Kubernetes & Cloud Native Operations Report

Hybrid- und Multi-Cloud-Vorteile kaum ausgereizt

18.05.2022
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Der Anteil der Organisationen, die auf Hybrid- oder Multi-Cloud setzen, steigt einer Umfrage von Canonical zufolge stetig an. Dennoch nutzen sie nur langsam die Vielzahl der Vorteile.
Obwohl die Hybrid- und Multi-Cloud-Nutzung stetig zunimmt, gilt es dabei zahlreiche Hindernisse zu umfahren.
Obwohl die Hybrid- und Multi-Cloud-Nutzung stetig zunimmt, gilt es dabei zahlreiche Hindernisse zu umfahren.
Foto: Dmitry Kovalchuk - shutterstock.com

Im Rahmen des zweiten jährlichen Kubernetes and Cloud Native Operations Report hat Canonical im November 2021 mehr als 1.300 IT-Experten danach befragt, wie sie Kubernetes, Bare Metal, VMs, Container und Serverless-Anwendungen einsetzen. Dabei ergab die Untersuchung, dass 83 Prozent der Befragten entweder eine Hybrid- oder Multi-Cloud-Umgebungen einsetzen. Allein gegenüber dem Vorjahr ging der Prozentsatz der Befragten, die keine Hybrid- oder Multi-Cloud nutzen, von 22,4 auf 16,4 Prozent zurück.

Tim Hockin, Principal Software Engineer bei Google, warnt indes vor übermäßiger Begeisterung aufgrund dieser Zahlen: "Die Leute bauen oft ein Konstrukt von Hybrid oder Multi-Cloud auf, verbunden mit der Idee eines riesigen Netzes, das die Welt und alle Clouds umspannt. Dabei sollen Anwendungen dort laufen, wo Kapazität billig und verfügbar ist. Aber in Wirklichkeit ist dies überhaupt nicht das, was die Leute damit machen. In Wirklichkeit nutzen sie jede Umgebung nur für die Dinge, für die sie sie brauchen."

Die zentrale Frage sei doch: Wie viele der täglichen Abläufe kann man auf mehrere unterschiedliche Clouds verteilen, ohne darüber nachzudenken?, fügt Canonical-CEO Mark Shuttleworth an: "Meiner Meinung nach ist es für ein mittelgroßes oder großes Unternehmen sinnvoll, eine voll automatisierte private Cloud sowie Beziehungen zu mindestens zwei Public-Cloud-Anbietern zu unterhalten. Auf diese Weise können sich die Unternehmen im Wesentlichen überlegen, ob sie jeden beliebigen Vorgang in der Private Cloud und in den beiden öffentlichen Clouds durchführen können."

Verschiedene Einsatzszenarien

Im Vergleich zum Bericht von 2021 gaben außerdem mehr Befragte (22,1 Prozent) an, Hybrid-/Multicloud-Technologien zu nutzen, um die Entwicklung zu beschleunigen und DevOps zu automatisieren. Wurden diese Hybrid-/Multicloud-Technologien zuvor eher zaghaft ausprobiert, geht die Tendenz nun allmählich in die Richtung, mögliche Optimierungen auf der Grundlage der Stärken der verschiedenen Plattformen in Betracht zu ziehen.

Weitere je 15 Prozent nutzen Hybrid- oder Multicloud für Disaster Recovery oder zur Erweiterung ihrer Cloud-Backup-Optionen, um Geld zu sparen. Andere häufig genannte Einsatzszenarien sind der Umzug von Applikationen (7,4 Prozent), das Clustern von unternehmenskritischen Datenbanken (7,3 Prozent), die Möglichkeit, schnell zwischen Public-Cloud-Anbietern zu wechseln (5,9 Prozent) und Cloud Bursting (5,1 Prozent).

Kubernetes und Cloud-native auf dem Vormarsch

Der Umfrage zufolge setzen Kubernetes und Cloud-native Technologien Innovationen für Unternehmen frei und ermöglichen es diesen, ihre Ziele zu verwirklichen. Die Vorteile nativer Cloud-Technologien variieren jedoch je nach ihrer Verwendung und dem Reifegrad der Unternehmen, die sie einsetzen. Elastizität und Agilität (50,3 Prozent), Ressourcenoptimierung (26,5 Prozent) und geringere Servicekosten (21,4 Prozent) sowie eine schnellere Marktreife (21,2 Prozent) werden als die wichtigsten Vorteile genannt, während Verbesserungen bei Wartung, Monitoring und Automatisierung bei den erhofften Zielen der wichtigste Aspekt (38 Prozent) vor Themen wie einer moderneren Infrastruktur (44 Prozent) und einem kürzeren Time-to-market (25 Prozent) ist.

Dies deckt sich in etwa mit den Empfehlungen von Jose Miguel Parrella, Principal Program Manager, Office of the Azure CTO: "Wenn Sie gerade erst mit Cloud-Native-Technologien beginnen, würde ich Ihnen raten, auf Automatisierung und Modernisierung zu setzen: Das war schon immer der wichtigste Vorteil. Wenn Sie Ihre Cloud-Native-Reise mit dem Gedanken beginnen, Herstellerabhängigkeiten zu beseitigen, verpassen Sie die Chance, die Geschwindigkeit der Funktionen zu verbessern."

Was die verwendeten Plattformen angeht, gaben 14 Prozent der Befragten an, alles auf Kubernetes laufen zu lassen. Etwas über 20 Prozent setzen auf Bare Metal und VMs und über 29 Prozent auf eine Kombination aus Bare Metal, VMs und Kubernetes. Die Auswahl ist dabei eng mit der Art der Workloads und den zu ihrer Verwaltung verwendeten Tools verknüpft. Alexis Richardson, Gründer und CEO von Weaveworks, spekuliert jedoch, dass mehr Unternehmen Kubernetes auf Bare Metal einführen würden, wenn sie wüssten, dass dies möglich ist. Die Umsetzung sei jedoch ziemlich schwierig und neu, fügt er hinzu.

Vorsicht, Skill Gap!

Generell ist der Einsatz von Kubernetes nicht unbedingt ein Spaziergang. So gaben auch fast 50 Prozent der Befragten in der Untersuchung an, fehlendes internes Know-how und begrenzte Zahl an Arbeitskräfte seien die größten Herausforderungen bei der Migration zu oder der Nutzung von Kubernetes und Containern.

Fehlendes internes Know-how und eine begrenzte Zahl an Arbeitskräfte sind die größten Herausforderungen bei der Migration zu oder der Nutzung von Kubernetes und Containern.
Fehlendes internes Know-how und eine begrenzte Zahl an Arbeitskräfte sind die größten Herausforderungen bei der Migration zu oder der Nutzung von Kubernetes und Containern.
Foto: Canonical

Aus Sicht von Ihor Dvoretskyi, Senior Developer Advocate bei der Cloud Native Computing Foundation, werden diese Faktoren auch in den kommenden Jahren die größte Herausforderung darstellen werden, da sich die technologische Landschaft ständig verändert: "Die Mitarbeiter müssen sich ständig weiterbilden, und es werden neue Aufgabenbereiche geschaffen, da sich die Anforderungen der Unternehmen mit der Technologie weiterentwickeln", so Dvoretskyi.

Canonical-CEO Shuttleworth sieht sogar ein wachsendes Skill Gap rund um Kubernetes: "Die Early Adopters haben bereits gelernt. Jetzt sind alle anderen an der Reihe, zu lernen, aber diese Leute haben keinen wirklichen Anreiz und werden schwieriger zu unterrichten sein." Anders als bei früheren Generationswechseln, wie z. B. von Unix zu Linux, gebe es auch keine wirtschaftlichen Gründe, um die Leute dazu zu bewegen, fügt er an: "Am Ende des Tages, wenn Sie sich vollkommen produktiv fühlen, wenn Sie Ihre App ohne Kubernetes betreiben, werden Sie es einfach so weiter machen."