SDI in Deutschland

IDC-Studie: Software Defined Infrastructure spart Kosten im Data Center

01.07.2016
Von 
Wafa Moussavi-Amin ist Analyst und Geschäftsführer bei IDC in Frankfurt. In seiner Funktion als Geschäftsführer verantwortet Wafa Moussavi-Amin seit Oktober 2004 die Strategie und Geschäftsentwicklung der International Data Corporation (IDC) in Deutschland und der Schweiz, seit 2013 zeichnet er zudem verantwortlich für die Region Benelux.
Software Defined Infrastructure (SDI) ist zwar ein relativ junges Thema. Dennoch verstehen viele Unternehmen hierzulande SDI bereits als effizienten Lösungsansatz zur Flexibilisierung und Automatisierung von Data Center Ressourcen und versprechen sich geringere operative Kosten und einen effizienteren Betrieb von Informationstechnologie.

Aufgrund der offensichtlichen Kostenvorteile sind Firmen und Organisationen offenbar sogar bereit, geschäftskritische Anwendungen auf einer SDI laufen zu lassen. Diese und weitere Ergebnisse der neuen IDC Studie "Software Defined Infrastructure in Deutschland 2016" wurden ausgesuchten Vertretern der IT-Fachpresse Ende April in München präsentiert. Neben Matthias Zacher, Projektleiter und Studienautor, teilten Matthias Zastrow (EMC), Jens-Peter Seick (Fujitsu) und Michael Jores (Suse) ihre Sicht auf den Markt mit den anwesenden Experten, Lars Göbel (DARZ) vertrat die Anwenderperspektive. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Lynn Thorenz, Leiterin des Bereichs Research und Consulting bei IDC.

Software Defined Infrastructure (SDI) beschreibt ein Konzept für den Aufbau und automatisierten Betrieb von offenen und elastischen IT-Infrastrukturumgebungen: Virtualisierte Workloads können mittels Software-Steuerung automatisiert und unabhängig von der darunterliegenden Infrastruktur (Server, Storage und Netzwerk) konfiguriert, bezogen, migriert, skaliert und repliziert werden. SDI schlägt also die Brücke zwischen interner IT-Umgebung und externen Cloud Services. Und obwohl das Thema noch ein recht junges ist, haben offenbar viele Unternehmen bereits verstanden, dass sie sich mit Software-definierten Infrastrukturen auseinandersetzen sollten.

Für viele Unternehmen steht die Flexibilisierung und Agilität ihrer IT-Infrastruktur ganz oben im Pflichtenheft. Es lastet offenbar angesichts der digitalen Transformation ein großer Druck auf den IT-Organisationen, IT-Ressourcen kostengünstig und schnell bereitzustellen.

Starre IT Ressourcen haben ausgedient - Dynamik ist angesagt

Mit starren IT-Ressourcen lässt sich die digitale Transformation der Unternehmen und Geschäftsfelder nur unbefriedigend umsetzen. Wenig überraschend also, dass Cloud Computing als Architekturansatz im Datacenter und als Delivery- und Bezugsmodell von IT in den nächsten 12 Monaten die größte Herausforderung im Rechenzentrum ist. Erstaunlich viele Firmen setzen daher bereits heute auf SDI, um zu kostengünstigen und effizienten Geschäftsprozessen zu kommen - dies ist eines der überraschendsten Ergebnisse der IDC-Befragung vom März 2016 unter 250 IT und Fachentscheidern aus Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern in Deutschland, die sich bereits mit SDI auseinandergesetzt haben.

Spannende Diskussion rund um das Thema SDI.
Spannende Diskussion rund um das Thema SDI.
Foto: IDC

Die Befragten erwarten also von SDI Verbesserungen sowohl für das Business als auch für den IT-Betrieb. Aus Businessperspektive müssen die operativen Kosten (35 Prozent der Nennungen) gesenkt werden. Effizientere und moderne IT soll billiger betrieben werden, so senkt eine offene IT die Aufwände für Businessprozesse, wenn diese schnell und agil in der IT abgebildet und angepasst werden können.

Aus der IT-Perspektive hingegen liegt der Nutzen in der einfachen Wartung der Systeme (35 Prozent der Nennungen), planbarer Performance und besserem Security Management sowie deutlicher Entlastung der IT-Mitarbeiter, die dann Freiräume für andere Aufgaben bekommen. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor für mehr Effizienz und Innovation - und damit für die digitale Transformation.

Lars Göbel vom DARZ findet sich in den Studienergebnissen absolut wieder. Auch er sieht die eindeutigen Vorteile einer Software Defined Infrastructure in mehr Flexibilität, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz.

Fehlende Budgets und Komplexität bremsen SDI

Hürden wie die Komplexität bei der Verwaltung neuer Ressourcen stuft Göbel hingegen zwar als theoretisches Hindernis ein, faktisch sei dem aber mit dem Aufbau von Kompetenzen in der eigenen IT-Organisation gut zu begegnen.

Budgets und hohe Komplexität sind die größten Hürden bei der Einführung von SDI
Budgets und hohe Komplexität sind die größten Hürden bei der Einführung von SDI
Foto: IDC Studie "Software Defined Infrastructure 2016", April 2016

"IT-Organisationen müssen die Änderungen gegenüber einer klassischen Rechenzentrumstopologie verstehen und nachvollziehen können. Für Unternehmen bedeutet die Einführung von SDI häufig einen Spagat zwischen Innovation und Mission-Critical-IT", stellt Matthias Zacher, Senior Consultant und Projektleiter bei IDC fest. "Die Verbindung von alten und neuen IT-Welten ist durchaus keine triviale Aufgabe". Aber sie sei zu meistern.

Dem schließt sich Matthias Zastrow, Senior Director of Sales Strategy & Mitglied der Geschäftsführung bei EMC an. "Die IT muss raus aus ihrer Komfortzone, sich mit den aktuellen IT-Trends beschäftigen und sich selbst als Dienstleister für neue Apps verstehen", so Zastrow. Auch Jens-Peter Seick, Head of Category Management CE bei Fujitsu EMEIA ist davon überzeugt, dass die IT-Organisation im Zuge der Umsetzung von softwaredefinierten Infrastrukturen angepasst werden muss. Die Art und Weise der Planung, Installation, der Betrieb, aber auch Wartung und Erweiterung von Infrastrukturen befände sich im Wandel, der zwar Änderungen, aber vor allem Vorteile mit sich bringt. "Denken Sie neu", rät Seick IT-Verantwortlichen. Große Einigkeit besteht über die Grundvoraussetzungen für das Gelingen einer SDI Initiative, Michael Jores, Regional Director Central Europe bei Suse bringt es auf den Punkt: "SDI muss immer ein strategisches Projekt sein."

SDI nicht ohne Open Source

Für 85 Prozent der Befragten spielt Open Source bei SDI eine wichtige Rolle und ist somit ein wichtiger Enabler. Dies verdeutlicht das Innovationspotenzial, das in vielen Open Source Initiativen steckt. Das Interesse an Open Source-Technologie gründet sich in vielen Fällen auf die Vermeidung eines Vendor Lock-Ins, auf Kostenreduzierung und die Anforderung, API-Integration bzw. Automatisierung so effizient wie möglich zu gestalten.

Lediglich 5 Prozent der Befragten bevorzugen SDI ohne Open Source, hierzu zählen überdurchschnittlich viele Großunternehmen sowie Firmen aus dem Umfeld von Financial Services. "Um bei der Digitalisierung vorne zu sein, sollten Unternehmen vor allem darauf achten, dass sie beim Aufbau eines Software Defined Datacenters eine Strategie wählen, die sie unabhängig von proprietären Lösungen macht", rät Michael Jores.

Betrachte man die de-facto Standards im Markt der Software Defined-Lösungen, stelle man fest, dass diese fast ausschließlich in Open Source Projekten fortgeschrieben werden, so der Suse-Manager weiter. Zustimmung kommt unisono von allen Diskussionsteilnehmern, auch Lars Göbel von DARZ bestätigt die Wichtigkeit von Open Source als Innovationstreiber.

Open Source spielt bei SDI eine wichtige Rolle.
Open Source spielt bei SDI eine wichtige Rolle.
Foto: IDC Studie "Software Defined Infrastructure 2016", April 2016

Baustelle für SDI - Security und Compliance

Laut Studie haben 29 Prozent der befragten Unternehmen Bedenken hinsichtlich IT-Sicherheit und Compliance. Ist SDI überhaupt sicher?

Aus der Anwenderperspektive betrachtet erwiesen sich laut Göbel Bedenken in punkto Sicherheit meist als unbegründet - sofern man bei der Auswahl der Partner und Dienstleister gezielt vorgehen würde.

Interessant: 33 Prozent der befragten Unternehmen erwarten auf der anderen Seite eine Verbesserung im Security-Management. Wie passt das zusammen? Fujitsu-Mann Seick hat eine Erklärung: SDI löse zwar nicht das Sicherheitsproblem der off-premise Cloud, vereinfache aber das Rechte- und Usermanagement on-premise.

Fazit

Stand heute arbeiten viele Unternehmen an der Modernisierung ihres Rechenzentrums, um die digitale Transformation zu unterstützen oder zu verbessern. Sie betrachten Software Defined Infrastructure als einen Weg, den Fachabteilungen kostengünstig flexible und agile IT-Ressourcen zur Verfügung zu stellen. "In drei bis fünf Jahren wird SDI Commodity sein", prognostiziert EMC-Strategiechef Matthias Zastrow. Er jedenfalls sehe keine Alternative zu SDI.

Fakt ist: Die verschiedenen Lösungskomponenten sind in ihrem Lebenszyklus unterschiedlich weit vorangeschritten. Während Virtualisierungstools schon seit vielen Jahren im Einsatz sind, befinden sich Container und OpenStack in einem noch frühen Reifegradstadium. Die Unternehmen sind bereit, diese Lösungen einzusetzen und agieren damit in einem Spannungsfeld zwischen Innovation und Enterprise-Readiness der Lösungen.

"Software Defined Infrastructure ist ein interessanter Lösungsansatz, der Unternehmen in die Lage versetzt, mittels der Entkopplung von Hardware und Software und auf Basis einer umfassenden Automatisierung und Orchestrierung IT als Service effizient, schnell und mit hoher Agilität bereitzustellen. SDI wird somit zum Schlüsselfaktor und Kernelement moderner IT-Infrastrukturen", fasst Matthias Zacher, Senior Consultant und Projektleiter bei IDC abschließend zusammen. Wir behalten die Entwicklung im Auge - nicht zuletzt, um zu überprüfen, ob sich die Aussage von Matthias Zastrow tatsächlich bewahrheitet. (hal)