Egal ob KI einem Pendler hilft, durch die Stadt zu navigieren oder Diagnosen eines Mediziners unterstützt, sie entlastet den Menschen von stupiden, sich wiederholenden und fehleranfälligen Aufgaben. Je häufiger KI auf reale, alltägliche Probleme angewendet wird, desto deutlicher zeigt sich, dass maschinelle und menschliche Intelligenz zusammenarbeiten müssen, um die richtigen Ergebnisse zu erzielen. Menschen lehren die KI, Zusammenhänge und Muster zu verstehen, sodass Algorithmen faire, ethische Entscheidungen treffen können. Ebenso hilft die "blinde Rationalität" der KI, humane Fehlentscheidungen, wie zum Beispiel Bestätigungsfehler, also die Tendenz, Informationen so zu interpretieren, dass sie die eigenen Erwartungen (BIAS) erfüllen, zu überwinden.
In dem Maße, in dem Menschen sich dank einfacher Schnittstellen (wie zum Beispiel Spracherkennung) leichter mit Maschinen "unterhalten" können, verbessert sich die Entscheidungsfindung und Verbraucher können einen besseren Service erwarten. Damit beendet die KI die "Tyrannei des Durchschnitts" - bei dem Menschen mit ähnlichen Vorlieben, Gewohnheiten oder sogar medizinischen Symptomen in große Kategorien eingeteilt werden, aufgrund derer sie dann identische Dienstleistungen oder Behandlungen erhalten.
KI - Weniger Stress, mehr Produktivität?
Im Geschäftsleben übernimmt KI bereits alltägliche Aufgaben wie Spesenabrechnung, aber auch komplexe Datenanalysen und entlastet Mitarbeiter von langweiligen, sich wiederholenden Aufgaben. Der durch Technologie eingeleitete Wandel von Berufsfeldern ist nichts Neues, wie der Wandel von der Sekretärin zur Office Managerin eindrucksvoll belegt. Wurden früher Kenntnisse wie Steno, Maschinenschreiben, Orthografie und ein gepflegtes Äußeres nachgefragt, hat die heutige Office Managerin oft eine kaufmännische Ausbildung absolviert und beherrscht Fremdsprachen. Dank Internet und Computer tippen die meisten leitenden Angestellten ihre Briefe selbst und die Office Managerin kümmert sich um anspruchsvollere Aufgaben wie das Erstellen von Präsentation oder Projektmanagement. KI wird diesem Weg folgen und die Mitarbeiter von Routinearbeiten entlasten, sodass diese vermehrt niveauvollere Arbeiten erledigen können oder eben jene Dinge, die aufgrund von Zeitmangel oft auf Eis gelegt werden.
Ein starker Indikator dafür, dass die Vorteile der KI greifen, ist, dass einige Unternehmen sogar erfolgreich auf eine viertägige Arbeitswoche umstellen. Basecamp, ein amerikanischer Anbieter von Produktivitätssoftware, und die neuseeländische Fondsgesellschaft Perpetual Guardian gelten als Aushängeschilder für kürzere Arbeitszeiten bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität. Dies hat tief greifende Auswirkungen auf Länder wie Japan, dessen Wirtschaft zu den am wenigsten produktiven gehört, obwohl die Menschen bekanntlich die längsten Arbeitszeiten haben.
- KI im Unternehmen und Personalmanagement
Künstliche Intelligenz (KI) birgt ein enormes Potenzial für Unternehmen, zum Beispiel beim Einsatz im Personalmanagement. Joachim Skura, Thought Leader Human Capital Management bei Oracle, nennt Vorteile der KI sowie wichtige Faktoren, die bei der Planung sowie Nutzung zu beachten sind. - Kooperation der Führungskräfte
Da die KI-Technologie heute alle Unternehmensebenen durchdringt, müssen HR-Verantwortliche mit den anderen Führungskräften zusammenarbeiten, um Automatisierungsstrategien für die einzelnen Teams zu entwickeln. - Intelligenz kombinieren
KI muss zu einem Umdenken in Bezug auf die Belegschaft führen: Es geht nicht mehr nur darum, Mitarbeiter einzustellen. Vielmehr müssen menschliche und künstliche Intelligenz kombiniert werden, um die Produktivität zu maximieren. - Sinnvolle Prozessautomatisierung
Ein ganz wesentlicher Aspekt der Nutzung von KI ist, das Streben nach mehr Effizienz in Relation zu den tatsächlichen Möglichkeiten zu setzen. Nur weil sich ein Prozess automatisieren lässt, heißt das noch lange nicht, dass man das auch tun sollte. Das gilt auch im Personalwesen. - Keine Big-Brother-Atmosphäre schaffen
KI kann für die Sicherheit des Unternehmens sehr hilfreich sein. Viele Betriebe nutzen KI-Technik, um Anwendungen, Systeme und Infrastruktur ständig zu überwachen und anomales Verhalten in Echtzeit zu erkennen und zu bewerten. Hier sollten Unternehmen aber unbedingt darauf achten, dass keine „Big-Brother-Atmosphäre“ geschaffen wird. Der Personalabteilung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. - Daten und Technik ausschöpfen
KI sollte bei Einstellungs- und Besetzungsplänen zur Anwendung kommen. Der Grund: Es gilt, kontextbezogene Daten und Technologien auszuschöpfen, um Probleme wie hohe Fluktuationsraten in Angriff zu nehmen, Mitarbeiter besser zu verstehen und den vorhandenen Pool an Talenten effektiver zu nutzen. Nur so lässt sich Arbeit intelligenter, angenehmer und kollaborativer gestalten – und letztendlich auch wertschöpfender. - KI im Recruiting nutzen
Künstliche Intelligenz wird derzeit auch im Recruiting immer wichtiger. Recruiter nutzen KI, um herauszufinden, welche Skills das Unternehmen aktuell benötigt, und wo passende Kandidaten zu finden sind. - Bewerbungsmanagement automatisieren
Mit Hilfe von KI lassen sich zeitaufwendige Aufgaben wie das manuelle Screening von Lebensläufen und Bewerber-Pools automatisieren. - Candidate Experience aufbauen
Leistungsstarke und integrierte KI-Funktionen sowie klare Abläufe helfen, im Personalmanagement eine benutzerfreundliche und personalisierte Candidate Experience vom Erstkontakt bis hin zur Einstellung und Eingliederung zu schaffen. - Mehr Effizienz durch Machine Learning
Modernste Machine-Learning-Anwendungen unterstützen das Personalwesen, die Time-to-Hire zu verkürzen, indem sie proaktiv eine Vorauswahl der geeignetsten Kandidaten treffen und Empfehlungen geben. - Chatbots einsetzen
Ein Chatbot kann eine Datenquelle sein, mit deren Hilfe Unternehmen mehr über ihre Mitarbeiter erfahren. Machine-Learning-Analysen von Fragen und Gesprächen können einzigartige und bisher nicht mögliche Einblicke liefern. So lassen sich zugrundeliegende Probleme aufdecken – und das vielleicht noch, bevor sich der Mitarbeiter dieser überhaupt bewusst ist.
Bei KI geht es jedoch um mehr als nur darum, weniger Stunden arbeiten zu müssen. Weniger Multitasking bedeutet auch weniger Stress. Die Mitarbeiter können sich besser auf Aufgaben konzentrieren, die positiv und sichtbar zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Deshalb setzen viele Arbeitgeber auch vermehrt auf Resultate als auf eine Anwesenheitspflicht.
Bei der KI-Anwendung dürfen wir aber nicht selbstgefällig werden. Auch wenn viele Studien sagen, dass KI mehr Arbeitsplätze schaffen als vernichten wird, müssen die Auswirkungen in den betroffenen Berufsfeldern doch gesteuert werden. Berufe mit körperlicher Arbeit wie Fabrikarbeiter, Landwirte und Lkw-Fahrer fürchten verständlicherweise den Fortschritt der Technik. In den Massenmarktindustrien hat die Technologie oft - aber nicht immer - die klar definierten Aufgaben vieler Schichtarbeiter vollständig ersetzt. Arbeitgeber und Regierungen müssen zusammenarbeiten, um die Arbeitnehmer ehrlich über die Entwicklung bedrohter Arbeitsplätze zu informieren. Mit Qualifikation und anderen Maßnahmen muss den Betroffenen geholfen werden, sich an die neuen Anforderungen anzupassen und neue Fähigkeiten für die Zukunft zu entwickeln.
KI - Kundenservice mit mehr Menschlichkeit
Ein Bereich in dem wir Gefahr laufen unangemessen zu automatisieren, ist der Kundenservice: Zum Beispiel Call-Center-Mitarbeiter, Bankmanager oder Sozialdienstleister. Die meisten werden zustimmen, dass die Automatisierung einfacher Transaktionen, wie zum Beispiel die Geldentnahme am Automaten, ziemlich gut gelungen ist. Komplexere und größere Entscheidungen wie zum Beispiel der Abschluss einer Gebäude- und Hausratversicherung oder die Auswahl einer Kreditkarte profitieren normalerweise jedoch von der Einbeziehung eines Menschen, der sie durch den Entscheidungsfindungsprozess leitet.
- Edwin Klimkeit, Automation Anywhere
„Eigentlich ist RPA schon relativ alt, aber das Thema Mitarbeiterabbau durch RPA taucht nach wie vor beim Kunden auf. Man muss es von der positiven Seite betrachten, denn ein Bot befreit von den repetitiven Aufgaben, und man kann sich endlich mit den Themen beschäftigen, die für einen selbst oder das Unternehmen wichtig sind. Die Angst und das Buzzword ,Jobkiller‘ sollte man eliminieren. Besser ist es zu sagen: Der digitale Assistent hilft mir dabei, meine Aufgaben fürs Unternehmen nach meinen Talenten entsprechend gewinnbringend einzubringen. Aber das ist ein kulturelles Thema.“ - Dr. Michael Hagen, blueprism
„Skalierung kann nicht erreicht werden, wenn ich zwei Bots implementiere und sage: Ja, das läuft. Man muss sagen: Ja, das läuft richtig gut, und jetzt lasst uns mal richtig groß denken! Wie kann ich mich im Rahmen der Digitalisierungsstrategie neu aufstellen? Damit sich aber nicht jeder einzelne Bots herunterlädt und sich der Wildwuchs nicht mehr kontrollieren lässt, braucht es eine Plattform, die Themen wie Governance, Security und Compliance berücksichtigt. Zudem muss sie so dynamisch sein, dass der Fachbereich noch agieren kann.“ - Stefan Burghardt, Capgemini Invent
„Man muss einen Prozess für RPA nicht unbedingt optimieren. Wenn man jahrelang nicht optimiert hat, dann wird es auch in einer laufenden RPA-Initiative nicht passieren. Natürlich sollte man sich immer überlegen, ob eine Optimierung sinnvoll ist. Die Antwort sollte aber nicht heißen: Ja, wir brauchen allerdings ein halbes Jahr dafür. Denn: Ein Bot ist innerhalb weniger Wochen implementiert und bringt sofort einen Mehrwert für den Fachbereich, auch wenn der Prozess nicht optimal ist. Während der Bot läuft, kann man immer noch überlegen, wie man den Prozess verbessern kann.“ - Abel Tesfaledet, Celonis
„Jedes Unternehmen hat das Ziel, Produkte, Leistungen und den Umsatz zu optimieren. RPA kann den Mitarbeitern Routineaufgaben abnehmen oder erleichtern, sodass sie sich auf die kreativen und Mehrwert generierenden Aspekte ihrer Arbeit konzentrieren und ihr Potenzial stärker entfalten können. Das führt dann auch zu Effizienzsteigerung und schlankeren Prozessen. Voraussetzung für einen derartigen, erfolgreichen Einsatz von RPA ist aber, dass Unternehmen die Mitarbeiter rechtzeitig ‚mitnehmen‘ und ihnen vermitteln, dass Software und Bots sie bei der Zielerreichung unterstützen können.“ - Constantin Wehmschulte, Mehrwerk
„Durch den Hybridweg, Low Code und den Einfluss des Anwenders ist die Angst vor RPA geringer geworden. Der Schlüssel liegt aber in der Organisation: Wie stelle ich sicher, dass das Ganze langfristig Erfolg hat? Wie gelange ich von einem Inselbot hin zu einer End-to-End-Plattform inklusive Process Mining und hole dabei noch die Fachabteilungen entsprechend ab? Doch kann die verfügbare Technologie auch sicherstellen, dass die IT im Rahmen eines Center of Excellence die Rolle hat, die Plattform zu betreiben, der Fachbereich aber die Möglichkeit hat, selbst zu agieren? Denn dorthin muss es in Zukunft gehen.“ - Dr. Gregor Scheithauer, metafinanz
„Der Erfolg von RPA-Projekten ist sicherlich keine Frage der Technologie. Wir beobachten, dass sich vor allem die weiter um sich greifenden agilen Arbeitsweisen auch im Konzernumfeld bewähren. Mit kleinen, flexiblen und gemischten Teams lassen sich die Anforderungen aus den Fachbereichen schnell umsetzen, Anpassungen können zeitnah berücksichtigt werden. Gerade diese enge Zusammenarbeit zwischen Business und IT sowie das Aufbrechen alter Silos sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor für RPA.“ - Oliver Ehrmann, MicroFocus
„Auf der einen Seite ist RPA ein großer Hype, auf der anderen Seite ist bei vielen schon ein Stück weit die Ernüchterung eingetreten. Viele Unternehmen scheitern daran, weil sie die klassischen Fehler gemacht haben wie auch schon bei Automationsvorhaben in der IT: Es wird einfach ein Tool installiert, und schon macht man RPA. Doch ohne gute Use-Cases oder ein Center of Excellence zu haben, das die Ideen zu Use-Cases bündelt, bewertet, priorisiert und dann Schritt für Schritt automatisiert, stellen sich die gewünschten Erfolge nicht ein. Und schon wird RPA wieder infrage gestellt.“ - Cosima von Kries, Nintex Deutschland
„Der Bot kommt aus der digitalen Welt und greift demnach auch in seine eigene und nicht in die Welt von uns Menschen ein. Er hilft uns nur dabei, das verständlich zu machen, was auf einem Arbeitsplatz vorgeht: Da gibt es Prozesse, die sehr lange brauchen, Daten, die nicht verstanden werden, und Fehlerquellen. Auch der Mensch macht Fehler, weil er total damit überfordert ist, diese Datentapeten in eine Struktur zu bringen. RPA unterstützt an der Stelle, aber es müssen alle Mitarbeiter mitgenommen werden, weil es eine Lücke zwischen den Generationen gibt.“ - Stefano Monti, Signavio
„Neue Technologien, wie zum Beispiel RPA, können maßgeblich zum Geschäftserfolg beitragen. Doch die damit verbundene Komplexität sollten Unternehmen nicht unterschätzen. Um Automatisierungsprojekte erfolgreich zu skalieren, ist es daher grundlegend, zuerst die eigenen Prozesse genau zu verstehen und zu optimieren. Erst dann ist eine weitere Automatisierung nachhaltig und sinnvoll.“ - Walter Obermeier, UiPath
„Wie hoch die Einsparungen von RPA sind und ob es wirklich ein Jobkiller ist, ist eine Frage der Betrachtung: Automatisiere ich einen hochtransaktionalen Prozess, dann ist die Einsparung für diesen einen Prozess 90 Prozent, und von zehn Mitarbeitern wird sich ein Mitarbeiter verändern müssen. Erweitere ich das RPA-Bild dagegen und betrachte es als Automatisierungsstrategie über das gesamte Unternehmen hinweg, dann ist da ein ganz anderer Hebel dran. Wir sprechen dann gleich einmal von zwölf Prozent – und zwar zwölf Prozent des gesamten Unternehmenseinsparungspotenzials, nicht nur eines einzelnen Prozesses. Ja, auch dann werden sich Mitarbeiter verändern müssen, aber es ist nicht zu vereinheitlichen, es werden auf der anderen Seite auch Jobs entstehen.“
Überraschenderweise kann KI dazu beitragen, den Kundenservice genau in jenen Bereichen, die von einer übermäßigen Automatisierung bedroht sind, wieder humaner zu gestalten. Das richtige Produkt oder die richtige Dienstleistung herauszufinden und einem Kunden mit komplexen Bedürfnissen zum richtigen Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis an einem speziellen Ort anzubieten, ist schwierig. Egal, ob es darum geht, eine medizinische Diagnose zu stellen oder eine Hausratversicherung zu empfehlen, kann KI den Servicemitarbeitern oder dem medizinischen Personal die notwendigen Daten zur Verfügung stellen, um personalisierte Informationen sowie auf den Menschen und seine Bedürfnisse zugeschnittene Expertenratschläge bereitzustellen.
Leider gibt es keine einfachen Formeln für die Anwendung von KI auf den Arbeitsmarkt. Während sich abzeichnet, dass KI für Wissensarbeiter eher positiv ist, müssen andere Unterstützung erhalten, um sich anzupassen und weiterzuentwickeln, damit sie nicht zurückgelassen werden. Für die Verbraucher bedeutet KI jedoch, von der "Tyrannei des Durchschnitts" befreit zu werden, die heutzutage die Interaktion mit großen, gesichtslosen Organisationen, so unmenschlich macht. Hier könnte KI paradoxerweise tatsächlich zu mehr Menschlichkeit beitragen. (pg)