IT-Konzern rechnet mit längerem Krieg

IBM entlässt seine Mitarbeiter in Russland

09.06.2022
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
IBM wickelt seine Geschäfte in Russland ab und hat damit begonnen, die Mitarbeiter im Lande zu entlassen. Dies geht aus einem Memo von IBM-CEO Arvind Krishna an die Belegschaft hervor.
Keine Aussichten auf Frieden - Russland setzt seinen Angriffskrieg unvermindert fort und IBM schließt seine Geschäfte in dem Land nun endgültig.
Keine Aussichten auf Frieden - Russland setzt seinen Angriffskrieg unvermindert fort und IBM schließt seine Geschäfte in dem Land nun endgültig.
Foto: Saranya Phu akat - shutterstock.com

Nachdem Russland Ende Februar das Nachbarland Ukraine überfallen hatte, setzte IBM wie viele andere Unternehmen seine Geschäftstätigkeit in Russland vorläufig aus, zahlte aber seinen Angestellten vor Ort die Löhne weiter. Diese seien schließlich nicht schuld an Wladimir Putins Angriffskrieg und verdienten es nicht, unter den westlichen Sanktionen gegen die russische Regierung zu leiden, hieß es seitens der IBM-Spitze.

Nun zieht der IT-Konzern jedoch endgültig einen Schlussstrich. "Da die Folgen des Krieges immer gravierender werden und die Ungewissheit über seine langfristigen Auswirkungen wächst, haben wir die Entscheidung getroffen, die Geschäfte von IBM in Russland geordnet abzuwickeln", schreibt Krishna an die IBM-Belegschaft. "Wir halten diesen Schritt für richtig und notwendig."

Der Shutdown in Russland habe am 7. Juni begonnen und werde "zur Trennung von der lokalen Belegschaft führen", so der IBM-Chef. Die Kolleginnen und Kollegen in Russland hätten ohne eigenes Verschulden monatelang unter Stress und Unsicherheit gelitten. "Wir sind uns bewusst, dass diese Nachricht schwierig ist, und ich möchte ihnen versichern, dass IBM den Beschäftigten weiterhin zur Seite stehen und alle angemessenen Schritte unternehmen wird, um sie zu unterstützen und den Übergang so geordnet wie möglich zu gestalten", versprach der IBM-Chef.

Aus Russland rollen keine Rubel mehr

Wie viele IBM-Mitarbeiter in Russland entlassen werden, ist nicht bekannt. Ein IBM-Sprecher gab die Zahl der Nachrichtenagentur Reuters gegenüber vage mit mehreren hundert an. Im März hatte Reuters allerdings anhand von LinkedIn-Profilen mehr als 1000 IBM-Angestellte in Russland gezählt. Die russische Website des IT-Pioniers ist bereits abgeschaltet. "This content is no longer available", heißt es dort.

Der Rückzug aus Russland hat auch finanzielle Folgen für IBM. Im ersten Quartal des laufenden Jahres bezifferte der IT-Konzern die damit verbundenen Umsatzausfälle auf rund 300 Millionen Dollar. Auch andere IT-Anbieter stecken zurück. HP-CEO Enrique Lores verkündete erst vor wenigen Tagen, dass die Geschäfte des PC- und Druckerherstellers in Russland wohl langfristig stillgelegt werden. Die Einnahmen HPs in dem Land bezifferte der Manager für das vergangenen Geschäftsjahr 2021 auf rund eine Milliarde Dollar. Cisco warnte seine Aktionäre kürzlich, der Rückzug aus Russland könnte in der Bilanz für das dritte Geschäftsquartal des laufenden Fiskaljahrs mit etwa 200 Millionen Dollar weniger Einnahmen zu Buche schlagen.