüßte.
Tiefe digitale Gräben zwischen Branchen und Regionen
Auch an anderer Stelle offenbaren sich große Unterschiede. Beispielsweise ist das Gefälle zwischen den Wirtschaftszweigen groß. Während die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) wenig überraschend mit 293 Punkten mit Abstand vorn liegt, bildet der Bereich Baugewerbe/Ver- und Entsorgung mit gerade einmal 67 Punkten das Schlusslicht.
Auch zwischen den einzelnen Regionen in Deutschland vertiefen sich die digitalen Gräben wieder, nachdem die Bundeländer 2022 enger zusammengerückt waren. Süddeutschland bleibt mit fast 130 Digitalisierungspunkten trotz leichter Einbußen klar vorn, während Ostdeutschland fast elf Zähler verliert und mit knapp 99 Punkten auf den letzten Rang zurückfällt.
Die Digitalisierung in Deutschland stagniert, lautet das Fazit der IW-Analysten. Perspektivisch werde die deutsche Wirtschaft bei der Digitalisierung nur dann schneller vorankommen, wenn auch die Rahmenbedingungen passten. Diese dürften sich nicht als Nadelöhr erweisen, sondern müssten die Digitalisierung stattdessen beflügeln. Dazu gehörten der weitere Ausbau der Infrastruktur, also unter anderem der Datennetze, sowie administrativ-rechtliche Regelungen, die digitalisierungsaffine Unternehmen fördern und nicht bürokratisch behindern. An diesen Stellen hätte sich das Umfeld zuletzt nur marginal verbessert, wenn nicht gar verschlechtert.