Getunt für KI und Machine Learning

IBM hofft mit Power9 auf Comeback im Server-Markt

06.12.2017
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit seiner neuen Risc-Generation Power9 will IBM vor allem bei Anwendungen für Künstliche Intelligenz und Machine Learning punkten. Die Chips sollen in erster Linie mit einem guten Datendurchsatz punkten.

Mit der Vorstellung seines neuen Power9-Prozessor will sich IBM als Hardwarelieferant für Betreiber von Rechenzentren sowie für Web Service Provider wieder in Erinnerung rufen. Die neue CPU ist weniger auf hohe Taktraten ausgerichtet und kann daher nicht mit den Taktgeschwindigkeiten beispielsweise der Xeon-Prozessoren aus dem Hause Intel mithalten. Vielmehr ist die aktuelle Chipgeneration von IBM auf einen hohen Datendurchsatz ausgelegt und soll sich damit in erster Linie für leistungshungrige Datenbankanwendungen sowie datenintensive Machine-Learning-Funktionen (ML) eignen.

Die neue Power9-CPU soll IBMs Server-Zukunft vergolden.
Die neue Power9-CPU soll IBMs Server-Zukunft vergolden.
Foto: IBM

Der erste Server, der mit dem neuen Power9-Prozessor läuft, ist das "Power System AC922". Zum Einsatz kommt die 4-Wege-Variante SMT4 des Chips, die IBM-Angaben zufolge speziell für den Betrieb in Linux-Umgebungen angepasst wurde. Die SMT4-Version ist auf maximal 24 Rechenkerne ausgelegt, die zunächst im AC922-Server verwendeten CPUs kommen auf maximal 22 Cores, die auf bis zu 3,3 Gigahertz getaktet sind.

Power9-Modelle für AIX und System i

Der IBM-Server soll Mitte Dezember dieses Jahres herauskommen. Neben der noch für 2017 avisierten luftgekühlten Version sollen zwei weitere Modelle - davon eines mit Wasserkühlung - im zweiten Quartal des nächsten Jahres folgen. Beide für 2018 angekündigten Systeme sind 2-Wege-Server. Darüber hinaus sollen Power9-Rechner für IBMs Unix-Derivat AIX sowie die System-i-Plattform folgen. Bei den dort verbauten Chips werde es sich den bisherigen Angaben zufolge um 8-Wege-Systeme handeln, deren Prozessoren mit bis zu 12 Rechenkernen arbeiten.

Die Entwicklung der Power-Chipfamilie war in den zurückliegenden Jahren eng mit IBMs Strategie rund um Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) verknüpft. So arbeitete das erste Watson-System, das IBM 2011 vorgestellt hat und das in seiner ersten Bewährungsprobe spektakulär und vielbeachtet zwei menschliche Kandidaten in der US-amerikanischen Quiz-Sendung "Jeopardy" geschlagen hatte, mit Power7-Prozessoren. An der jüngsten Generation hat IBM eigenen Angaben zufolge rund vier Jahre entwickelt.

Mehr Bandbreite und Datendurchsatz

Power9 bringt unter anderem eine Reihe neuer I/O-Technologien mit, darunter PCI-Express 4.0, NVLink 2.0 sowie OpenCAPI. Diese Schnittstellen sollen für mehr Bandbreite im Datenverkehr zum und vom Prozessor sorgen. Außerdem erlaubten diese I/O-Techniken, eine Reihe verschiedener Co-Prozessoren anzubinden, die speziell für bestimmte Workloads wie beispielsweise Funktionen für Künstliche Intelligenz ausgelegt sein können, hieß es von Seiten IBMs. So ließen sich zum Beispiel Graphic Processing Units (GPUs) von Nvidia via NVLink 2.0 mit einer Bandbreite von bis zu 25 Gbit pro Sekunde (Gbps) in die kommenden Power-Systeme integrieren.

"Bei Workloads für Künstliche Intelligenz geht es einzig und allein um die Daten", konstatierte Stefanie Chiras, Vice President für die Power-Produkte bei IBM: "Wie man die Daten in das System hereinbekommt, dort verarbeitet und sie wieder herausbekommt." ML-Modelle müssten so schnell und so genau wie möglich mit riesigen Datenmengen trainiert werden können. Erste Tests von Kinetica, einem Anbieter einer In-Memory-Datenbank, hätten gezeigt, dass Power9-Rechner um den Faktor 1,8 schneller funktionierten als vergleichbare Systeme aus der Power8-Vorgängerfamilie. IBM zufolge seien außerdem deutliche Leistungsschübe bei KI-Frameworks wie Chainer, TensorFlow und Caffe zu beobachten.

Google und Rackspace arbeiten an Power9-System

Das Beeindruckende an Power9 sei in erster Linie die I/O-Leistung, stellte denn auch Pattrick Moorhead, leitender Analyst von Moor Insights & Strategy, fest. Moorhead spricht von einer Art Schweizer Taschenmesser für Machine-Learning-Beschleunigung. Der Analyst verwies ferner darauf, dass Power-CPUs nicht nur in IBM-Servern Verwendung fänden. Beispielsweise würden Google und Rackspace an einem Power9-System namens "Zaius" arbeiten, das im kommenden Jahr vorgestellt werden soll.

Die IBM-Verantwortlichen hoffen offenbar, mit dem neuen Power9 ihr Standing im Server-Geschäft zu stärken. Hier dominiert derzeit Intel mit einem Marktanteil jenseits der 90 Prozent. Der weltgrößte Halbleiterhersteller hatte in diesem Jahr seine neue Xeon-Scalable-Generation vorgestellt. Konkurrenz bekommt der Branchenprimus allerdings nicht nur von IBM, sondern auch vom alten Erzrivalen AMD, der mit seinen Epyc-Chips wieder Fuß zu fassen sucht.

Für Comeback braucht es die passende Software

IBM hofft, mit seinen neuen CPUs einen Anteil von 20 Prozent im Server-Segment zurückerobern zu können. Dazu muss allerdings die gesamte Plattform zusammenpassen, inklusive der entsprechenden Softwarewerkzeuge, die die Leistungsfähigkeit der Power9-Systeme auch ausreizen können. Während die Applikationen, die auf Intels Xeon-Plattform laufen, wegen der gemeinsamen x86-Basis nicht für AMD-Rechner umgeschrieben werden müssen, braucht es für IBMs proprietäre Risc-Plattform speziell angepasste Software. Die kann IBM selbst entwickeln beziehungsweise dabei auf Partner setzen. Die dürften indes erst aktiv werden, wenn IBMs neue Chip-Plattform ihre Leistungsfähigkeit bewiesen und sich im Markt etabliert hat.