IBM hat angekündigt, seine Mainframe-Plattform künftig auch über die Public Cloud bereitzustellen. Ab der zweiten Jahreshälfte 2022 soll IBM Z as a Service in der IBM-eigenen Cloud-Infrastruktur zur Verfügung stehen. Anwenderunternehmen erhielten damit Entwicklungs- und Testwerkzeuge an die Hand, um neue Applikationen für hybride Infrastrukturen zu entwickeln beziehungsweise bestehende Anwendungen entsprechend zu modernisieren, verspricht der Hersteller.
"Durch die Nutzung von IBM Z und IBM Cloud können Kunden von einem hybriden Cloud-Ansatz profitieren," sagte Tarun Chopra, Vice President für den Bereich IBM Z Hybrid Cloud. Damit blieben die Workloads dort, wo sie gebraucht würden - in der Cloud, vor Ort und am Edge. Risiken würden reduziert und die Markteinführung beschleunigt. "IBM hat erkannt, dass es keinen einheitlichen Ansatz für die Modernisierung gibt", so der Manager.
Mainframe muss offener werden
Laut der Studie "Application Modernization on the Mainframe" des IBM Institute for Business Value sagten 71 Prozent der befragten Führungskräfte, dass Mainframe-basierte Anwendungen von zentraler Bedeutung für ihre Geschäftsstrategie seien. Vier von fünf Befragten gaben an, dass sich ihre Unternehmen schneller umstellen müssten, um mit dem Wettbewerb Schritt zu halten. Das beinhalte die Modernisierung von Mainframe-basierten Anwendungen und die Einführung eines offeneren Ansatzes.
Wie Anwender das Thema IT-Modernisierung angehen lesen Sie hier in unserer Studie
Um diese Anwender nicht komplett für seine Mainframe-Plattform zu verlieren, will ihnen IBM z/OS-Entwicklung und -Test als Service in seiner Public Cloud andienen. Mit Wazi as-a-Service (Wazi aaS) würden erstmals z/OS-Funktionen in der IBM Cloud gebracht, hieß es. z/OS-Entwickler erhielten damit die Flexibilität einer Public-Cloud-Entwicklungsumgebung und könnten mit Wazi aaS selbstständig eine z/OS Virtual Server Instance auf IBM Z in einem logisch isolierten, sicheren Bereich konfigurieren und bereitstellen, der in der IBMCloud läuft.
z/OS-System in fünf Minuten aufsetzen
Dort ein z/OS-System aufzusetzen und zu starten, soll IBM zufolge in weniger als fünf Minuten möglich sein. Internen IBM-Benchmarks zufolge funktioniere die z/OS-Entwicklung in der IBM Cloud bis zu 15 Mal performanter als auf vergleichbaren x86-Entwicklungs- und Testalternativen. Bezahlt wird nach Verbrauch, auf Stundenbasis und je nach verwendeten Ressourcen.
IBM arbeitet zudem mit Ökosystem-Partnern wie TCS und BMC zusammen, um die Modernisierung der Mainframe-Plattform anzuschieben. Dabei geht es primär darum, Anwendungen, Daten und Prozesse in Richtung einer Hybrid-Cloud-Architektur zu öffnen. Helfen soll unter anderem der "IBM Z and Cloud Modernization Stack", der voraussichtlich ab Mitte März allgemein verfügbar sein wird. Anwender sollen damit weitere Werkzeuge an die Hand bekommen, um ihre Anwendungsmodernisierung zu beschleunigen und mit einem standardisierten Ansatz die IT-Automatisierung in einer Vielzahl von gängigen Anwendungsfällen voranzutreiben.
Mainframe lernt hybrid und KI
Für IBM geht es darum, seine aus den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammenden Großrechner für moderne IT-Infrastrukturen salonfähig zu machen. Die Mainframe-Plattform soll fit gemacht werden für das Cloud-Zeitalter und aktuelle Workload-Anforderungen. Dafür hat IBM schon im Mai 2020 zwei neue Plattformen seiner im Jahr zuvor vorgestellten z15-Mainframe-Familie präsentiert. Die Mainframes "z15 Model T02" und "Linux ONE III LT2" sollen sich auch für Hybrid Clouds mit Container-Architekturen eignen, hatte es damals geheißen.
Außerdem hat IBM im August vergangenen Jahres mit "Telum" einen neuen Mainframe-Prozessor präsentiert. Die z16-Chips der nächsten Generation beinhalten einen integrierten KI-Beschleuniger, der mit einer Leistung von 6 Teraflops Daten in Deep-Learning-Modellen in Echtzeit analysieren soll. Der Chip ist dem Hersteller zufolge darauf optimiert, KI-Aufgaben mit besonders hohen Leistungs- und Rechenanforderungen zu lösen - beispielsweise wenn es darum geht, real-time große Mengen transaktionaler Daten zu analysieren, Erkenntnisse daraus zu ziehen und direkt aus den Ergebnissen Aktionen abzuleiten.
Legacy-Modernisierung - die Zeit drängt
Ob IBMs Maßnahmen noch rechtzeitig kommen, um den Mainframe ins moderne IT-Zeitalter zu retten, bleibt abzuwarten. Für viele Anwender drängt die Zeit, ihre Legacy-Systeme zu modernisieren. Sie müssen prüfen, welche Teile noch in eine moderne IT-Infrastruktur passen, oder aber abzuschalten. Die Konkurrenz hat diesen Druck längst erkannt und darauf reagiert. Beispielsweise kündigte AWS Ende vergangenen Jahres den Cloud-Service "AWS Mainframe Modernization" an.
Damit sollen Anwender ihre Mainframe- und Legacy-Workloads schnell und einfach in die Cloud migrieren können. Mainframe Modernization bietet dazu laut AWS-CEO Adam Selipsky eine vollständige Entwicklungs- und Laufzeitumgebung, mit der Anwender ihre Workloads, die für Mainframes in älteren Programmiersprachen wie etwa COBOL geschrieben wurden, in moderne Java-basierte Cloud-Services umwandeln können. Ebenso hätten die Anwender die Möglichkeit, ihre Workloads so zu belassen, wie sie geschrieben wurden, und könnten sie so mit minimalen Code-Änderungen auf AWS transferieren.