Artificial Intelligence im Praxiseinsatz

IBM Watson übernimmt Versicherungsjobs

09.01.2017
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Eine japanische Versicherung ersetzt Mitarbeiter durch die künstliche Intelligenz von IBMs Watson-System. Das ist längst kein Einzelfall mehr und dürfte die Diskussionen, inwieweit intelligente Maschinen den Menschen ihre Arbeit wegnehmen, weiter befeuern.

Das japanische Versicherungsunternehmen Fukoku Mutual Life will 34 Mitarbeiter durch ein Artificial-Intelligence-System (AI) ersetzen. Das berichtete ABC News in Australien. Demzufolge sollen die Beschäftigten zum Ende März dieses Jahres ihren Job verlieren. Die meisten von ihnen hätten Fünf-Jahres-Verträge unterschrieben, die nicht verlängert beziehungsweise erneuert würden, hieß es.

Deren Arbeit soll künftig ein AI-System basierend auf IBMs Watson-Technik übernehmen. Watson werde die verbliebenen Fukoku-Mitarbeiter ab Ende Januar dabei unterstützen, die Auszahlungen an Versicherungsnehmer richtig zu kalkulieren, lautet der Plan. Dafür analysiert die künstliche Intelligenz Unterlagen von Hospitälern sowie Ärzten und prüft, ob deren Angaben schlüssig und richtig sind. Allerdings, so betonten die Verantwortlichen des japanischen Versicherers, würde die Auszahlung der Versicherungsprämie schlussendlich nach wie vor von einem Menschen und nicht von einer Maschine veranlasst. Watson helfe lediglich, Daten und Informationen zu prüfen.

Von Watson verspricht sich Fukoku eine um 30 Prozent bessere Produktivität sowie handfeste finanzielle Vorteile. Das IBM-System soll 2,36 Millionen Dollar sowie weitere 177.000 Dollar pro Jahr an Wartung kosten. Angesichts der jährlich eingesparten Personalkosten in Höhe von 1,65 Millionen Dollar habe sich die Investition innerhalb von rund zwei Jahren amortisiert, rechnen die Japaner vor. Fukoku ist nicht das einzige Versicherungsunternehmen in Japan, das sich bereits aktiv mit AI-Systemen beschäftigt. Etliche andere Versicherer wie die Nippon Life Insurance setzen ebenfalls vergleichbare Lösungen ein, um beispielsweise ihre Versicherungsverträge zu prüfen.

Jobs in Gefahr?

Dieser Trend dürfte die Diskussionen rund um Künstliche Intelligenz weiter anheizen. Viele Experten gehen davon aus, dass diese Technik Millionen Jobs weltweit überflüssig machen könnte. Tatsächlich hätten gerade Beschäftigte, die mit großen Mengen an Daten hantierten, allen Grund, sich Sorgen um ihren Job zu machen, konstatierte Zeus Kerravala, Analyst bei ZK Research. "Es besteht kein Zweifel daran, dass AI-Systeme wie Watson Daten schneller und genauer analysieren und interpretieren können als Menschen." Im Zeitalter der Digitalisierung gehe es in erster Linie um Geschwindigkeit, und KI könne Daten-basierte Entscheidungen schneller treffen als menschliche Mitarbeiter.

Judith Hurwitz, Analystin bei Hurwitz & Associates geht davon aus, dass auch in anderen Ländern wie beispielsweise den USA Jobs durch AI verloren gehen werden. Jedoch werde es auch in Zukunft genug Raum für Beschäftigung parallel zu diesen smarten Systemen geben. "Die Mitarbeiter müssen sich mit diesen Themen beschäftigen", sagt Hurwitz. Jedoch könnten Maschinen niemals komplett isoliert von menschlichem Einfluss operieren. Schon in den vergangenen Jahrzehnten sei es an der Tagesordnung gewesen, dass Jobs, die zuvor von Menschen erledigt wurden, durch Technik ersetzt worden seien, stellen die Analysten fest. Das sei kein Phänomen, das erst im Zuge von AI auftrete.

Roboter bauen das iPhone

Allerdings könnte die Dimension der Veränderung in diesem Fall durchaus eine andere sein. Vor einem knappen Jahr sorgte ein Bericht des World Economic Forum (WEF) für Aufsehen. Darin kamen Experten zu dem Ergebnis, dass die digitale Revolution in den kommenden Jahren mehr als sieben Millionen Jobs kosten könnte. Die Analysten von Forrester Research haben im Herbst vergangenen Jahres berechnet, dass bis 2021 rund sechs Prozent aller US-amerikanischen Jobs von AI-Systemen beziehungsweise Robotern übernommen werden könnten. Die Forrester-Analysten gehen davon aus, dass sich die Technik rund um Künstliche Intelligenz und Robotik in den kommenden Jahren rasant weiterentwickeln wird, so dass die entsprechenden Lösungen in wenigen Jahren auch komplexere Arbeitsszenarios bedienen könnten.

Dass dies längst keine Zukunftsmusik mehr ist, zeigt das Beispiel Foxconn Electronics. Der chinesische Auftragsfertiger, der unter anderem Apples iPhone baut, setzt bereits in großem Stil Fertigungsroboter ein. Erst Anfang des Jahres bekräftigten die Manager des Unternehmens ihr Ziel, menschliche Arbeit so weit wie möglich durch Maschinen zu ersetzen. Ziel ist, im Rahmen eines Drei-Stufen-Plans bis 2020 eine Automatisierungsrate von 30 Prozent in der Fertigung zu erreichen. Derzeit arbeiteten eigenen Angaben zufolge rund 40.000 Roboter in Foxconns Fabriken. Pro Jahr könnten weitere 10.000 in Dienst gestellt werden. Im Zuge seiner Strategie hat Foxconn 2016 im chinesischen Kunshan, in der Provinz Jiangsu, 60.000 Mitarbeiter auf die Straße gesetzt. Setzen das Foxconn-Management seine Strategie wie geplant um, könnten über eine Million Jobs auf dem Spiel stehen.

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