Huawei Technologies verkauft in China mit dem Mate 60 Pro jetzt ein High-End-Gerät, das von seinem Design und seinen technischen Spezifikationen her großen Anklang findet. Herzstück ist der in 7-Nanometer hergestellte Chip Kirin 9000s, eine fortgeschrittene Technologie, die chinesische Anbieter nach den Sanktionen der USA eigentlich gar nicht haben dürften. RAM- und NAND-Speicher kommen offenbar von SK Hynix aus Südkorea, das sich aber Konzernangaben zufolge an die Sanktionen des Westens hält und keine Geschäfte mit Huawei macht.
So oder so: Für Apple ist eine neue Konkurrenz auf dem wichtigen chinesischen Markt entstanden, und die Lage spitzt sich auch politisch weiter zu. So haben einige chinesische Regierungsbehörden ihren Beamten untersagt, iPhones zu benutzen. Wie das Wall Street Journal (WSJ) vermutet, hat die neue Situation in China das Potenzial, Apples Umsatzentwicklung erheblich zu beeinträchtigen.
Apple leidet unter geopolitischen Spannungen
Das Blatt weist auf die zunehmenden Risiken hin, denen sich auch andere global ausgerichtete Unternehmen angesichts der geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China ausgesetzt sehen. Besonders anfällig ist aber Apple, das immer noch die meisten seiner Produkte in China fertigen lässt - auch wenn CEO Tim Cook dabei ist, die Produktion mehr in Richtung Indien zu verlagern.
Nachdem die USA vor etwa einem Jahr die Chiplieferungen aus China eingeschränkt und die eigene Produktion über den "US Chips and Science Act" mit Subventionen in Höhe von 52 Milliarden Dollar angekurbelt hatten, haben sich die Handelsbeziehungen stark eingetrübt. Vor allem Huawei geriet unter Druck: Aufgrund der US-Sanktionen konnte das Unternehmen erst einmal keine 5G-Konnektivität mehr in seinen Geräten verbauen. Mit dem Mate 60 Pro wendet sich nun das Blatt: Das Gerät bietet Mobilfunkunterstützung in 5G-Qualität - und Experten können sich kaum erklären, wie es dazu kommen konnte.
Warum kann Huawei 5G-Unterstützung bieten?
Tests von chinesischen Verbrauchern und Prüfstellen zeigen jedenfalls, dass Huaweis Phone eine maximale Download-Geschwindigkeit von 500 bis 800 Megabit pro Sekunde erreicht. Damit können Verbraucher einen Film in hoher Auflösung innerhalb von einer Minute herunterladen. Zudem bietet Huawei ihnen Satellitenkommunikation als Ergänzung an. Nutzer können sich in Gebieten ohne Mobilfunkabdeckung nicht mehr nur Nachrichten zuschicken, sondern auch Telefongespräche führen. Auf den Verpackungen des Produkts ist zu lesen "Satellite Mobile Terminal" anstelle des zuvor verwendeten Begriffs "Digital Mobile Device".
Wie Huawei das Gerät trotz der US-Sanktionen entwickeln konnte, wird derzeit in Branchenkreisen heiß diskutiert. Das chinesische Unternehme selbst hat sich dazu bislang nicht geäußert, und in China wird die Wiederauferstehung des angeblich unschuldig in Not geratenen Unternehmens gefeiert. Washington hatte Huawei 2019 auf die schwarze Liste des Handelsministeriums gesetzt und schrittweise von bestimmten Technologien abgeschnitten. Die Amerikaner fürchten, dass die Produkte von Huawei eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen, was Huawei immer bestritten hat.
Für Apple dürften nun schwierigere Zeiten abrechen: Nach Schätzungen von TechInsights war China im zweiten Quartal der weltweit größte iPhone-Markt, größer sogar als die gesamte nordamerikanische Region. 24 Prozent aller iPhone-Lieferungen sollen in diesem Zeitraum auf das chinesische Festland entfallen sein, während Apple 21 Prozent seiner iPhone-Verkäufe in den Vereinigten Staaten tätigte. Apple selbst weist seine iPhone-Verkäufe in China nicht aus. Wie IDC berichtete, hatte das Unternehmen im zweiten Quartal bei hochpreisigen Phones (über 600 Dollar) in China einen Marktanteil von 65 Prozent, während Huawei nur 18 Prozent erreichte. (hv)