Abas Software AG, Business Software Hersteller für fertigungsnahe Unternehmen wird von Forterro, einem internationalen Zusammenschluss von ERP-Firmen übernommen. IFS und Acumatica bekommen eine gemeinsame Mutter und sollen künftig ein Cloud-ERP-Powerhouse bilden. In den Markt für Unternehmenssoftware, oder Neudeutsch: Enterprise Application Software (EAS), kommt zunehmend Bewegung. Akquisen und Zusammenschlüsse sind Zeichen für die Disruption im Markt - stürmische Zeiten kündigen sich an.
Den EAS-Markt teilen sich primär zwei Arten von Unternehmen unter sich auf: Software-Hersteller und Software-Anbieter. Hersteller sind primär Firmen, die eine Unternehmenssoftware programmiert haben und auf dem Markt anbieten. Der Vertriebsweg kann direkt oder indirekt sein. Beim Direktvertrieb kauft der Interessent direkt beim Hersteller - auf dem indirekten Weg kommen die Anbieter ins Spiel. Sie sind meist Vertriebspartner eines Herstellers und übernehmen die Marktbearbeitung. Im Gegenzug erhalten Sie eine Marge für Ihre Mühen. Oft bieten Anbieter als Systemhaus noch weitere Dienstleistungen an und versuchen sich als Full-Service-IT-Lieferant für Anwenderunternehmen.
Die Cloud wirbelt die EAS-Geschäfte durcheinander
Die Cloud hat auch vor Enterprise Application Software nicht haltgemacht. Dies zeigen beispielsweise die Umsatz- und Gewinnsteigerungen des Cloud-ERP-Herstellers myfactory in den letzten Jahren und die zahlreichen von verschiedensten Herstellern ins Leben gerufene Cloud-Strategien. Je nach Markteintritt haben Hersteller bereits von Anfang an auf ein Cloud-basiertes Betriebsmodell ihrer Software gesetzt, oder müssen ihre Software im nachhinein "Cloud-fähig" machen.
Einige Hersteller waren tatsächlich der Meinung, dass sich der Cloud-Trend nicht hält und haben die Entwicklung schlichtweg verschlafen. Sie verkaufen im Moment zum Teil Pseudo-Cloud-Lösungen, also Implementierungen, die zwar über das Internet verfügbar sind, aber nicht dieselbe Flexibilität mitbringen, die eine echte Cloud-Lösung bietet. Diese Fakes sind daran zu erkennen, dass einzelne Software-Module nur über eine klassische Installation verfügbar sind oder die Abrechnung und Lizensierung der Software immer noch den Standards aus den 90er-Jahren entspricht - diese sind meist unflexibel.
Lesen Sie mehr zum Thema ERP:
Mittlerweile weht aber ein zunehmend rauerer Wind am Markt. In der Vergangenheit wurde oft auf einen Partner-Vertrieb gesetzt - so ließ sich ein kundennaher Service über den Anbieter gewährleisten. Die Cloud verändert aber die Spielregeln. Durch die neue Technologie rücken die Hersteller selbst näher an die Kunden heran. Sie können Dank der digitalen Nähe über das Internet ihre Produkte einfacher selbst vertreiben. Einige Hersteller kappen deshalb Ihr Partner-Modell und betreuen im Cloud-Modus die Kunden mittlerweile selbst. Anbieter sehen sich zunehmend gegenüber den Herstellern in Konkurrenz und bangen um Ihre Relevanz als Marktteilnehmer. Gerade Systemhäuser müssen sich hier neu aufstellen.
EAS-Markt ist gesättigt
Blickt man auf die Abnehmerseite, so hat bereits nahezu jeder Betrieb eine Unternehmenssoftware im Einsatz. Der Markt ist an sich gesättigt. Die Kunden werden in aller Regel mehr oder weniger aktiv durch einen Software-Hersteller oder -Anbieter betreut. Softwarepflegeverträge (SWP) binden die Kunden zusätzlich an die Lieferanten. So fließt regelmäßig Geld und der Kunde erwartet dafür Software-Updates und Programmneuerungen. Wechselwünsche kommen deswegen in aller Regel nur auf, falls eine massive Unzufriedenheit mit der Software oder der Betreuung auftritt.
Die einzige Chance für Vertriebsmitarbeiter der Hersteller und Anbieter, einen Fuß in die Tür der Anwenderunternehmen zu bekommen, ist das Geschäft mit der Angst. Oft werden Kunden bewusst aus ihrem sicheren Nest geworfen. Man schubste sie in unbekannte Probleme, so dass sie das Gefühl bekommen, sie bräuchten für die Lösung des Problems eine neue Software.
Der deutsche Mittelstand verhält sich jedoch weiterhin sehr zögerlich gegenüber der Digitalisierung. Er ist zufrieden mit dem, was er hat. Die eingesetzte Warenwirtschaft erzeugt die gewünschten Belege und gibt einen groben Überblick über die Wert- und Mengenflüsse beziehungsweise Lagerbestände. Warum braucht es mehr? Es lief doch mit diesem Grad der Digitalisierung auch die vergangenen 20 Jahre gut.
Dabei gibt es gute Gründe für einen Umstieg auf neue und moderne Unternehmenssoftware, denn in Zukunft wird der Digitalisierungsgrad ein Wettbewerbsvorteil sein und den Fortbestand des Unternehmens sichern. Mit diesem Wissen um die digitale Disruption müssten Hersteller und Anbieter von Unternehmenssoftware an Interessenten und Kunden herantreten. Lieferanten für Unternehmenssoftware müssten sich mehr als Digitalisierungs-Partner sehen und den digitalen Wandel ihrer Kunden begleiten. Dabei verpassen oft vor allem Anbieter von Unternehmenssoftware die eigene Disruption.